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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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von des Erzbischofs Seite losreißen.
    Einer der Ritter sagte zu Thomas: »Sagt Euch los von Eurem Verrat!« Philip erkannte die Stimme von Reginald Fitzurse, der schon zuvor der Wortführer gewesen war.
    »Es gibt nichts, von dem ich mich loszusagen hätte«, antwortete Thomas. »Ich habe keinen Verrat begangen.« Er war eiskalt und beherrscht, doch sein Gesicht war bleich. Er weiß, dass seine letzte Stunde geschlagen hat, dachte Philip.
    »Los, rennt, sonst seid Ihr ein toter Mann!«, schrie Reginald Thomas an.
    Thomas rührte sich nicht vom Fleck.
    Sie wollen, dass er fortläuft, dachte Philip. Sie bringen es nicht über sich, ihn kaltblütig abzuschlachten.
    Aber Thomas Becket blieb stehen. Er zuckte mit keiner Wimper und trotzte den Rittern allein mit seiner Gegenwart. Eine ganze Weile standen sie sich stumm gegenüber, ein mörderisches, erstarrtes Tableau: die Ritter, von denen keiner bereit war, den ersten Schlag zu führen, und der Priester, dem es sein Stolz verbot, sein Heil in der Flucht zu suchen.
    Thomas vollendete sein Schicksal, indem er den Zauber brach. »Ich bin bereit zu sterben«, sagte er. »Aber rührt sonst niemanden von meinen Leuten an – weder Priester noch Mönch, noch Laien.«
    Reginald reagierte als Erster. Er fuchtelte mit seinem Schwert in der Luft herum. Die Spitze näherte sich dem Gesicht des Erzbischofs nur zögernd; es war, als koste es Reginald große Selbstüberwindung, mit seiner Waffe den Priester zu berühren. Thomas stand da wie eine Salzsäule, den Blick auf den Ritter gerichtet, nicht auf das Schwert. Dann schlenzte Reginald mit einer kurzen Bewegung aus dem Handgelenk Thomas die Bischofsmütze vom Haupt.
    Wieder war Philip von Hoffnung erfüllt. Sie bringen es nicht über sich, dachte er. Sie wagen es nicht, Hand an ihn zu legen …
    Aber er irrte sich. Die Entschlossenheit der Ritter schien durch die alberne Attacke auf die Bischofsmütze gewachsen zu sein. Es war, als hätten sie im ersten Moment gefürchtet, von der strafenden Hand Gottes niedergeschmettert zu werden, und aus der Tatsache, dass dem nicht so war, neuen Mut für Schlimmeres gezogen. Richard sagte: »Greift ihn Euch, und schleppt ihn raus!«
    Die anderen Ritter steckten ihre Schwerter in die Scheiden und traten näher an den Erzbischof heran.
    Einer von ihnen packte Thomas um die Taille und versuchte, ihn vom Boden zu heben.
    Philip verzweifelte. Sie hatten die letzte Barriere überwunden und ihn berührt. Sie waren bereit, Hand an einen Mann Gottes zu legen! Philip schaute jetzt die ganze Tiefe ihrer Verrufenheit, und es drehte ihm schier den Magen um; ihm war, als luge er über den Rand eines bodenlosen Abgrunds. In der Tiefe ihres Herzens mussten diese Männer wissen, dass sie für das, was sie zu tun im Begriff standen, zur Hölle fahren würden. Und dennoch taten sie es.
    Thomas verlor das Gleichgewicht, er ruderte mit den Armen und versuchte, sich zu befreien. Nun packten auch die anderen Ritter zu und wollten ihn fortschleppen. Von den Begleitern des Erzbischofs hatte außer Philip nur noch ein Priester namens Edward Grim ausgeharrt. Beide eilten sie Thomas nun zu Hilfe. Edward erwischte den bischöflichen Mantel und hielt sich daran fest. Einer der Ritter drehte sich um und schlug mit seiner gepanzerten Faust nach Philip. Der Hieb traf den Prior an der Schläfe. Philip taumelte benommen zu Boden.
    Als er wieder zu sich kam, hatten die Ritter Thomas Becket wieder freigegeben. Der Erzbischof stand mit gesenktem Haupt da, die Hände wie im Gebet zusammengelegt. Einer der Ritter hob sein Schwert.
    Philip, noch immer am Boden, stieß einen langen, hilflosen Schrei aus. »Nein!«
    Edward Grim versuchte mit ausgestrecktem Arm, den Schlag abzuwehren.
    Thomas Becket sagte: »Ich befehle mich in Gottes Ha …«
    Das Schwert fiel.
    Es traf beide, Thomas und Edward. Philip hörte sich schreien. Die Klinge hatte dem Priester den Arm abgeschnitten und war Thomas in den Schädel gefahren. Aus dem Arm spritzte Blut, und Thomas Becket sank in die Knie.
    Entsetzt starrte Philip auf die furchtbare Kopfwunde.
    Der Erzbischof fiel langsam vornüber, vermochte sich nur kurz mit den Händen abzustützen und sackte dann, das Gesicht voran, auf dem Steinboden zusammen.
    Nun hob ein anderer Ritter sein Schwert und schlug zu. Philip in seinem namenlosen Kummer heulte unwillkürlich auf. Der zweite Schlag traf die gleiche Stelle wie der erste und trennte die obere Hälfte von Thomas’ Schädel ab. Er war mit solcher

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