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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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heim?«, fragte Elisabeth, und ihre Augen füllten sich mit frischen Tränen. »Kann ich dann wieder heim nach Weymouth, zu meiner Mama? Heute noch ?«
    »Ja, aber vorher müsst Ihr sehr tapfer sein.«
    »Ich bin zu allem bereit«, sagte sie, »zu allem! Ihr müsst mir nur sagen, was ich zu tun habe.«
    Aliena erinnerte sich an die Ratschläge zum Umgang mit dem Personal, die sie Elisabeth damals gegeben hatte, und sie fragte sich, ob es der Gräfin wohl gelungen war, sie in die Tat umzusetzen. »Werdet Ihr noch immer vom Hauspersonal schikaniert?«, fragte sie unverblümt.
    »Sie versuchen’s jedenfalls.«
    »Aber Ihr erlaubt es Ihnen nicht …«
    Elisabeth war die Frage sichtlich peinlich. »Doch, manchmal schon noch. Aber ich bin jetzt sechzehn Jahre alt und schon seit zwei Jahren Gräfin. Ich bemühe mich immer, Eure Ratschläge zu beherzigen, und es klappt ganz gut.«
    »Hört zu, was ich Euch zu sagen habe«, sagte Aliena. »König Stephan hat ein Abkommen mit Herzog Henry geschlossen, demzufolge alle Ländereien denjenigen zurückzugeben sind, denen sie zu Zeiten des seligen König Henry gehörten. Das bedeutet, mein Bruder wird eines Tages Graf von Shiring. Er möchte es aber so bald wie möglich sein.«
    Elisabeth riss die Augen weit auf. »Will Richard gegen William Krieg führen?«
    »Richard liegt mit einer kleinen Truppe nicht weit von hier auf der Lauer. Wenn es ihm gelingt, die Burg noch heute zu erobern, wird man ihn allenthalben als Graf anerkennen – und dann ist William erledigt.«
    »Ich kann es nicht fassen!«, sagte Elisabeth. »Ich kann es einfach nicht fassen!« Ihre plötzliche Begeisterung war fast noch rührender als zuvor ihre tiefe Niedergeschlagenheit.
    »Alles war Ihr zu tun habt, ist Folgendes: Ihr müsst dafür sorgen, dass Richard kampflos in die Burg kommt. Wenn alles vorüber ist, bringen wir Euch heim.«
    Elisabeth schien schon wieder zu verzagen. »Ich weiß nicht, ob die Männer mir folgen werden.«
    Das war auch Alienas Sorge.»Wer ist der Hauptmann der Wache?«
    »Michael Armstrong. Ich kann ihn nicht leiden.«
    »Lasst ihn holen!«
    »Gut.« Elisabeth putzte sich die Nase, stand auf und ging zur Tür. »Madge!«, rief sie mit schriller Stimme. Von irgendwoher ertönte eine Antwort. »Geh und hol mir Michael. Er soll sofort kommen – es ist dringend. Beeil dich!«
    Sie kam zurück, warf sich rasch die Tunika über ihr Nachthemd, schlüpfte in ihre Stiefel und schnürte sie zu. Aliena gab ihr noch schnell die nötigsten Anweisungen: »Sagt Michael, er möge die große Glocke läuten und alle Menschen auf dem Burghof zusammenkommen lassen. Sagt ihm, Ihr hättet eine Botschaft von Graf William erhalten und wolltet darüber zu allen Bewohnern der Burg sprechen, Bewaffneten wie Dienern gleichermaßen. Sie sollen sich, mit Ausnahme von drei und vier Wachen, die auf ihren Posten bleiben, im unteren Burghof versammeln. Sagt ihm ferner, dass Ihr in Kürze einen Trupp von zehn oder zwölf Reitern mit einer neuen Botschaft erwartet. Diese Leute müssten nach ihrer Ankunft unverzüglich zu Euch gebracht werden.«
    »Ich hoffe, ich kann mir das alles merken«, sagte Elisabeth unsicher.
    »Keine Angst – wenn Ihr etwas vergesst, helfe ich Euch.«
    »Da ist mir schon wohler zumute.«
    »Was ist das für ein Mensch – dieser Michael Armstrong?«
    »Ein Griesgram, gebaut wie ein Ochse, und er riecht nicht gut.«
    »Ist er gescheit?«
    »Nein.«
    »Umso besser.«
    Einen Augenblick später traf der Gerufene ein. Er hatte einen kurzen, gedrungenen Hals, breite Schultern und stank nachhaltig nach Schweinestall. Seiner verdrießlichen Miene war zu entnehmen, dass er ungern auf diese Weise gestört wurde. Fragend sah er Elisabeth an.
    »Ich habe eine Botschaft von Graf William erhalten«, begann die Gräfin.
    Michael streckte die Hand aus.
    Verflucht, dachte Aliena, niemand hat daran gedacht, einen Brief an Elisabeth zu schreiben. Der ganze Plan kann an dieser dummen Nachlässigkeit scheitern … Schon warf ihr die Gräfin einen hilfesuchenden Blick zu. Verzweifelt suchte Aliena einen Ausweg. Endlich fiel ihr etwas ein. »Könnt Ihr lesen, Michael?«
    Die Frage ärgerte den Hauptmann. »Der Priester wird es mir vorlesen.«
    »Eure Gräfin versteht sich aufs Lesen.«
    »Ich möchte die Botschaft allen Bewohnern der Burg persönlich mitteilen, Michael. Läute die Glocke, und ruf die Leute im unteren Burghof zusammen. Achte aber darauf, dass drei oder vier Mann auf den Posten bleiben.«
    Wie

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