Die Säulen der Schöpfung - 13
Freiheit zu.
In den Bergen herrschten grausame Witterungsbedingungen. Mehrere Tage lang waren sie gezwungen, zu Fuß zu gehen, um ihre bedauernswerten Pferde nicht umzubringen. Rusty und Pete litten Hunger und die dichte Schneedecke machte die Suche nach Grünfutter zu einem äußerst schwierigen Unterfangen. Ihr dichtes Winterfell begann räudig zu werden, und sie waren geschwächt, aber wenigstens nach wie vor gesund. Das Gleiche ließ sich von ihr und Sebastian sagen.
Als die dichte Wolkendecke sich eines späten Nachmittags unheilvoll verdunkelte und leichter Schneefall einsetzte, stießen sie glücklicherweise auf ein kleines Dorf. Dort übernachteten sie und stellten die Pferde in einem winzigen Stall unter, wo sie anständigen Hafer und sauberes Stroh bekamen, denn ein Gasthaus gab es im Ort nicht. Für ein paar Kupferpfennige ließ man Sebastian und Jennsen auf dem Heuboden schlafen. Nach dem langen Aufenthalt unter freiem Himmel kam er Jennsen vor wie ein Palast.
Der Morgen bescherte ihnen ein Unwetter mit Wind und Schneetreiben, schlimmer noch, der Schnee war durchsetzt mit schwerem, nassem Graupel, der in stürmischen Böen herangeweht wurde. Unter diesen Umständen wäre die Weiterreise nicht nur beschwerlich, sondern geradezu gefährlich gewesen. Vor allem für die Pferde war sie froh, daß sie dadurch einen weiteren Tag und eine Nacht im Stall festgehalten wurden. Während die Pferde fraßen und sich ausruhten, erzählten Sebastian und Jennsen sich Geschichten aus ihrer Kinderzeit. Mit Entzücken sah sie das Funkeln in seinen Augen, wenn er ihr von seinen Mißgeschicken beim Fischen berichtete. Der nächste Tag dämmerte bei klarem Himmel, wenn auch mit starkem Wind herauf. Trotzdem wagten sie nicht, länger zu bleiben.
Sie wählten eine über Straßen oder Pfade führende Route, da nur sehr vereinzelt Menschen unterwegs waren. Sebastian war stets auf der Hut, insgeheim jedoch zuversichtlich, daß sie trotz allem sicher waren. Jetzt, da das Messer an ihrem Gürtel ihr ein allgegenwärtiges Gefühl von Sicherheit gab, fand auch Jennsen es besser, das Wagnis der Straßen und Pfade einzugehen, statt sich querfeldein durchzuschlagen, über abgelegenes und unbekanntes, unter einer dichten Schneedecke verborgenes Gelände. Querfeldein zu reisen war immer schwierig, manchmal sogar gefährlich, und in Anbetracht der schier unüberwindbaren Barriere aus hochaufragenden Bergen ringsumher oftmals vollkommen unmöglich. Der Winter erschwerte diese Art des Reisens zusätzlich, indem er die unter dem Schnee lauernden Gefahren überdeckte. Sollten sie es unsinnigerweise trotzdem versuchen, mußten sie befürchten, daß sich eines ihrer Pferde ein Bein brach.
An jenem Abend – Jennsen hatte gerade mit dem Bau eines Unterschlupfs aus einem Dutzend lose ineinander verflochtener junger Bäume und darüber gelegter Fichtenzweige begonnen – kam Sebastian vor Anstrengung keuchend in ihr Lager zurückgestolpert. Seine Hände waren blutverschmiert.
»Ein Soldat«, japste er, nach Atem ringend.
Jennsen wußte sofort, welche Art Soldat er meinte. »Aber wie ist es
möglich, daß jemand uns gefolgt ist? Wie?«
Sie reagierte so hemmungslos wütend, bestürmte ihn derart mit ihren Fragen, daß Sebastian peinlich berührt den Blick abwandte. »Die mit der Gabe Gesegneten des Lord Rahl sind uns auf den Fersen.« Er atmete einmal tief durch. »Vergeßt nicht, Zauberer Nathan Rahl hat Euch im Palast gesehen.«
Das ergab keinen Sinn. Für die mit der Gabe Gesegneten war sie eine Lücke in der Welt; wie konnten diese Leute sie dann verfolgen?
Er bemerkte den zweifelnden Ausdruck auf ihrem Gesicht. »Es ist nicht sonderlich schwer, Spuren im Schnee zu verfolgen.«
Der Schnee, natürlich. Nickend gab sie sich geschlagen, während ihre Wut in Angst umschlug. »Gehört er einem der Quadronen an?«
»Ich bin nicht sicher. Auf jeden Fall war es ein d’Haranischer Soldat; er hat sich plötzlich wie aus dem Nichts auf mich geworfen. Ich mußte um mein Leben kämpfen und habe ihn schließlich getötet, trotzdem müssen wir augenblicklich von hier verschwinden, falls noch andere in der Nähe sein sollten.«
Sie war zu verängstigt, um irgendwelche Einwände vorzubringen. Die Vorstellung, daß Soldaten sich aus dem Dunkel auf sie stürzen konnten, verlieh ihren Bewegungen beim Satteln der Pferde eine ungeheure Schnelligkeit. Im nu waren sie aufgesessen und flogen, solange es noch hell genug war, um etwas zu erkennen, in rasendem
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