Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
schönen Zahltags mitten im Winter sämtliche Arbeiter um ihren Lohn an, und ich kann ihnen bloß eine leere Truhe vorweisen.«
    Jack zuckte hilflos mit der Schulter. »Dagegen lässt sich nichts einwenden.«
    »Das ist noch nicht alles«, sagte Philip. »Von Stund an wird niemand mehr eingestellt, auch dann nicht, wenn dringend Ersatz gebraucht wird.«
    »Wir haben schon seit Monaten niemanden mehr eingestellt.«
    »Ihr habt Alfred genommen.«
    »Das war ein Sonderfall«, gab Jack verlegen zurück. »Aber gut – es wird niemand mehr eingestellt.«
    »Und niemand mehr befördert.«
    Jack nickte bedächtig. Hie und da bat ein Lehrling oder Arbeiter darum, zum Maurer oder Steinschneider ernannt zu werden; befanden dann die anderen Handwerker, sein Können sei ausreichend, so wurde seiner Bitte stattgegeben, und die Priorei musste ihm einen höheren Lohn zahlen. »Beförderungen sind das Vorrecht der Zunft«, sagte Jack.
    »Daran will ich auch nichts ändern«, erwiderte Philip. »Ich bitte die Zunft lediglich darum, mit Beförderungen zu warten, bis die Hungersnot vorüber ist.«
    »Ich werde es ihnen mitteilen«, sagte Jack, der sich keine Blöße geben wollte. Er hatte das ungute Gefühl, dass diese Forderung des Priors böses Blut machen könne.
    Doch Philip war immer noch nicht fertig. »Von heute an wird an Heiligentagen nicht mehr gearbeitet.«
    Es gab zu viele Heiligentage. Im Prinzip waren sie arbeitsfrei, und ob sie bezahlt wurden, hing von den Verträgen mit dem Bauherrn ab. In Kingsbridge galt die Faustregel, dass in dem Fall, dass zwei Heiligentage in dieselbe Woche fielen, der erste ein bezahlter freier Tag war und der zweite ein unbezahlter, der freigenommen werden konnte, aber nicht musste. Philips Forderung bedeutete also, dass man sich künftig nicht mehr frei entscheiden konnte: Der zweite Heiligentag musste freigenommen werden und blieb unbezahlt.
    Die Aussicht, diese Änderungen den Zunftbrüdern mitteilen und erklären zu müssen, war nicht dazu angetan, Jacks Stimmung zu heben. »Die Männer würden diese Einschränkungen bestimmt viel leichter schlucken«, wandte er ein, »wenn sie darüber diskutieren könnten und nicht gleich vor vollendete Tatsachen gestellt würden.«
    Philip schüttelte den Kopf. »Dann bilden sie sich bloß ein, es gebe noch Verhandlungsspielraum. Einer schlägt vor, an den Heiligentagen nur halbtags zu arbeiten, ein anderer will die Beförderungen auf eine bestimmte Zahl begrenzen …«
    »Aber ist das denn nicht verständlich?«, fragte Jack.
    »Natürlich ist es verständlich «, erwiderte Philip aufgebracht. »Aber ich habe einfach keinen Spielraum mehr! Ich muss jetzt schon befürchten, dass diese Maßnahmen bei Weitem nicht ausreichen. Ich kann also keinerlei Zugeständnisse mehr machen.«
    »Na gut«, antwortete Jack, dem klar wurde, dass Philip in dieser Stimmung nicht zu Kompromissen bereit war. »Gibt’s sonst noch was?«
    »Ja. Kauft keine Vorräte mehr ein. Baut Eure Vorräte an Steinen, Eisen und Holz allmählich ab.«
    »Das Holz bekommen wir umsonst!«, protestierte Jack.
    »Aber wir müssen die Fuhrleute bezahlen, die es uns bringen.«
    »Ja, ja. Ich verstehe.« Jack trat ans Fenster und ließ den Blick über die Stapel von Steinen und Baumstämmen schweifen, die im Klosterhof bereitlagen. Es war nicht viel mehr als eine Geste der Hilflosigkeit: Er wusste aus dem Kopf, welche Vorräte er hatte und wie groß sie waren. »Das ist kein Problem«, sagte er nach einer Weile. »Wenn wir die Arbeitskräfte reduzieren, reichen die Materialien bis zum nächsten Sommer.«
    Philip seufzte schwer. »Ich kann nicht garantieren, dass wir nächstes Jahr wieder Saisonarbeiter einstellen werden«, sagte er. »Es hängt vom Wollpreis ab. Am besten sagt Ihr es Euren Leuten schon jetzt, damit sie gewarnt sind.«
    Jack nickte. »Steht’s denn dermaßen schlimm?«
    »Schlimmer, als ich es je erlebt habe«, bestätigte Philip. »Was dieses Land braucht, sind drei gute Sommer hintereinander. Und einen neuen König.«
    »Amen«, erwiderte Jack.
    Philip kehrte in sein Haus zurück. Jack grübelte darüber nach, wie er die drastischen Beschränkungen am besten bewältigte. Es gab zwei Arten, ein Kirchenschiff zu bauen: Joch um Joch, angefangen bei der Vierung in westlicher Richtung; oder aber Schicht um Schicht, indem man, beim Fundament beginnend, alles Mauerwerk gleichzeitig hochzog. Die zweite Methode war die schnellste, erforderte aber auch mehr Maurer und Steinmetzen. Jack

Weitere Kostenlose Bücher