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Die Säulen der Schöpfung - 13

Die Säulen der Schöpfung - 13

Titel: Die Säulen der Schöpfung - 13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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Felsvorsprüngen aus in den Himmel ragten. Sie merkte, daß sie manche der oberen Zweige irrtümlicherweise für Stämme gehalten hatte. Jennsen hatte noch nie so mächtige Bäume gesehen, fast wäre ihre Angst ehrfürchtiger Scheu gewichen. In der Ferne sah sie Nester, ungewöhnlich große, mit daunenweichem Moos und Flechten ausgepolsterte Zusammenballungen aus Zweigen und Halmen, in den hohen Gabelungen der Äste sitzen. Falls diese Nester bewohnt waren, so vermochte sie zumindest nicht zu erkennen, welche Vogelgattung im Stande gewesen wäre, derart eindrucksvolle Horste zu bauen, vermutete aber daß es Raubvögel sein mußten.
    Als sie sich bückte, um sich unter einem dichten Gestrüpp aus bis knapp über die schmälste Stelle des Grats herabhängenden Zweigen hindurchzuzwängen, tat sich plötzlich der Ausblick auf ein weites, unter dem dichten Blattwerk des oberen Laubdachs versteckt liegendes Gebiet auf. Es war als läge hier eine vollkommen neue Welt verborgen, in die noch kein Mensch seinen Fuß gesetzt hatte. Gedämpftes Licht wagte sich nur zögernd bis hierhin vor. Da und dort hingen Lianen aus dem dunkel wuchernden Grün weiter oben herab. Vögel schwebten lautlos durch diese höhlenähnliche, nur von trübem Licht erhellte Welt. Von fern vernahm sie den Ruf eines ihr völlig unbekannten Tieres; aus einer anderen Richtung erfolgte von weit her eine Antwort.
    So urtümlich und Unheil verkündend dieser Ort auf sie wirkte – auf rätselhafte Weise fand sie ihn auch schön.
    In mancherlei Hinsicht erinnerte das Sumpfgebiet sie an so vieles in D’Hara – rätselhaft, bedrohlich und gefährlich, war es gleichzeitig auf geradezu schmerzliche Weise schön.
    Rings um sie her klammerten sich die Bäume mit krallengleichen Wurzeln in den felsigen Steilhang, so als mußten sie befürchten, zu dem, was immer dort unten lauern mochte, in die Tiefe hinabgerissen zu werden. Ein sehr alter Baum lag, wie mit seiner Umgebung verschmolzen, quer über ihrem Weg; das Holz fühlte sich beim Drauftreten schwammig an und wimmelte nur so von Insekten.
    Oben aus dem Gezweig beobachtete sie eine Eule, während sie sich mühsam immer weiter nach unten arbeitete. Ameisen marschierten über den Boden, ihre Schätze in winzigen Brocken aus dem feuchten Wald abtransportierend. Kakerlaken, riesig, hart und glänzend braun, huschten über das herabgefallene Laub.
    Jennsen hatte ihr ganzes Leben im Wald verbracht und dort alles gesehen, von riesengroßen Bären bis hin zu neugeborenen Kitzen, von Vögeln bis zu Käfern, von Fledermäusen bis zu Wassermolchen. Es gab Tiere, die ihr Angst machten, Schlangen zum Beispiel oder Bärenmütter mit Jungen, aber mit Tieren kannte sie sich gut aus. Die meisten fürchteten die Menschen und wollten nur in Ruhe gelassen werden, deshalb hatte sie auch keine Angst vor ihnen. Sie wußte aber nicht, welche verhexten Tiere die niederen Gefilde rund um das Versteck dieser Hexenmeisterin durchstreifen mochten, Lebewesen, die sich wahrscheinlich vor nichts und niemandem fürchteten.
    Sie sah fette Spinnen, schwarz und behaart, die sich, mit ihren Beinen gemächlich die feuchtwarme Luft durchharkend, geschmeidig an irgendwo weiter oben befestigten Fäden herunterließen, um in den wuchernden Farngestrüppen zu verschwinden. Trotz der feuchten Wärme hatte Jennsen, um sich besser vor Spinnen und ähnlichem Getier zu schützen, ihren Umhang fest um den Körper gerafft und ihre Kapuze über den Kopf gezogen.
    Ein Spinnenbiß konnte ebenso tödlich sein wie der eines anderen Tieres – und tot war tot, die Ursache spielte keine Rolle. Der Hüter würde einem keinerlei Sonderrecht einräumen, nur weil das tödliche Gift von einem kleinen, scheinbar unbedeutenden Tierchen stammte. Der Hüter der Toten hüllte jeden in ewige Finsternis, der sein Reich betrat – aus welchem Grund auch immer.
    So heimisch Jennsen sich draußen in freier Natur fühlte und so berückend schön das Sumpfgebiet war – dieser Ort ließ sie die Augen stets weit offen halten und ihr Herz schneller schlagen. Jede Ranke und jedes Büschel Grün kam ihr in irgendeiner Weise bedrohlich vor, und mehr als einmal fuhr sie erschrocken zusammen. Der ganze Ort verströmte ein Gefühl von überall lauerndem Tod.
    Schließlich endete der Felsgrat, ihr einziger Weg nach unten, vor ihren Augen in einem seichten, stinkenden und morastigen, von einem Geflecht aus kreuz und quer wuchernden Wurzeln durchzogenen Tümpel. Fast schien es, als fürchteten

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