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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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Schließlich erklang ein gereiztes Räuspern hinter dem Paravent.
    Â» Das soll also der vielgerühmte Spielmann aus Ganashk sein, von dem die ganze Stadt spricht? «
    Tahan zupfte munter weiter. » Ich weiß nicht, was die Stadt spricht « , sagte er. » Es kümmert mich auch nicht. «
    Â» Es kümmert dich nicht, dass du meine Zeit verschwendest und meine Vorfreude in Ärger verwandelst? Das sollte es aber. Manch einer betritt das schwarze Schloss mit einem kleinen Pfeifen auf den Lippen und wird mit den Füßen voran wieder hinausgetragen. «
    Â» Ich hatte angenommen, dass man die Toten über die Mauer wirft « , sagte Tahan ungerührt, während er die Abfolge mehrerer Akkorde übte, von Dunkelton zu Sonnenton wechselte und zurück. » Auf der nördlichen Seite, zur Schlucht hin. «
    Â» Du scheinst den Tod nicht zu fürchten, Herr Tan aus Ganashk. Manch einer hat ein großes Mundwerk und zu wenig Verstand, um es mit klugen Worten zu füllen. «
    Die Töne wurden lauter, sicherer, nahezu fordernd. Eine Melodie schälte sich heraus aus dem Wust aus Akkorden und Fingerübungen, ein fragendes Lied, frech und neckend.
    Â» Manch einer spielt mit dem Tod und mit Menschen, dabei ist es gar kein Spiel « , sagte er. » Doch auch zu ihnen schicken die Götter irgendwann einen Boten. «
    Vier hell schimmernde Finger legten sich um die Kante des dunklen Paravents.
    Er sah nicht mehr hin, sondern wandte sich der Simbarine zu und spielte, wie er vielleicht nicht einmal damals, als unerfahrener Jüngling in Ghi Naral, gespielt hatte, damals, als er nichts Bitteres gekannt hatte als einen Becher Schwarzen Wassers und nichts Blutigeres als eine Scheibe Braten. Tahan zwang sich dazu, nicht aufzublicken, so zu tun, als wäre er völlig versunken. Sein Gesang blieb leise, nichts weiter als eine Begleitung der Sommerharfe, denn er war nicht hier, um zu singen. Schließlich hielt er inne und hob den Kopf; vor ihm stand die Prinzessin, mitten im Raum, und starrte ihn an.
    Hamyjane war nicht ganz das, was er erwartet hatte, wie alles in Mai-Senn. Sie war groß, beinahe so groß wie ein Mann, und ihr überraschend schlichtes dunkelrotes Gewand verbarg sorgsam alle weiblichen Formen. Ihr langes Haar hatte eine seltsame Farbe, ein helles Blond mit einem Stich ins Rötliche, ein wenig wie verwaschene Blumen nach einem Gewitterregen, und auf ihrem Nasenrücken und den Wangen hatten hilfreiche Hände mit Bleichmittel versucht, die Flecken zu mildern, die ihr Gesicht überzogen. Ohne nennenswerten Erfolg– nach wie vor sprenkelten zahlreiche Sommersprossen ihre blasse Haut. Ihre Augen waren graugrün, die Brauen so hell, dass sie kaum auffielen, und ihre Lippen schmal. Am meisten erstaunte ihn aber ihre Schönheit. Trotz all dieser Merkmale, die ihn bei jeder anderen Frau gestört hätten, strahlte sie Schönheit aus– dieselbe Art von Schönheit, die auch ihm gegeben war, nicht aufgrund der Symmetrie der Züge, sondern die Wirkung eines verächtlichen Lächelns, der Sog eines spöttischen Blicks.
    Eine Träne hing an ihren blonden Wimpern.
    Mit dieser Art von Schönheit konnte er gut umgehen, da er sich ihr ebenbürtig fühlte; nicht wie bei Jalimey, die man einmal ansah und nie wieder vergaß und die jedem Mann die Sinne verwirrte. Jalimey, deren Schönheit ihn jeden Tag aufs Neue bestürzt und mit bittersüßem Begehren gequält hatte.
    Hamyjane erschrak nicht, wenn sie Verlangen im Blick eines Mannes erkannte. » Komm her « , befahl sie, aber er lächelte nur.
    Nein, er würde ihr nicht gehorchen. Nicht einmal der Fluch versuchte, ihn dazu zu zwingen. Tahan mochte dem niedrigsten Sinor im terjalischen Heer zu Gehorsam verpflichtet sein, die Königin der Feinde hingegen hatte keine Befehlsgewalt über ihn.
    Verärgert zog sie die Stirn zusammen. » Sind wir etwa widerspenstig? «
    Â» Es würde mir nicht im Traum einfallen, Euch zu widersprechen, Edle Herrin « , sagte er und hielt ihrem Blick stand, was sie, wie er merkte, sowohl verwirrte als auch erzürnte.
    Â» Lernt man in Ganashk keine Manieren? «
    Der Tyrann Ilan hätte einen solchen Gast gewiss für weniger köpfen lassen. Tahan verließ sich auf sein Lächeln. Er wollte verdammt sein, wenn er nicht ihre Neugier wecken konnte.
    Â» Ich bin untröstlich, falls ich Euch beleidigt haben sollte.

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