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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Bischof konnte Philip auf der Folter zur Preisgabe seines Informanten zwingen. Er war dazu zwar nicht berechtigt – doch was hieß das schon? Zur Verschwörung gegen den König war er auch nicht berechtigt … Vor Philips geistigem Auge stellten sich die Bilder von Folterinstrumenten ein, wie man sie gelegentlich auf den Bildern der Maler sehen konnte, die das Fegefeuer darstellten. Gemälde dieser Art waren der Wirklichkeit nachempfunden, wie sie in den Verliesen der Bischöfe und Barone herrschte. Philip glaubte nicht, dass ihm die Kraft zum Martyrium gegeben war.
    In einiger Entfernung vor sich erblickte er eine Gruppe von Reisenden, die zu Fuß unterwegs waren. Sein erster Impuls war anzuhalten, um sie nicht überholen zu müssen, denn er war allein, und es gab genügend Wegelagerer, die ohne jeden Skrupel auch einen Mönch überfallen hätten. Dann jedoch erkannte Philip, dass sich eine Frau und zwei Kinder unter den Wanderern befanden, und von reisenden Familien ging gemeinhin keine Gefahr aus. Im Trab setzte er ihnen nach.
    Bald konnte er Einzelheiten erkennen: Die Gruppe bestand aus einem hochgewachsenen Mann, einem fast ebenso großen Jungen, einer auffallend kleinen Frau und zwei Kindern. Es handelte sich ganz offensichtlich um arme Leute, denn sie waren in lumpenartige Gewänder gehüllt und trugen keinerlei Wertgegenstände mit sich. Der Mann war von kräftigem Körperbau, aber so ausgemergelt, als ob er an einer zehrenden Krankheit litte – oder aber ganz einfach an Hunger. Als Philip die Familie erreichte, sah ihn der Mann wachsam an und murmelte den Kindern etwas zu, sodass sie sich um ihn scharten. Philip hatte ihn anfangs auf fünfzig Jahre oder mehr geschätzt.
    Erst jetzt erkannte er, dass er trotz seines sorgenzerfurchten Gesichts noch kaum die vierzig erreicht hatte.
    »Heda, Mönch!«, sagte die Frau.
    Philip sah sie kritisch an. Dass eine Frau noch vor ihrem Ehemann das Wort ergriff, war ungewöhnlich. Und Mönch war zwar nicht direkt unhöflich, doch hätte Bruder oder Vater mehr Respekt bewiesen. Die Frau war ungefähr zehn Jahre jünger als der Mann und hatte tiefliegende Augen von ungewöhnlich hellgoldener Farbe, die ihr eine besondere Anziehungskraft verliehen. Philip empfand die Frau als gefährlich.
    »Guten Tag, Vater«, sagte der Mann, und es klang, als wolle er sich für das vorlaute Benehmen seiner Frau entschuldigen.
    »Gott segne Euch!«, sagte Philip und zügelte seine Stute. »Wer seid Ihr?«
    »Baumeister Tom nennt man mich. Ich suche Arbeit.«
    »Und findet keine, nicht wahr?«
    »So ist es.«
    Philip nickte. Es war immer dasselbe. Handwerker, die im Baugewerbe tätig waren, wanderten von Arbeitsstelle zu Arbeitsstelle. Und immer wieder kam es vor, dass sie keine Arbeit fanden – entweder, weil es nicht genügend Baustellen gab, oder aber, weil sie einfach Pech hatten. Auf ihren Wanderungen nahmen diese Leute oftmals die Gastfreundschaft der Klöster in Anspruch. Hatten sie zuvor gut verdient, so erhielt man von ihnen zum Abschied eine üppige Spende; waren sie indessen schon eine Weile unterwegs, erwiesen sie sich oftmals als völlig mittellos. Die einen wie die anderen mit der gleichen Herzlichkeit zu empfangen gehörte bisweilen zu den schwierigeren Aufgaben der klösterlichen Mildtätigkeit.
    Dieser Baumeister Tom gehörte mit Sicherheit zu den armen Schluckern seiner Zunft, wenngleich sein Weib wesentlich gesünder aussah als er. »Ich habe Speis und Trank in meiner Satteltasche«, sagte Philip. »Es ist Essenszeit, und die Nächstenliebe ist eine heilige Pflicht. Wenn Ihr und Eure Familie mein Brot mit mir teilen wollt, wird es mir im Himmel dereinst gelohnt – und außerdem habe ich dann jemanden, der mir beim Essen Gesellschaft leistet.«
    »Ihr seid sehr freundlich«, erwiderte Tom und sah seine Begleiterin an. Sie zuckte andeutungsweise mit den Schultern und nickte knapp. Fast ohne Pause fuhr der Mann fort: »Wir nehmen Euer Angebot gerne an und danken Euch sehr dafür.«
    »Dankt Gott dem Herrn, nicht mir«, antwortete Philip wie immer in solchen Fällen.
    »Danken wir den Bauern, aus deren Zehnt die Speisen stammen«, sagte die Frau.
    Sie hat Haare auf den Zähnen, dachte Philip bei sich, verkniff sich aber jede Bemerkung.
    Auf einer kleinen Lichtung, auf der Philips Pony sich am winterschlaffen Gras gütlich tun konnte, machten sie Rast. Philip war insgeheim froh über die Verzögerung, sie bedeutete einen kleinen Aufschub der gefürchteten Unterredung

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