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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Geschäft gemacht hatte, gab nur allzu oft der Versuchung nach, den Handel entsprechend zu feiern, und legte seinen Gewinn in Starkbier an, sodass gegen Mittag die Stimmung meist schon recht hitzig war. Andere verloren ihr Geld beim Würfelspiel, was mitunter zu Schlägereien führte. Heute jedoch, an einem verregneten Vormittag und zu einer Jahreszeit, da die Ernte bereits eingefahren oder verkauft war, war die Stimmung eher gedämpft. Bis auf die Haut durchnässte Bauern und vor Kälte schlotternde Händler tätigten ihre Geschäfte in wortkargem Zwiegespräch, und jeder sehnte sich nach seinem warmen Heim und Herd.
    Tom und die Seinen bahnten sich ihren Weg durch die trübsinnige Menge, ohne den halbherzigen Schmeicheleien des Wurstverkäufers und des Messerschleifers Beachtung zu schenken. Sie hatten den Marktplatz schon fast hinter sich gelassen, da entdeckte Tom sein Schwein.
    Im ersten Moment war er so überrascht, dass er seinen Augen nicht zu trauen wagte. Doch dann raunte Agnes ihm zu: »Tom! Schau!«, und ihm war klar, dass auch sie das Tier gesehen hatte.
    Es bestand nicht der geringste Zweifel – er kannte das Schwein so gut wie seine eigenen Kinder. Ein Mann mit der rosigen Gesichtsfarbe und der üppigen Mitte eines Menschen, der ausreichend Fleisch zu essen hat und sich jedes Mal noch einen Nachschlag genehmigt, hielt das Schwein mit fachmännischem Griff im Arm; es handelte sich zweifellos um einen Schlachter. Tom und Agnes standen da wie vom Schlag gerührt und starrten den Mann an, und da sie ihm den Weg versperrten, ließ es sich gar nicht vermeiden, dass auch er sie bemerkte.
    »Nun …«, sagte er. Es verwirrte ihn, dass er so angestarrt wurde. Außerdem hatte er es eilig und wollte vorbei.
    Es war Martha, die das Schweigen brach. »Das ist doch unser Schwein!«, schrie sie aufgeregt.
    »So ist es«, bestätigte Tom und sah dem Schlachter geradewegs in die Augen.
    Ein Ausdruck der Verschlagenheit huschte über die Miene des Mannes. Der weiß genau, dass das Schwein gestohlen ist, dachte Tom. Doch der Schlachter sagte: »Ich habe soeben fünfzig Pence dafür bezahlt, und deshalb gehört es jetzt mir.«
    »Wem immer Ihr Euer Geld gegeben habt: Er hatte kein Recht, Euch das Schwein zu verkaufen. Gewiss habt Ihr es nur deshalb so billig bekommen. Von wem habt Ihr es?«
    »Von einem Bauern.«
    »Kennt Ihr ihn persönlich?«
    »Nein. Hört zu, ich bin der Schlachter, der die Festung mit Fleisch versorgt. Ich kann nicht von jedem Bauern, dem ich ein Schwein oder eine Kuh abkaufe, verlangen, dass er ein Dutzend Zeugen beibringt, die hoch und heilig versichern, dass es auch wirklich seins ist!«
    Der Mann wandte sich ab, als wollte er sich entfernen, doch da packte Tom ihn am Ärmel und hielt ihn fest. Der Schlachter war sichtlich erbost, sah jedoch schnell ein, dass er, kam es zu einem Handgemenge, das Schwein loslassen musste. Gelang es aber dieser Familie erst einmal, sich des Tieres zu bemächtigen, so lag der Fall andersherum. Dann war es an ihm, seine Ansprüche auf das Schwein zu beweisen. Er zügelte also seinen Zorn und sagte: »Wenn Ihr Anzeige erstatten wollt, wendet Euch an den Vogt.«
    Nach kurzem Überlegen verwarf Tom den Vorschlag. Ihm fehlten die Beweise. Statt dessen fragte er: »Wie sah der Mann aus, von dem Ihr mein Schwein gekauft habt?«
    Wieder dieser verschlagene Blick. »Wie alle andern.«
    »Hatte er seinen Mund verhüllt?«
    »Wenn ich’s mir recht überlege – ja, hatte er.«
    »Er war ein Outlaw, der seine Verstümmelung verbarg«, sagte Tom voller Verbitterung. »Das ist Euch natürlich nicht aufgefallen, oder?«
    »Heute regnet’s doch Bindfäden!«, protestierte der Schlachter. »Da laufen doch alle vermummt herum.«
    »Wann habt Ihr den Handel geschlossen?«
    »Gerade eben.«
    »Und wo ist der Mann hingegangen?«
    »In eine Schenke, vermute ich.«
    »Um dort mein Geld zu versaufen!«, sagte Tom angewidert. »Macht, dass Ihr fortkommt, ich lass Euch laufen. Vielleicht werdet Ihr eines Tages selbst mal beraubt. Dann wird’s Euch hart ankommen, dass so viele Leute billige Ware kaufen, ohne zu fragen, woher sie stammt.«
    Der Schlachter sah ihn wütend an und zögerte, als wolle er noch etwas entgegnen. Doch dann besann er sich eines Besseren und machte sich aus dem Staub.
    »Warum lässt du ihn ziehen?«, fragte Agnes.
    »Weil er hier bekannt ist wie ein bunter Hund«, antwortete Tom. »Ich bin fremd hier. Wenn ich mich mit ihm schlage, gelte ich als der Angreifer.

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