Die Saeulen der Macht
Doch gerade als er die Hand danach ausstrecken wollte, platzte sein junger Vetter wieder ins Zimmer.
» Hier! Für dich. « Er hielt Tahan einen Becher entgegen, aus dem ein vertrauter Geruch aufstieg.
» Banoa? Ich dachte, es gibt keins mehr. «
» Ich habe ein wenig davon aufbewahrt « , bekannte der Junge. Seine Augen leuchteten. » Du sagst doch immer, damit kann man besser denken. Ich wette, du musstest noch nie so klar denken können wie jetzt! «
Der Prinz blickte auf die trübe Oberfläche des Schwarzen Wassers und zögerte, während bereits der bittere Ascheduft aus dem Becher aufstieg. Nachtdunkel, bitterdunkel. Leichter Ekel überkam ihn, und einen kurzen Augenblick langâ einen Wimpernschlag höchstensâ war er versucht, das Gebräu einfach auszuschütten. Aber die Verlockung war zu groÃ. Sein vom Banoamangel ausgetrockneter Mund begann zu brennen, sein Magen rebellierte und schrie vor Verlangen, ein Prickeln lief ihm über die Haut.
» Ich hoffe, es hilft dir « , sagte der Junge. » Ich hoffe, du triffst die richtige Entscheidung. An deiner Stelle würde ich mich lieber entschuldigen, als in die Schlacht zu ziehen. Trink, und du wirst wissen, was du tun musst, mit aller Klarheit. «
Er hatte nicht zu viel versprochen, genau so war es. Alle Gefahren schrumpften zu unbedeutenden Ãrgernissen zusammen. Die Welt begann zu glänzen, wurde durchsichtig und durchschaubar, alle Rätsel lösten sich auf, alle Fragen gebaren Antworten.
Tahan schluckte den bitteren Geschmack hinunter. » Sieht ganz so aus, als würde ich demnächst der gröÃte Held von Terajalas. «
» Das wirst du « , sagte Dasnaree und seufzte leise. » Und ich werde dankbar dafür sein, dich zu kennen. «
Der Morgen begann mit einem brennenden Schmerz. Tahan versuchte die Augen zu öffnen, doch das Licht sandte glühende Blitze durch seine Lider und versenkte mit Widerhaken versehene Pfeile in seinem Kopf.
» Wasser « , krächzte er. » Biduja. «
» Wir haben keine Biduja-Blätter mehr, Königliche Hoheit « , sagte Lish. » Ihr habt bereits alles verbraucht. «
Tahan wollte ihn treten, aber er konnte nicht richtig sehen. Mit tränenden Augen stolperte er durchs Zimmer. Es regnete immer noch, er hörte die Tropfen gegen die dicken Scheiben trommeln. Warum kam es ihm dann nur so hell vor? Er fühlte sich wie nach zwei Krügen Banoa, dabei wusste er genau, dass es nur ein paar Schlucke gewesen waren. Mühsam krallte er sich an Lishs Schulter fest, während die Welt um ihn herum schwankte und einzustürzen drohte.
» Was ist mit mir passiert? « Seine Zunge war so geschwollen, dass er kaum sprechen konnte, die Wörter schienen mit spitzen Dornen versehen.
» Sklave « , erklang von irgendwoher Dasnarees Stimme. » Hilf ihm, sich anzukleiden, und bring ihn in den Hof. «
» Das sind nicht die Kleidungsstücke des Prinzen, Herr « , entgegnete Lish.
» Ich weià « , sagte Dasnaree. » Natürlich weià ich das, genau deshalb habe ich sie ja ausgesucht. Sie gehören einem der Wächter, der die Arbeiter in der Glashütte überwacht. Zieh dich an, lieber Vetter, dein Pferd wartet. «
Tahan blinzelte und rieb sich die tränenden Augen. Die Schmerzen waren so stark, dass er sich kaum auf den Beinen halten konnte.
Dasnaree schlug ihm auf die Schulter. » Es ist später Vormittag. Ich weià nicht, wo es herkommt, aber mitten im Hof steht ein fremdes Pferd, das gewiss für dich bestimmt ist. Hast du den Fluch schon vergessen, Tahan? Die Zeit ist vorbei, in der du bis mittags im Bett liegen bleiben kannst. Du musst ein Kriegsheld sein. Sobald du die ersten Schritte dafür tust, geht es dir bestimmt besser. «
Das klang sinnvoll, auch wenn Tahan kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Er merkte nur, dass die Kleidungsstücke, die Lish ihm überstreifen wollte, fremdartig rochen, dass sie farblos und schäbig waren, und versuchte sich zu wehren. Doch bei jeder Bewegung schlug der Schmerz zu.
» Bitte verzeiht, Königliche Hoheit « , murmelte Lish vor sich hin, bis Dasnaree ihn unterbrach.
» Du tust ihm keinen Gefallen, wenn du seinen Titel benutzt, Sklave. Es wird leichter für ihn, wenn er sein bisheriges Leben loslässt. Ihm stehen groÃartige Dinge bevor. «
Gemeinsam kleideten sie ihn an. Auch um die unzähligen
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