Die Saeulen der Macht
ziehen, sobald der Winter vorbei ist. Ich kann vorausreiten. «
» Order von wem? «
» Von Prinz Widian natürlich. « Dasnarees Lächeln hatte etwas Wölfisches. » Ihm war klar, wie wichtig es ist, dass du heil zurück über die Grenze kommst. «
» Dann weià er Bescheid? «
» Ich habe mir ein paar Andeutungen erlaubt. Er weià nichts, was dir später unangenehm sein müsste. «
» Du bist ein echter Freund, Ree. «
Noan irrte sich, wie in so vielem. Dasnaree verfolgte seine eigenen Ziele, das war klar, und Tahan nahm es ihm nicht übel. Sich mit Widian, dem zukünftigen König von Terajalas, gut zu stellen und dennoch ein paar Geheimnisse in der Hinterhand zu behalten war eine kluge Strategie. Wer Hochverrat plante, musste notwendigerweise skrupellos sein. Trotzdem hatte Dasnaree preisgegeben, was ihn wirklich antrieb: das Wohl des Königreichs.
» Wann brechen wir auf? «
Sein Vetter lachte. » Du hast es wirklich eilig, wie? Erst solltest du dem jungen Garlawin das Dokument bringen, auf das er so sehnlich wartet. Was ist übrigens mit der hübschen Sklavin? Gehört sie dir oder ihm? «
Weder noch, wollte Tahan schon antworten. Sie gehört dem Grafen von Birin. Doch er schwieg. Weder diese Wahrheit noch irgendeine andere lieà sich aussprechen.
Mit spitzen Fingern griff Noan nach dem Pergament. Jalimey spähte ihm über die Schulter, während er die Worte murmelte, die seine Freiheit sowie die Wiedererlangung seines Ranges und seiner Ãmter bedeuteten.
» Seht Ihr? « , fragte Tahan. » Ree ist gar nicht so übel. «
» Ich freue mich für Euch « , sagte Jalimey leise. Ihr Lächeln war fremd und traurig, und Tahan wünschte sich, er hätte ihren Blick nicht gesehen, dunkel und verloren.
Noan starrte sie an und atmete tief durch. » Dann⦠« , krächzte er mit rauer Stimme, » muss ich wohl zurück ins Jakont-Tal. «
Tahan konnte es nicht mit ansehen. Er wollte auch keinen Abschied erleben. Er drückte die Hand, die Noan ihm entgegenstreckte, und wandte sich zum Gehen, als Jalimey einen erstickten Schrei ausstieÃ.
» Tahan, warte! Du gehst? Du lässt Fürst Noan allein? Jetzt? Einfach so? «
» Ich bin ein Söldner « , sagte er rau. » Ein neuer Auftrag, und schon bin ich weg. Als Nächstes gehe ich mit Fürst Dasnaree auf die Reise. Sie sollte allerdings nicht so lang werden und nicht so gefährlich. « Er brachte es sogar fertig, sie anzulächeln. » Bekomme ich eine Umarmung zum Schluss? Vielleicht gar einen Kuss? «
» Das fehlte noch « , murmelte Noan verdrossen, aber Jalimey lieà es zu, dass Tahan die Arme um sie schlang. Es fühlte sich an, als würde sie dorthin gehören, zu ihm, ihr Kopf passte genau in die Mulde über seinem Schlüsselbein. Er beugte sich ein wenig hinab, und sie legte die Lippen an seine Wange. Jalimey roch blumig, nach Zimt und Honig und Jasmin, wie die Gewürzmilch, in der sie gebadet hatte. Er drehte den Kopf und erhaschte ihren Mund zu einem flüchtigen Kuss.
Ihre Augen weiteten sich, und für einen Moment hatte er das Gefühl, dass sie seinen Kuss erwidern wollte. Es fehlte nicht viel, und sie würde den Mund öffnen, er hörte schon ihr Seufzenâ da stieà sie ihn mit beiden Händen zurück. » Du bist ein Schuft, Söldner! «
Noans Augen funkelten vor Wut. » Soll ich dich zum Duell fordern, Tahan? «
» Bitte, tut das « , sagte Tahan. Er lachte. Plötzlich war sein Herz leicht, war die Zukunft golden. » Ihr wisst genau, wer als Sieger daraus hervorgehen würde. «
Er lieà die beiden stehen. Sollten sie sich streiten. Sollten sie darüber verzweifeln, dass sie nicht wussten, was sie tun sollten. Noan war immer noch der Spross des Fürsten von Garlawin, Siljalinion der vierten Truppe, ein Adliger auf der Silja-Stufe aus den Sechzehn Hohen Häusern, und Jalimey immer noch eine Leibeigene, gehörig der Grafschaft Birin. Noan hätte sich darüber hinwegsetzen, hätte sie längst zu seiner Geliebten machen können auf dieser langen Reise. Sehr unwahrscheinlich, dass er sich ausgerechnet jetzt dazu entschloss.
Dieser dumme Knabe.
25
M it Ree unterwegs zu sein war anders als alles, was Tahan in den vergangenen Jahren erlebt hatte. Keine Befehle, keine unterschwellige Feindschaft, keine Verachtung. Auf ihrem winterlichen
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