Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth
einst ausgesehen hatten – stramm, scheinbar gewichtslos, mit aufwärts gekehrten Knospen. Während der Schwangerschaften waren sie größer, die Brustwarzen breiter geworden. Inzwischen waren Alienas Brüste niedriger und weicher und schwangen beim Gehen sacht hin und her. Jack hatte sie immer gemocht, in all ihren Erscheinungsformen. Wie werden sie aussehen, wenn Aliena alt ist, fragte er sich. Werden sie einschrumpfen und voller Falten sein? Sei’s drum, ich werd sie wahrscheinlich auch dann noch mögen … Die Brustwarze versteifte sich unter seiner Berührung. Jack beugte sich vor, um Aliena auf die Lippen zu küssen.
»Jack, du befindest dich in einer Kirche«, murmelte sie.
»Und wenn schon«, sagte er, und seine Hand wanderte über den Bauch in ihren Schoß.
Von der Treppe her waren Schritte zu hören.
Wie ein ertappter Sünder zog Jack sich zurück.
Aliena musste lachen. »Die Strafe Gottes folgt auf dem Fuß«, sagte sie respektlos.
»Wart’s ab, du kommst später noch dran!«, raunte er ihr in gespielter Entrüstung zu.
Die Schritte hatten den obersten Treppenabsatz erreicht. Prior Jonathan trat zu ihnen und grüßte sie mit ernster Miene. »Kannst du mal mit in den Kreuzgang kommen, Jack?«, fragte er. »Da ist jemand, der mit dir sprechen möchte.«
»Ja, natürlich.« Jack erhob sich.
Jonathan war schon wieder auf der Treppe.
Jack drehte sich am Ausgang noch einmal um und drohte Aliena mit dem Finger. »Später!«, sagte er.
Aliena grinste. »Ehrenwort?«
Durch die Tür im Südflügel des Querhauses erreichten Jonathan und Jack den Kreuzgang. Sie kamen an den Schülern mit ihren Wachstäfelchen vorbei und blieben an der nächsten Ecke stehen. Mit einer Kopfbewegung machte Jonathan Jack auf einen Mönch aufmerksam, der im Westgang allein auf einer in die Mauer eingelassenen Steinbank saß. Der Kopf des Mannes war von der hochgezogenen Kapuze bedeckt, doch auf einmal drehte er sich um, sah zu ihnen auf und wandte dann rasch den Blick wieder ab.
Unwillkürlich trat Jack einen Schritt zurück.
Der Mönch war Waleran Bigod.
»Was will dieser Teufel denn hier?«, fragte Jack.
»Er bereitet sich auf die Begegnung mit seinem Schöpfer vor«, sagte Jonathan.
Jack runzelte die Stirn. »Das verstehe ich nicht.«
»Er ist ein gebrochener Mann«, fuhr Jonathan fort, »ohne Stellung, ohne Macht, ohne Freunde. Er hat begriffen, dass Gott ihm nicht das Amt eines großen und mächtigen Bischofs zugedacht hat. Er hat seine Fehler eingesehen. Zu Fuß kam er hierher und bat um Aufnahme ins Kloster. Als einfacher Mönch möchte er die ihm noch verbleibende Zeit nutzen, Gott um die Vergebung seiner Sünden anzuflehen.«
»Es fällt mir schwer, das zu glauben«, sagte Jack.
»Mir ging es anfangs genauso«, erwiderte Jonathan. »Doch ich habe mich schließlich davon überzeugen lassen, dass er schon immer ein gottesfürchtiger Mann gewesen ist.«
Jack sah ihn skeptisch an.
»Ja, ich zweifle nicht an seiner Frömmigkeit. Nur machte er einen entscheidenden Fehler: Er bildete sich ein, im Dienste des Herrn rechtfertige der Zweck die Mittel – und leitete daraus die Freiheit ab, alles zu tun, was er für richtig hielt.«
»Einschließlich der Verschwörung zur Ermordung eines Erzbischofs.«
In einer abwehrenden Geste hob Jonathan die Hände. »Es liegt an Gott, ihn dafür zu strafen. Meines Amtes ist es nicht.«
Jack hob die Schultern. Diese Worte hätten auch von Philip stammen können. Jack sah keine Veranlassung, Waleran im Kloster aufzunehmen – aber Mönche hatten in diesen Dingen sicher andere Vorstellungen. »Warum bringst du mich hierher? Was habe ich mit ihm zu schaffen?«
»Er möchte dir sagen, warum dein Vater damals gehängt wurde.«
Ein kalter Schauer überlief Jack.
Reglos wie ein Stein saß Waleran da und stierte ins Ungewisse. Er war barfuß; unter dem Saum seiner härenen Kutte lugten die zerbrechlichen Knöchel eines alten Mannes hervor. Vor diesem Mann braucht niemand mehr Angst zu haben, dachte Jack. Er ist schwach und traurig und von seiner Niederlage schwer gezeichnet.
Jack ging zu ihm hin und setzte sich, auf Abstand bedacht, neben ihn.
Waleran kam sofort zur Sache. »Der alte König Heinrich war zu stark«, sagte er, »und das gefiel verschiedenen Baronen nicht, denn er engte ihre Freiheiten ein. Der nächste König sollte schwächer sein. Aber Heinrich hatte einen Sohn, William.«
Uralte Geschichten … »Das war doch alles lange vor meiner Geburt«, sagte
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