Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
des Königs zahlenmäßig überlegen waren. Die Angst drohte ihn zu überwältigen, als ihm klar wurde, dass die Schlacht schon so gut wie verloren war und er selbst in Todesgefahr schwebte. Warum floh der König nicht, bevor es zu spät war? Warum kämpfte er immer noch? Das war ja der helle Wahnsinn – er würde fallen – sie würden alle sterben!
    Williams Gegner hob die Axt zum Schlag, und Williams Kämpfernatur gewann für einen Augenblick wieder die Oberhand: Statt wie bisher zurückzuweichen, tat er einen Satz nach vorn und stieß nach dem Gesicht des Hünen. Seine Schwertspitze bohrte sich genau unter dem Kinn in den Hals des Mannes. William stieß kraftvoll nach. Die Augen des Mannes schlossen sich. William überkam eine Welle dankbarer Erleichterung. Er zog sein Schwert heraus und wich der Streitaxt aus, die aus den Händen des Toten fiel.
    Er warf einen verstohlenen Blick zum König hinüber, der nur ein paar Schritte entfernt kämpfte. Stephan führte soeben einen kraftvollen, auf den Helm seines Gegners zielenden Schlag aus, und seine Klinge brach in zwei Teile, als wäre sie aus morschem Holz. Das war’s, dachte William erleichtert. Die Schlacht ist vorüber. Jetzt wird der König fliehen, sich in Sicherheit bringen und sich ein andermal wieder zum Kampf stellen … Zu früh gehofft: William hatte sich noch nicht ganz umgedreht und zur Flucht gewandt, da bot einer der Stadtbewohner dem König eine langstielige Holzfälleraxt an. Stephan griff danach und kämpfte weiter. Das war doch unglaublich!
    William war schon drauf und dran, das Weite zu suchen, als er zu seiner Rechten Richard erblickte, der zu Fuß war und wie besessen kämpfte; er preschte vorwärts, hieb wild mit dem Schwert um sich und erledigte einen Feind nach dem anderen. Solange sein Rivale noch kämpfte, konnte William unmöglich fliehen. Erneut wurde er angegriffen, diesmal von einem klein gewachsenen Mann in leichter Rüstung, der sich rasch und behände bewegte, wobei sein Schwert in der Sonne nur so blitzte. Als ihre Waffen aufeinanderschlugen, erkannte William, dass er es mit einem hervorragenden Kämpfer zu tun hatte. Wieder fühlte er sich in die Defensive gedrängt und fürchtete um sein Leben; dazu zehrte das Wissen um die bereits verlorene Schlacht an seinem Mut. Er parierte die flinken, gezielten Hiebe und Schläge und wünschte nichts sehnlicher, als die Panzerung seines Gegners mit einem einzigen, gewaltigen Hieb zerschmettern zu können. Dann witterte er eine Chance und holte aus. Der andere duckte sich, stieß nach ihm, und William spürte seinen linken Arm taub werden. Er war verwundet! Ihm wurde schlecht vor Angst. Immer weiter wich er vor den Attacken seines Gegenübers zurück und fühlte sich dabei merkwürdig unsicher auf den Beinen, als ob ihm der Boden unter den Füßen wegglitte. Sein Schild hing ihm lose um den Hals – mit seinem nutzlos gewordenen linken Arm konnte er ihn nicht mehr halten. Der kleine Mann fühlte sich dem Sieg nahe und griff mit doppelter Kraft an. William, erfüllt von schierer Todesangst, sah sich bereits auf dem Schlachtfeld fallen.
    Da war plötzlich Walter an seiner Seite.
    William trat zurück. Walter schwang sein Schwert mit beiden Händen. Der kleine Mann war viel zu überrascht, um sich zu wehren, und stürzte wie ein gefälltes Bäumchen. William, ganz schwindelig vor Erleichterung, legte Walter eine Hand auf die Schulter.
    »Wir haben verloren!«, schrie Walter ihm zu. »Nichts wie weg von hier!«
    William riss sich zusammen. Der König gab noch immer nicht auf, obwohl die Schlacht längst verloren war. Wenn er doch nur die Waffen strecken und die Flucht ergreifen wollte! Je länger er weiterfocht, um so größer war die Wahrscheinlichkeit, dass er gefangen genommen oder getötet wurde, und das konnte nur eins bedeuten: dass Mathilde Königin wurde.
    William und Walter zogen sich verstohlen zurück. Warum war der König nur so leichtsinnig? Musste er unbedingt seinen Mut beweisen? Seine Ritterlichkeit würde ihn noch das Leben kosten! Erneut war William versucht, den König einfach im Stich zu lassen. Aber da war immer noch Richard von Kingsbridge, der die rechte Flanke des Königs hielt wie ein Fels in der Brandung und die Gegner mit seinem Schwert nur so niedermähte. »Noch nicht!«, sagte William zu Walter. »Behalte den König im Auge!«
    Sie zogen sich Schritt für Schritt zurück. Die Gefechte verloren allmählich an Intensität: Die Schlacht war entschieden, niemand

Weitere Kostenlose Bücher