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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Zeugen zu demonstrieren, dass Thomas sich einem königlichen Erlass widersetzte.
    Als alle einen Platz gefunden hatten, wandte sich Thomas wieder an Reginald. »Noch einmal«, sagte er.
    »Ich ersuche Euch im Namen des Königs, Euch nach Winchester zu verfügen und dort zu der gegen Euch erhobenen Anklage Stellung zu nehmen«, wiederholte Reginald.
    »Was wirft man mir vor?«, fragte Thomas ruhig.
    »Verrat!«
    Thomas schüttelte den Kopf. »Heinrich wird mich nicht vor Gericht stellen«, sagte er ruhig. »Gott weiß, dass ich keine Verbrechen begangen habe.«
    »Ihr habt treue Diener des Königs exkommuniziert.«
    »Das war nicht ich, sondern der Papst.«
    »Ihr habt mehrere Bischöfe suspendiert.«
    »Ich habe angeboten, sie auf dem Gnadenwege wieder einzusetzen. Das haben sie abgelehnt. Mein Angebot halte ich aufrecht.«
    »Ihr habt die Thronfolge gefährdet, indem Ihr die Krönung des Königssohnes missachtet habt.«
    »Das habe ich nicht getan. Der Erzbischof von York darf überhaupt niemanden krönen. Dazu fehlt ihm das Recht. Der Papst hat ihn ob dieser Unverfrorenheit gerügt. Die Gültigkeit der Krönung hat kein Mensch in Frage gestellt.«
    Reginald verlor die Geduld. »Das eine ergibt sich aus dem anderen, verdammter Narr, der Ihr seid.«
    »Mir reicht es jetzt!«, rief Thomas.
    »Und uns reicht es auch, Thomas Becket!«, brüllte Reginald. »Bei den Wunden Gottes, wir haben genug von Euch, Eurer Anmaßung, Eurer Unruhestifterei, Eurem Verrat …«
    Thomas stand auf. »Die bischöflichen Burgen sind von Gefolgsleuten des Königs besetzt!«, schrie er. »Der erzbischöfliche Pachtzins wird vom König eingetrieben. Dem Erzbischof selbst befiehlt man, die Stadt Canterbury nicht zu verlassen. Und da sagt Ihr mir, Ihr hättet genug?«
    Ein Priester versuchte zu intervenieren. »Ehrwürdiger Bischof«, sagte er zu Thomas, »lasst uns die Angelegenheit im kleinen Kreise besprechen.«
    »Warum?«, gab Thomas erregt zurück. »Diese Herren hier verlangen etwas von mir, das ich weder tun darf noch tun werde.«
    Der Lärm hatte inzwischen den gesamten Bischofspalast alarmiert. Vor der Tür des bischöflichen Gemachs drängten sich die Neugierigen und spitzten die Ohren. Der Wortwechsel hat lang genug gedauert, dachte William. Keiner der Anwesenden kann abstreiten, dass Thomas einen Befehl des Königs missachtet hat … Er gab Reginald ein verstecktes Zeichen. Philip bemerkte es und runzelte überrascht die Stirn, ließ sich doch aus der Geste entnehmen, dass nicht Reginald, sondern William der eigentliche Anführer der Gruppe war.
    »Erzbischof Thomas«, sagte Reginald feierlich, »Ihr genießt nicht länger Frieden und Schutz des Königs.« Er drehte sich um und befahl den Zuschauern: »Verlasst diesen Raum.«
    Niemand rührte sich.
    »Im Namen des Königs befehle ich den hier versammelten Mönchen, den Erzbischof zu bewachen und jeden Fluchtversuch zu vereiteln.«
    Es war klar, dass die Angesprochenen sich nicht daran halten würden. Aber das lag auch gar nicht in Williams Absicht. Er wollte Thomas vielmehr zu einem Fluchtversuch provozieren – auf der Flucht ließ er sich leichter töten.
    Reginald wandte sich an den Haushofmeister, William Fitzneal, der von Amts wegen auch Leibwächter des Erzbischofs war. »Ihr seid festgenommen«, sagte er, packte den Mann am Arm und führte ihn zur Tür hinaus. Der Haushofmeister leistete keinerlei Widerstand. William und die anderen Ritter folgten ihnen.
    Über die Treppen ging es hinunter und durch den großen Saal ins Freie. Ritter Richard stand noch immer im Portal Wache. William überlegte, was sie mit dem Haushofmeister anstellen sollten. »Bist du auf unserer Seite?«, fragte er ihn.
    Der Mann war außer sich vor Angst. »Ja, wenn Ihr aufseiten des Königs steht.«
    Der hat die Hosen so voll, dass er keinen Schaden mehr anrichtet, dachte William. Ganz egal, auf welcher Seite er steht … An Richard gewandt, sagte er: »Pass auf ihn auf, und halte die Eingangstür verschlossen. Niemand darf das Gebäude verlassen.«
    Sie rannten über den Hof zum Maulbeerbaum und legten hastig Helme und Schwerter an. Jetzt wird es geschehen, dachte William voller Furcht, jetzt werden wir den Erzbischof von Canterbury töten, o mein Gott … Es war lange her, dass er einen Helm getragen hatte, und der Rand des Hals und Schultern schützenden Kettenpanzers kam ihm immer wieder in die Quere. Er verfluchte seine ungeschickten Finger. Ausgerechnet jetzt hatte er keine Zeit, so lange

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