Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
wissend, dass er sich auf Milius verlassen konnte, ließ er es dabei bewenden und wandte sich an Tom. »Eure Familie ist vollzählig?«
    Tom nickte und deutete auf die Seinen. Sie standen neben der Mauer des Gästehauses, die Frau, der große Sohn und die beiden Kleinen. Der Junge sah Philip angstvoll an. Für die Kinder muss es ein furchtbares Erlebnis sein, dachte Philip.
    Der Sakristan saß auf der eisenbeschlagenen Kiste, die den Klosterschatz enthielt. Philip, der gar nicht mehr daran gedacht hatte, war froh, dass der Schatz in Sicherheit war.
    »Bruder Andrew«, sagte er zu dem Mann, »der Sarg mit den Gebeinen des heiligen Adolphus befindet sich hinter dem Refektorium. Nimm dir ein paar kräftige Mitbrüder, und bringe ihn …« Er überlegte. Der sicherste Ort war wahrscheinlich das Wohnhaus des Priors. »… und bringe ihn in mein Haus!«
    »In Euer Haus?«, gab Andrew empört zurück. »Die sterblichen Überreste des Heiligen gehören in meine Obhut!«
    »Es wäre auch an dir gewesen, sie aus der brennenden Kirche zu retten!«, fuhr Philip ihn an. »Und nun tu, was ich dir aufgetragen habe. Kein Wort mehr!«
    Widerstrebend erhob sich der Sakristan. Es war ihm anzusehen, dass er vor Wut kochte.
    »Beeil dich, Mann!«, rief Philip ihm zu. »Oder du verlierst auf der Stelle dein Amt!« Er wandte Andrew den Rücken zu und fragte Milius: »Wie viele?«
    »Vierundvierzig – plus Cuthbert. Dazu elf Novizen und fünf Gäste. Niemand fehlt.«
    »Der Herr hat Erbarmen mit uns.« Es kam Philip fast wie ein Wunder vor, dass es keine Toten, ja nicht einmal einen Verwundeten zu beklagen gab. Er spürte jetzt seine körperliche Erschöpfung, war jedoch innerlich viel zu aufgewühlt, um sich hinzusetzen und auszuruhen. »Gibt es sonst noch irgendwelche Wertgegenstände, die wir in Sicherheit bringen müssen?«, fragte er. »Wir haben den Schatz, wir haben die Reliquien …«
    Alan, der junge Schatzmeister, meldete sich zu Wort. »Was ist mit den Büchern?«
    Philip stöhnte auf. Natürlich, die Bücher! Sie befanden sich in einem verschlossenen Schrank im Kreuzgang, gleich neben der Tür zum Kapitelhaus, sodass die Mönche sie während der Studierzeiten rasch zur Hand hatten. Die Bücher einzeln aus dem Schrank zu holen war jetzt kaum noch möglich – es würde gefährlich lange dauern. Aber vielleicht konnten ein paar starke junge Männer den Bücherschrank insgesamt in Sicherheit bringen. Philip sah sich um. Der Sakristan hatte ein halbes Dutzend Mönche ausgewählt und war mit ihnen bereits unterwegs. Philip suchte sich nun seinerseits drei junge Mönche und drei ältere Novizen aus und hieß sie, ihm zu folgen.
    Er konnte nicht mehr rennen, er war einfach zu müde. Wieder wählte er den Weg vorbei an Mühle und Brauerei und an der Rückseite von Küche und Refektorium entlang. Cuthbert Whitehead und der Sakristan kümmerten sich gemeinsam um den Abtransport des Sarges. Philip führte seine Leute durch die schmale Gasse, die Refektorium und Dormitorium voneinander trennte und von Süden her unter einem Torbogen in den Kreuzgang mündete.
    Die Hitze war jetzt deutlich spürbar. Die Tür des großen Bücherschranks war mit Schnitzwerk versehen: Es zeigte Moses mit den Gesetzestafeln. Philip befahl den jungen Männern, den Schrank nach vorne zu kippen und ihn auf die Schultern zu nehmen. Sie trugen ihn durch den Kreuzgang zum Südtor. Während die Mönche weitergingen, blieb Philip stehen und drehte sich um. Der Anblick der ruinierten Kirche erfüllte sein Herz mit tiefer Trauer. Die Rauchentwicklung war zurückgegangen, dafür gab es mehr Flammen. Weite Strecken des Daches waren verschwunden. Er sah, wie es sich nun auch über der Vierung senkte, und ahnte, dass diese Partie als nächste herabstürzen würde. Dann gab es einen donnernden Krach, der lauter war als alles andere, was er während des Brandes gehört hatte: Das Dach des südlichen Querhauses stürzte ein. Philip war, als stünde sein eigener Körper in Flammen, so sehr litt er unter den Schmerzen der Kathedrale. Einen Augenblick später hatte er plötzlich den Eindruck, als beulte sich die Wand des Querhauses über dem Kreuzgang aus. Gott helfe uns, sie stürzt ein! , schoss es ihm durch den Kopf. Schon begann das Mauerwerk zu bröckeln … Sie fällt genau auf mich, dachte er und wollte fliehen, doch er hatte noch keine drei Schritte getan, da traf ihn etwas am Hinterkopf, und er verlor das Bewusstsein.
    Die Feuersbrunst, die die Kathedrale von

Weitere Kostenlose Bücher