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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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Mal ein solch heftiger Schmerz, dass er sein Vorhaben sogleich bereute. Trotzdem gab er nicht so schnell auf. Obwohl dem Prinzen die Aussicht, ein größerer Held zu werden als sein Onkel Meriwan, nach wie vor gut gefiel, störte es ihn sehr, seines eigenen Willens beraubt zu sein. Krampfhaft hielt er sich an der Mähne fest, während er dem störrischen Vieh die Fersen in die Seiten rammte.
    Â» Lauf schon! Na los, lauf! «
    Der Schmerz kam wie ein Sturmgewitter über ihn.
    Als Nächstes erwachte Tahan auf dem Boden. Nasses Gras hatte seine Kleidung komplett durchweicht, und sein geschundener Körper fühlte sich so empfindlich an wie nach zu viel Banoa. Er spürte jede Unebenheit der Erde, jeden kleinen Stein, jede Wurzel. Das rote Pferd graste gemächlich in der Nähe; als er leise ächzte, hob es den Kopf, musterte ihn kühl und fraß unverdrossen weiter.
    Sterne tanzten vor seinen Augen, während er sich mühsam aufrichtete. Der Fluch war kein Traum, keine Einbildung, kein Schreckensbild, sondern eine Verheißung.
    Er hatte gewählt.
    Als er auf der Straße zwei Gestalten sah, noch zu weit entfernt, um sie genau erkennen zu können, fragte er sich unwillkürlich, was er tun würde, wenn es die beiden Mönche waren. Würde er sie bitten, ihn zu erlösen? Wollte er zurück in die öde, kalte Burg, zu seinem langweiligen Vetter Dasnaree und dessen kaum weniger langweiligen Freunden?
    Jedenfalls sollten sie ihn nicht krank und gebeugt sehen. Er straffte sich, zwang seinen wunden Körper, aufrecht und stolz dazustehen, und blickte den beiden Wanderern entgegen.
    Mönche waren es nicht. Einfaches Volk, der Kleidung nach, die Haare zu halb aufgelösten Leibeigenenzöpfen geflochten. Sie sahen rau und schmutzig aus, trotzdem beneidete Tahan sie unwillkürlich, denn über ihren geflickten Hemden trugen sie lange, mit Schafsfett eingeriebene Mäntel, von denen das Wasser abperlte.
    Â» Oh, ein feiner Herr « , sagte der eine, dessen stoppelige Wangen rötlich schimmerten. » Wie ist denn Euer Name? Ihr müsst ein Graf sein. Was für prächtige Haare. «
    Â» Mindestens ein Fürst. Hast du das königliche Pferd gesehen? «
    Tahan verengte die Augen. Sie verspotteten ihn? Er öffnete den Mund, um ihnen zu sagen, mit wem sie es zu tun hatten, um sie das Fürchten zu lehren, aber er brachte nur mühsam » Ta…Tah… « heraus. Sobald er seinen vollständigen Namen oder gar seinen Titel aussprechen wollte, war dieser wie eine stachelige Frucht in seinem Mund und hakte sich schmerzhaft fest.
    Den beiden Kerlen entging sein Stammeln nicht.
    Â» Oh, Fürst Stotterer! Es ist uns eine Ehre! « Sie verbeugten sich.
    Dann griff der eine nach Tahans Reisebeutel, und der andere zückte plötzlich ein Schwert, das er am Rücken getragen hatte, einen Beidhänder, lang wie das Bein eines Mannes. Die Klinge war schartig und voller Kerben, als hätte er mehr als einmal versucht, damit Holz zu hacken.
    Â» Kein Leibeigener darf ein Schwert besitzen « , sagte Tahan scharf. » Es sei denn, er ist Soldat. Gib es mir. «
    Â» Der edle Herr erteilt mir Befehle, ist das die Möglichkeit? Nimm den Beutel und das Pferd und lass uns verschwinden. «
    Sie dachten, sie hätten leichtes Spiel mit dem Mann, der offensichtlich angeschlagen war, unbewaffnet und womöglich verwirrt im Kopf.
    Obwohl all das an diesem heutigen Tag auf ihn zutraf, war er immer noch Prinz Tahan Dor Ilan, Schüler des königlichen Schwertmeisters, und er wusste, dass Schnelligkeit und Entschlossenheit wichtiger waren als jede Waffe.
    Er zerrte dem Dieb seinen Beutel aus der Hand und schleuderte ihn dem Bewaffneten ins Gesicht. Der kurze Augenblick, in dem dieser abgelenkt war, genügte dem Prinzen, um ihm aufs Handgelenk zu schlagen und das Schwert an sich zu reißen. Sobald seine Finger sich um den Griff schlossen, begann es zu singen.
    Er konnte es hören, ein Lied ohne Worte, wie etwas, das in seinem Blut geschah, nicht in seinen Ohren. Ein Brausen, ein Sturm, ein wilder Gesang. Funken züngelten über die Klinge, dann versank die Welt in Feuer. Das Letzte, was Tahan sah, war das Pferd, das wie das Ross eines Gottes neben ihm erstrahlte, rot wie ein Sonnenuntergang, ein Wesen aus Flammen, unter dessen Hufen ein Schrei verstummte.

5
    A ls alles vorbei war, nahm Tahan den Mantel, der streng nach Schaf roch, und legte

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