Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
Wache stehen. Die anderen betraten den großen Saal.
    Das bischöfliche Personal saß gerade beim Essen. Das besagte, dass Thomas sowie den Priestern und Mönchen in seiner Begleitung bereits serviert worden war. Ein Diener erhob sich. Reginald sagte: »Wir sind die Männer des Königs.«
    Die Gespräche verstummten. Der Diener, der aufgestanden war, sagte: »Willkommen, meine Herren. Ich bin der Haushofmeister des Palastes, William Fitzneal. Tretet ein. Darf ich Euch etwas zu essen anbieten?«
    Der Kerl ist auffallend freundlich, dachte William, und das, obwohl sein Herr und der König so zerstritten sind. Vielleicht kann man ihn kaufen …
    »Ich danke Euch, nein, wir brauchen nichts zu essen«, antwortete Reginald.
    »Wie wär’s, nach der langen Reise, mit einem Becher Wein?«
    »Wir haben eine Botschaft an Euern Herrn«, sagte Reginald ungeduldig. »Vom König. Bitte gebt ihm sofort Bescheid.«
    »Sehr wohl.« Der Haushofmeister verbeugte sich. Da die Besucher nicht bewaffnet waren, hatte er keinen Grund, ihr Ansinnen zurückzuweisen. Er verließ den Tisch und begab sich zur Treppe.
    William und seine vier Ritter folgten ihm, ihrerseits verfolgt von den Blicken der schweigenden Dienerschaft. William zitterte wie immer vor Beginn einer Schlacht. Hoffentlich dauert es jetzt nicht mehr so lange, dachte er. Ich fühle mich besser, sobald der Kampf losgeht …
    Sie stiegen die Treppe hinauf und gelangten in ein geräumiges Empfangszimmer. Die Wände waren mit Bänken gesäumt, und auf einer Seite stand in der Mitte ein großer Thron. Mehrere schwarz gewandete Priester und Mönche saßen auf den Bänken, doch der Thron war leer.
    Der Haushofmeister durchquerte das Zimmer und blieb an einer geöffneten Tür stehen. »Botschafter vom König, hochehrwürdiger Erzbischof«, sagte er mit lauter Stimme.
    Eine hörbare Antwort blieb aus. Doch offensichtlich hatte der Erzbischof sich mit einem Handzeichen verständlich gemacht, denn der Haushofmeister hieß die Gäste eintreten.
    Thomas Becket, gekleidet in den erzbischöflichen Ornat, saß auf der Bettkante. Zu seinen Füßen saß ein Mönch und lauschte seinen Worten. Verblüfft erkannte William, dass es sich um Prior Philip von Kingsbridge handelte. Was hat denn der hier zu suchen, dachte er. Wahrscheinlich buhlt er um des Erzbischofs Gunst … Philip war bereits zum Bischof von Kingsbridge gewählt worden, doch fehlte ihm noch die Bestätigung. Daraus wird jetzt nichts mehr, dachte William voller Ingrimm.
    Philip war über Williams Erscheinen nicht minder überrascht. Indessen reagierte Thomas gar nicht auf die Gäste, sondern sprach ruhig weiter, als habe er sie nicht gesehen. Diese Unhöflichkeit ist reine Berechnung, dachte William. Die Ritter nahmen auf den niedrigen Bänken und Hockern Platz, die vor und hinter dem Bett standen. William hielt das für ungut: Auf diese Weise wurde die Attacke zum Besuch, der Impetus ging verloren. Vielleicht lag genau dies in Thomas’ Absicht.
    Endlich blickte der Erzbischof auf. Er erhob sich nicht zum Gruß. Bis auf William waren sie ihm alle persönlich bekannt. Sein Blick kam auf Hugh Morville, dem Höchstrangigen, zu ruhen. »Ah, Hugh«, sagte er.
    William hatte Reginald mit dem Kommando betraut, und deshalb ergriff nun dieser – und nicht Hugh – das Wort. »Wir kommen aus der Normandie, vom König. Wollt Ihr seine Botschaft öffentlich oder unter vier Augen hören?«
    Thomas blickte gereizt von einem zum anderen, als empfinde er es als Zumutung, mit einem untergeordneten Mitglied der Delegation verhandeln zu müssen. Seufzend sagte er: »Lasst mich allein, Philip.«
    Philip stand auf und ging mit besorgter Miene an den Rittern vorbei zum Ausgang.
    »Aber lasst die Tür offen!«, rief Thomas ihm nach.
    Als Philip fort war, sagte Reginald: »Ich ersuche Euch im Namen des Königs, Euch nach Winchester zu verfügen und dort zu der gegen Euch erhobenen Anklage Stellung zu nehmen.«
    William hatte das Vergnügen, Thomas Becket erbleichen zu sehen. »Das also habt Ihr vor«, sagte der Erzbischof ruhig und sah auf. Der Haushofmeister drückte sich an der Tür herum.
    »Schickt alle Wartenden herein. Ich möchte, dass jeder es hört.«
    Die Mönche und Priester, unter ihnen Prior Philip, kamen herein. Einige setzten sich, andere nahmen an den Wänden Aufstellung. William hatte nichts einzuwenden – ganz im Gegenteil: Je mehr Leute anwesend waren, desto besser, bestand das Ziel dieser Begegnung ohne Waffen doch darin, vor

Weitere Kostenlose Bücher