Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht
Autoren: Maja Winter
Vom Netzwerk:
Wurzeln aus der Erde, griffen nach den Pferden, fingen vor ihren Augen Vögel aus der Luft, zogen Rehe in den Abgrund oder ganze Hirsche, die mit Schaum vor dem Maul um ihr Leben kämpften. Ralnir trieb die Gruppe zu Eile an, schonte die Pferde nicht, gönnte ihnen kaum Ruhe zum Essen oder Schlafen. Für den steilen Pfad hinauf zur Burgfeste hätten sie Bergpferde gebraucht, doch nicht einmal das konnte den Meister aufhalten. Er sprach einen Bann über die Hufe ihrer Reittiere aus, woraufhin sie die steinige Bergflanke erklommen wie Ziegen.
    Endlich erreichten sie die Burg, bei deren Anblick sich Noans Gesicht noch mehr verdüsterte.
    Das Rauschen des Wasserfalls dämpfte alle übrigen Geräusche, die Gischt nahm ihnen die Sicht, doch sobald sie den schmalen Felsgrat überquert hatten, stockte ihnen der Atem, und jede Freude über ihr schnelles Vorwärtskommen löste sich in nichts auf.
    Die jahrhundertealte Burg der Garlawins existierte nicht mehr. Der halbe Berg war auseinandergebrochen, eine Lawine aus Felsbrocken hatte keinen Stein auf dem anderen gelassen. Sie stiegen von den Pferden und suchten sich einen Weg über die eingestürzten Mauern. Da war kein Garten mehr und auch kein Teich. Alles ruhte unter einer dicken Schicht aus Geröll.
    Noan setzte sich auf eine glatte Fläche, die einmal ein Fenstersims gewesen sein mochte, und verbarg das Gesicht in den Händen. Tahan nahm neben ihm Platz. Ihm fehlten die Worte.
    Â» Die Brüder haben mir gesagt, wir Garlawins hätten den Gesetzen der Vier mehr Folge geleistet als alle anderen. Die Götter haben uns das schlecht vergolten. Nichts ist mehr übrig! «
    Tahan hielt den Schmerz nicht mehr aus. Er wanderte über die Steine. Es war gefährlich, jederzeit konnte ein weiterer Steinschlag niedergehen, aber in Gedanken war er nicht beim Tod. Er bückte sich und griff nach einem hauchdünnen Faden, der sich über eine Gesteinsplatte schlängelte. Wilder Wein, der die Burg bewachsen, sie im Herbst in glühende Farben getaucht hatte?
    Im letzten Moment erkannte er eine vertrocknete Wurzel. Sie zuckte zwischen seinen Fingern wie eine Schlange, und mit einem Aufschrei ließ er sie los. Überall krochen schwarze Würmer aus den Spalten– nein, keine Würmer, Wurzeln. Der Geruch von Banoa wallte auf.
    Blutrausch.
    Da wusste er, was hier geschehen war.
    Tahan sprang über die Steine zurück zu den anderen. » Weg hier! Rasch! Über die Steinbrücke, schnell! «
    Sein Entsetzen schreckte die anderen auf. Ohne Fragen zu stellen kletterten sie zurück zu den Pferden. Schwarze Wurzeln wuchsen ihnen nach, verzweigten sich, rieben wie die feinen Schuppen von Schlangen über die Steine, wisperten, züngelten. Noan stürzte, als sich eine Wurzel um seine Hüfte schlang.
    Â» Nein! « , schrie er. » Nein, du bist nicht so! Ich kenne dich, Baum. Du bist nicht so! «
    Er packte die Wurzel und riss sie mit einem Ruck von sich los. Ralnir stolperte, stieß sich die Stirn. Tahan packte ihn am Arm, zog ihn mit sich. Berias hüpfte wie ein junger Steinbock über die Spalten. Da waren schon die Pferde, unruhig wichen sie vor den Ausläufern des Baumes zurück und flohen nur zu bereitwillig über die Schlucht.
    Noan wandte sich noch einmal um. » Das ist falsch! « , schrie er. » Das ist alles falsch! «
    Â» Fürst Garlawin… « , begann Ralnir vorsichtig.
    Â» Nennt mich nicht so! « , rief Noan. » Garlawin? Es gibt kein Garlawin mehr. Keine Quelle der Gerechtigkeit. Der Baum ist verdorben, durch und durch! Warum hat er das getan? Ich habe von ihm geträumt. Er kam zu mir in dunklen Nächten und hat mit mir geflüstert. Ich wollte mein Leben für ihn geben! «
    Â» Brauchst du darauf wirklich eine Antwort? « , fragte Tahan. » Das ist Dasnarees Werk. Offensichtlich muss er nicht einmal anwesend sein, wenn er dem Baum befiehlt, seinen Zorn auszuleben. Ganz Terajalas ist durchwurzelt, das wussten wir. Mit der Macht von Berg und Turm hat er den Berg zum Einsturz gebracht und die Quelle verschüttet. «
    Ralnir fuhr herum. » Woher wisst Ihr denn von der Quelle? Habt Ihr ihm das etwa erzählt, Fürst Garlawin? «
    Â» Ich hab überhaupt nicht mit ihm gesprochen! « , rief Noan zornig.
    Â» Ihr habt Euch vor einer zerbrochenen Fensterscheibe unterhalten « , sagte Tahan trocken.
    Jalimey. Jalimey hatte es gehört, in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher