Die Säulen der Schöpfung - 13
fürchterlichen Zauberfeuers, beschwor ihn mit seinen Händen, zu wachsen und sich auszudehnen. Und wieder schleuderte er ihn mit gestreckten Händen nach vorn. Der tosende, wallende Feuerball kam heulend auf sie zugeschossen, schwoll im Näherkommen an, ließ im Vorüberfliegen erneut die Wände aufleuchten, bis der brennende Tod schließlich von einer Wand zur anderen, vorn Boden bis zur Decke reichte und keinen Platz mehr ließ, um sich zu verstecken.
Während der Tod Jennsen und Kaiser Jagang unter gewaltigem Höllenlärm zu ereilen drohte, machte Lord Rahl Anstalten, sich zu entfernen und sie ihrem Schicksal zu überlassen.
49. Kapitel
Diese Waffe war nur zu einem einzigen Zweck erschaffen worden, um zu töten. Dies war todbringende Magie, die Magie des Lord Rahl.
Und diesmal gab es keine Schwester des Lichts, die sich ihr in den Weg geworfen hätte.
Die Magie des Lord Rahl: Sie existierte, und gleichzeitig auch wieder nicht.
Im letzten Augenblick vor dem unvermeidlichen Zusammenprall wußte Jennsen plötzlich, was sie zu tun hatte, Sie warf sich über Kaiser Jagang. Bevor der Feuerball sie erfaßte, deckte sie ihn im Winkel zwischen Fußboden und Wand mit ihrem Körper ab und beschützte ihn wie ein kleines Kind.
Selbst bei fest geschlossenen Lidern konnte sie das gleißend helle Licht wahrnehmen. Ringsherum hörte sie nichts als das schreckliche Geheul der sie umtosenden Flammen.
Und doch spürte Jennsen nichts.
Sie hörte, wie der Feuerball über sie hinwegbrauste und unter gewaltigem Getöse durch den Gang raste – und riskierte einen Blick. Die glühende Feuerkugel schoß am Ende des Flures mit explosionsartigem Krachen durch eine Mauer, zerfiel zu einem flüssigen Flammenregen und ließ einen Hagel aus glimmenden Holzsplittern auf die tief unten gelegene Rasenfläche niedergehen.
Ohne die Wand war es im Flur erheblich heller. Jennsen stützte sich auf.
»Kaiser Jagang – lebt Ihr noch?«, erkundigte sie sich zaghaft.
»Das habe ich Euch zu verdanken …« Er klang verdutzt. »Was habt Ihr nur getan? Wie ist es möglich, daß Ihr nicht…«
»Still«, zischte sie mit Nachdruck. »Bleibt unten, sonst sieht er Euch womöglich noch.«
Sie durfte keine Zeit verlieren, diesem Geschehen mußte endlich ein Ende gemacht werden. Jennsen sprang auf und lief, ihr Messer in der Hand, los, den Gang hinunter. Jetzt endlich konnte sie den Mann im trüben Licht am Ende des Korridors erkennen. Er war stehen geblieben, hatte sich umgedreht und starrte sie verwundert an. Noch während sie auf ihn zuraste, wurde ihr klar, daß dies unmöglich ihr Halbbruder sein konnte. Dieser Mann war alt, kaum mehr als ein Knochengerippe in einem dunklen kastanienbraunen und schwarzen Gewand mit silbernem Besatz an den Ärmelaufschlägen. Sein welliges, weißes Haar stand ihm in wilder Unordnung vom Kopf ab, was seiner Ausstrahlung von Autorität jedoch absolut keinen Abbruch tat.
Dennoch machte er ein schockiertes Gesicht, als er sie auf ihn zurennen sah, so als könnte er kaum glauben, als wäre es ihm völlig unbegreiflich, daß sie sein Zauberfeuer unversehrt überstanden hatte. Sie war für ihn eine Lücke in der Welt. Deutlich konnte sie sehen, wie diese Erkenntnis allmählich in seinen haselbraunen Augen aufleuchtete.
Trotz seines freundlichen Äußeren hatte dieser Mann unzählige Menschen getötet. Dieser Mann handelte auf Anordnung des Lord Rahl, er war ein Zauberer, ein Ungeheuer in Menschengestalt. Sie mußte ihm Einhalt gebieten.
Jennsen hob ihr Messer. Beim Vorwärtsstürmen hörte sie sich einen wütenden Schrei ausstoßen, ganz ähnlich den Schlachtrufen, die sie bei den Soldaten gehört hatte. Jetzt begriff sie, welche Bewandtnis es mit diesen Schreien hatte. Sie wollte sein Blut.
»Nicht …«, rief ihr der alte Mann entgegen. »Du weißt doch überhaupt nicht, was du tust. Für so was haben wir jetzt wirklich keine Zeit! Bleib stehen! Ich kann meine Zeit nicht vertrödeln! Laß mich doch …«
Kurz bevor sie ihn erreichte, streckte er ihr eine Hand entgegen, wenn auch niedriger als vorher; diesmal schossen keine Flammen daraus hervor.
Was immer er tat, bewirkte, daß die Trümmer unter ihren Füßen plötzlich in Bewegung gerieten, so als hätte er dem gesamten Flur einen mächtigen Stoß versetzt. Bevor sie sich mit einem Sprung in Sicherheit bringen konnte, blieb sie mit einem Fuß in den Trümmern hängen und landete krachend auf dem Boden. Sie schlug hart mit dem Gesicht auf und hätte um ein Haar
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