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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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Ritt fanden sie den perfekten Gleichklang zwischen Eile und Muße, indem sie in Erinnerungen schwelgten. Dasnaree erzählte zahlreiche Anekdoten vom Königshof und wusste von vielen Leuten, die Tahan kannte, Neuigkeiten zu berichten.
    Der junge Fürst sorgte dafür, dass es seinem Vetter an nichts fehlte. Die mitreisenden Soldaten und Sklaven mochten den Prinzen immer noch für einen Söldner halten, für einen freien Mann aus dem Ausland, der zwar mit Recht das Haar offen trug, aber in Terajalas keinen Rang besaß. Ihrem Herrn zuliebe ließen sie ihn das jedoch zumeist nicht spüren, und nachdem Dasnaree einem Soldaten, der etwas von » gottlosen Fremdländern « gemurmelt hatte, sechzehn Stockschläge verabreichen ließ, überboten sie sich mit Freundlichkeit und Zuvorkommenheit. Zandarian benahm sich höflich und distanziert; Tahan hätte nach wie vor nicht sagen können, ob der Graf ihn überhaupt erkannte.
    Der Frost war hier weniger hart als in Helsten, und während sie ins Landesinnere ritten, gab es sogar einige milde Nächte. Kein einziges Mal mussten sie im Freien übernachten, denn in den Dörfern und Gehöften öffnete das Ameer-Wappen ihnen jede Tür. Die wohlhabendsten Pächter bewirteten sie mit allem, was sie besaßen; hin und wieder führte der Weg die Reisenden auch direkt bei einem Landesherrn vorbei. So kamen sie auch nach Birin und wohnten in Graf Birins Landhaus, einem großen alten Gemäuer, das von vergangener Pracht zeugte. Dem Grafen schien mehrmals die Frage auf der Zunge zu liegen, warum Fürst Dasnaree Dor Ameer einen Ausländer mit an die Tafel holte, doch das warnende Kopfschütteln des Grafen Zandarian ließ ihn zögern.
    Tahan hätte gerne eine ganz andere Frage gestellt, brachte es jedoch nicht über sich, sich vor Dasnaree diese Blöße zu geben. Sich vertraulich an Graf Birin zu wenden schien ihm ebenfalls eine schlechte Idee; der hagere Mann mit den kalten Augen würde vermutlich wenig Entgegenkommen zeigen, wenn ein Ausländer ihn um einen Gefallen bat. Immerhin, Rajalan war nicht mehr weit. Wenn Tahan endlich wieder seinen eigenen Namen aussprechen konnte, war er in einer ganz anderen Position, um über eine bestimmte Leibeigene zu reden. Also lächelte er, beteiligte sich an dem Gespräch, was, wie er merkte, Graf Birin innerlich zur Weißglut brachte, und sprach dem guten Essen zu.
    Schließlich erreichten sie die nordwestliche Ebene. Am Horizont konnte der Prinz bereits die vertrauten Umrisse von Ghi Naral erahnen, und die Sehnsucht nach Zuhause verschlug ihm den Atem. Aber zunächst wandten sie sich nach rechts und folgten der alten Straße nach Rajalan. Tahan musste nicht einmal die Augen schließen, die Träume waren ihm so nah, dass ihm war, als könnte er die Vergangenheit wirklich sehen. Die geschmückten, offenen Wagen, in denen die kurzhaarigen Edelleute saßen. Goldene Blütenblätter schneiten auf ihre reichbestickten Gewänder und streichelten ihre Haut wie ein Segen. Das Flackern eines Feuers knisterte in der Luft, übertönte das Knirschen der Wagenräder auf dem feinen Kies der Straße, warf seinen Schein über Hauswände und Dächer. Zuckende Schatten spielten auf den Gestalten und den hübschen, zierlichen Pferden.
    Â» Wir sind da « , sagte Dasnaree.
    Tahan hob den Kopf, und einen Augenblick lang meinte er, den Baum in voller Blüte zu sehen, brennend und duftend, die größte Macht, die es im Diesseits gab, gewaltiger als der gläserne Turm es je sein könnte – das flammende Herz der Vier. Doch die Äste, die sich über die gefallene Stadt beugten, waren schwarz. Kein Blatt, keine Blüte hing daran. Der Wind spielte mit körnigem Schnee, der sich wie Sand in Wirbeln über die verlassenen Straßen und Plätze bewegte. So gewaltig der Baum auch war, er erinnerte eher an Hamyjanes schwarzes Schloss denn an das lebendige Wesen aus Tahans Träumen. Die Stimme des dunklen Gesichts in seinem Inneren schwieg. Und dennoch war alles voller Erwartung. Er spürte es, als er vom Pferd stieg und in den Himmel schaute, der schwarz war von den verschlungenen und ineinander verwobenen Ästen.
    Â» Was musst du tun? « , wollte Dasnaree wissen, der neben ihn trat. » Ich dachte, der Mönch wäre hier irgendwo. «
    Von Bruder Ralnir keine Spur. Was hatte Tahan angenommen? Dass der Mönch auf

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