Die Säulen der Schöpfung - 13
verziert mit uralten Symbolen, die sich auf einem breiten, goldenen Streifen ganz um den eckig zugeschnittenen Saum schlängelten. Ein breiter Ledergürtel mit an beiden Seiten angebrachten Ledertaschen raffte den Waffenrock an der Taille. Die kleinen, goldbesetzten Taschen am Gürtel wiesen silberne Embleme aus ineinander verketteten Ringen auf, die denen auf den breiten, ledergepolsterten silbernen Armreifen an jedem Handgelenk entsprachen. Hosen und Stiefel waren schwarz; als Kontrast dazu lag ein scheinbar ganz aus Gold gewebtes Cape um seine breiten Schultern.
Außer dem Messer an seinem Gürtel trug er keine Waffe, aber die brauchte er auch nicht, um als Verkörperung drohender Gefahr zu wirken.
Ein einziger Blick in seine grauen Augen genügte, um Jennsen augenblicklich und unwiderruflich die Gewißheit zu geben, daß sie die Raubvogelaugen Richard Rahls vor sich hatte.
Es war, als legte sich die Angst wie eine Hand um ihr Herz und drückte zu. Jennsen zog ihr Messer und hielt es so fest umklammert, daß sich ihre Knöchel um das Heft weiß verfärbten. Sie spürte deutlich, wie das kunstvoll ziselierte »R« ihr jetzt, da Lord Rahl leibhaftig vor ihr stand, in Handfläche und Finger schnitt.
Sebastian fuhr herum, erblickte ihn ebenfalls und stellte sich eilig hinter Jennsen.
Diese stand, von ihren widerstrebenden Gefühlen hin und her gerissen, wie erstarrt vor ihrem Bruder.
»Jenn«, raunte ihr Sebastian von hinten zu, »sei unbesorgt. Du kannst es tun. Deine Mutter beobachtet dich; laß sie jetzt nicht im Stich.«
Richard Rahl maß sie mit forschendem Blick; Sebastian oder gar die noch weiter hinten wartende Schwester Perdita schien er überhaupt nicht wahrzunehmen. Jennsen, ebenfalls blind für die beiden anderen, starrte ihren Bruder an.
»Wo ist Kahlan?«, brach Richard schließlich das Schweigen.
Seine Stimme war völlig anders, als sie erwartet hatte. Sie war gebieterisch, gewiß, aber gleichzeitig noch sehr viel mehr; eine Vielzahl von Gefühlen schwang darin mit, angefangen bei kalter Wut, über unerschütterliche Entschlossenheit bis hin zu Verzweiflung. Dieselbe unverfälschte und grausame Entschlossenheit spiegelte sich in seinen Augen wider.
Jennsen konnte den Blick nicht von ihm lassen. »Wer ist Kahlan?«
»Die Mutter Konfessor. Meine Gemahlin.«
Jennsen war unfähig, sich zu bewegen, so sehr zerriß sie innerlich, was sie sah und hörte. Dies war kein Mann auf der Suche nach einer Kohorte von Ungeheuern, nach einer unbarmherzigen Mutter Konfessor, die die Midlands mit eiserner Faust und ebensolchem Willen beherrschte. Was diesen Mann antrieb, war die Liebe, die er für diese Frau empfand. Jennsen konnte deutlich sehen, daß für ihn kaum etwas anderes zählte. Falls sie den Weg nicht freigäben, würde er durch sie ebenso hindurchgehen wie durch die tausend Reiter. So einfach war das.
Nur war Jennsen, im Gegensatz zu diesen Reitern, unbesiegbar.
»Wo ist Kahlan?«, wiederholte Richard.
»Ihr habt meine Mutter umgebracht«, sagte Jennsen; es klang fast wie eine Rechtfertigung.
Ein Zucken ging über seine Stirn, er schien ehrlich verwirrt. »Ich habe erst kürzlich erfahren, daß ich eine Schwester habe. Friedrich Gilder hat es mir erzählt, und daß dein Name Jennsen ist.«
Jennsen merkte, daß sie nickte, unfähig, ihren Blick von seinen Augen zu lösen, in denen sie ihre eigenen wiedererkannte.
»Töte ihn, Jenn!«, bedrängte Sebastian sie, ihr betörend ins Ohr flüsternd. »Töte ihn! Du kannst es. Seine Magie kann dir nichts anhaben! So mach schon.«
Jennsen fühlte, wie ein kribbelndes Angstgefühl langsam ihre Beine heraufkroch. Irgend etwas war hier verkehrt. Die Hand fest um das Messer geschlossen, nahm sie ihren ganzen Mut zusammen, als die Stimme ihren Kopf füllte, bis dort kein Raum mehr für irgendeinen anderen Gedanken war.
»Mein Leben lang hat der jeweilige Lord Rahl versucht, mich zu töten. Nach dem Mord an Eurem Vater habt Ihr seinen Platz eingenommen. Ihr habt Soldaten auf mich angesetzt und mich gehetzt, genau wie Euer Vater. Ihr habt uns die Quadronen geschickt. Ihr Bastard habt die Soldaten geschickt, die meine Mutter ermordet haben!«
Richard hörte ihr erst widerspruchslos zu, dann antwortete er mit ruhiger überlegter Stimme, »Lege keinen Mantel der Schuld um meine Schultern, weil andere böse sind.«
Jennsen erschrak, als ihr bewußt wurde, daß ihre Mutter in der Nacht vor ihrem Tod fast genau dasselbe gesagt hatte. »Lege nie einen Mantel
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