Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth
sechzig Steinmetzen und Maurern kann der Bau in acht bis zehn Jahren vollendet sein. Allein die Vorstellung war atemberaubend.
»Was ist mit dem ehemaligen Grafen?«, fragte er.
»Bartholomäus hat seinen Verrat bekannt. Die Verschwörung gab er von vornherein zu, nur hat er eine Zeit lang noch versucht, den König als Usurpator darzustellen, um zu beweisen, dass seine Tat nicht als Hochverrat zu bezeichnen sei … Die Folterknechte des Königs haben ihm aber schließlich auch diese Flausen ausgetrieben.«
Philip schauderte erneut. Er wollte nicht darüber nachdenken, wie man es angestellt hatte, einen so harten Mann wie Bartholomäus zum Einlenken zu zwingen.
Er schob den Gedanken von sich. »Die Grafschaft Shiring«, murmelte er vor sich hin … Es war eine ungemein ehrgeizige Forderung. Eine eigenartige, ganz und gar unvernünftige Hochstimmung überkam ihn.
Waleran richtete die Augen himmelwärts. »Machen wir uns auf den Weg«, sagte er. »Übermorgen erwartet uns der König.«
Aus seinem Versteck hinter den Zinnen des nächsten Turms beobachtete William Hamleigh die beiden Gottesmänner. Er kannte den einen wie den anderen: Der große Schlanke, der mit seiner spitzen Nase und seinem schwarzen Mantel wie ein Amselmännchen aussah, war der neue Bischof von Kingsbridge. Der kleine Energische mit dem kahlrasierten Schädel und den hellblauen Augen war Prior Philip. Was treiben die zwei nur hier, fragte er sich.
Er hatte den Mönch kommen sehen. Philip hatte sich umgeschaut, als erwartete er jemanden, und war dann in den Wohnturm gegangen. Ob er den drei dort lebenden Menschen begegnet war, vermochte William nicht zu sagen, war doch der Prior schon nach kurzer Zeit wieder herausgekommen. Vielleicht hatten sie sich vor ihm versteckt. Philip jedenfalls hatte dann den Bischof begrüßt und war mit ihm auf den Turm geklettert, und da standen sie nun in luftiger Höh’, und aus den ausladenden Gebärden, mit denen der Bischof über Feld und Flur deutete, hätte man schließen können, es gehöre alles ihm. Der Bischof, daran konnte kein Zweifel bestehen, war voller Überschwang, während bei Philip Zurückhaltung und Skepsis dominierten. Bestimmt schmieden die beiden ein Komplott, dachte William bei sich.
Doch er war nicht gekommen, um Waleran und Philip heimlich zu beobachten. Seine Neugier galt vielmehr Aliena.
Immer häufiger trieb es ihn hierher. Sie zehrte an seinem Gemüt. Tag und Nacht suchten ihn die wildesten Visionen heim: Aliena nackt und gefesselt in einem Kornfeld; Aliena wie ein furchtsamer junger Hund in einem Winkel seines Schlafgemachs kauernd; Aliena einsam und verloren im Wald, und es wird Nacht … Es wurde so schlimm, dass er sie unbedingt sehen musste, in Fleisch und Blut. Im Morgengrauen ritt er dann nach Earlscastle. Während Walter, sein Knecht, im Wald zurückblieb und sich um die Pferde kümmerte, schlich William sich in die Burg ein. Er hatte ein Versteck gefunden, von dem aus sich ein guter Überblick über den Wohnturm und den oberen Burghof bot.
Manchmal dauerte es sehr lange, bis er Aliena zu Gesicht bekam, und seine Geduld wurde arg auf die Probe gestellt, doch war ihm der Gedanke, wieder fortgehen zu müssen, ohne sie wenigstens ganz kurz gesehen zu haben, so unerträglich, dass er immer ausharrte. Wenn sie dann endlich erschien, wurden ihm der Hals trocken und die Handflächen feucht, und sein Herzschlag beschleunigte sich. Eines Nachmittags im Sommer – er lag schon seit dem frühen Morgen auf der Lauer – war sie zum Brunnen gegangen, hatte einen Eimer Wasser heraufgezogen und ihre Kleider abgelegt, um sich zu waschen. Allein die Erinnerung an diese Szene genügte, um William erneut in Erregung zu versetzen. Als Aliena die Arme hob, um sich die Haare einzuseifen, bewegten sich aufreizend ihre großen, stolzen Brüste, und es war eine Lust, mit anzusehen, wie die Brustwarzen kleiner wurden, als kaltes Wasser über sie spritzte. Das dunkel gelockte Dreieck zwischen ihren Beinen war überraschend groß, und als Aliena sich mit seifiger Hand dort wusch und rieb, hatte William nicht mehr an sich halten können und in seine Kleider ejakuliert.
Etwas so Hübsches wie damals war seitdem nicht mehr geschehen, und im Winter wusch sie sich gewiss nicht. Kleinere Freuden gab es hingegen durchaus. War Aliena allein, so pflegte sie oft zu singen oder gar Selbstgespräche zu führen. William hatte sie beim Flechten ihrer Haare beobachtet, hatte sie tanzen und wie ein kleines Kind
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