Die Säulen des Feuers
das Peres-Haus folgte, wie man eine Nekromantin töten konnte. Wenn Strat nicht wirklich lebendig herauskam, würde er es herausfinden. Vielleicht wüßte Randal es – falls Randal je wieder fähig sein würde, mehr als nur zu schlucken, wenn man ihm einen Löffel Haferschleim in den Mund rinnen ließ.
Man hatte Crit gesagt, daß es ein paar Minuten lang so ausgesehen hatte, als hätten Randal und Niko ihren Kampf gegen Roxane und den Dämon in guter Verfassung überstanden.
Aber der menschliche Körper – selbst der eines Magiers und der eines bandaranischen Adepten – konnte nur ein bestimmtes Maß aushalten. Die beiden lebten; sie würden am Leben bleiben; doch ob sie je wieder so gesund munter und so klug sein würden, wie sie es zuvor gewesen waren, mußte sich erst erweisen.
Als sie um eine verbrannte Mauer herumkamen, sank die Hitze merklich, und Crit konnte die Augen wieder richtig öffnen und den Kopf heben.
Das Geistpferd war noch direkt vor ihm. Es hielt sogar an, als Crit stehenblieb.
Als er ein linnenes Tuch nahm und Wasser aus dem Beutel an seinem Gürtel daraufgoß, verrenkte sich das Geisttier schier den Hals, um mit gespitzten Ohren zu ihm zurückzublicken, als wolle es ihn fragen, was er da machte.
Was er machte, konnte jeder erraten, aber er hatte nicht vor, es dem Geistpferd zu erklären. Der Braune war immer noch ein Brauner: er hatte braune Mähne und braunen Schweif, ein Fell von etwas hellerem Braun, das jetzt rötlich und flackernd aussah, da der Feuerschein darauffiel und seine eigenen Muster zeichnete; und es sah hier stofflicher aus als vor der Fassade, wo das Feuer greller war.
Da scharrte es mit den Vorderhuf und blickte ihn mit treuen Pferdeaugen an.
Der auffordernde Blick und der scharrende Huf waren für jeden Reiter unverkennbar: der Braune wollte, daß sich Crit beeilte und aufsaß, er wollte lostraben.
»O nein, Pferd«, sagte Crit laut zu ihm. »Ich bin allein gekommen – keine Verstärkung, kein Rückenschutz. Das tat ich, weil niemand sonst sein Leben riskieren – oder opfern sollte, wenn es das ist, was hier geschehen wird. Denn dies ist eine Sache zwischen Partnern.«
Das Pferd schnaubte abfällig, als wolle es Crit darauf hinweisen, es wisse sehr wohl, daß er versuchte, seine Angst zu verbergen. Dann drehte es sich langsam um, so daß es Crit nicht mehr die Kehrseite zuwandte, und kam auf ihn zu.
Die großen feuchten Pferdeaugen sagten: Strat ist auch mein Partner; Pferde und ihre Reiter sind Partner; sitz auf und spiel keine Spielchen mehr. Er wartet.
»Strat, verdammt!« flüsterte Crit. Er schüttelte den Kopf. Das war ja nicht einmal ein lebendes Pferd, nur ein Geist, etwas, das Ischade von einem toten Tier herbeibeschworen hatte.
Aber das Ding kam mit erhobenem Kopf näher und setzte die Hufe vorsichtig auf, um nicht auf den baumelnden Zügel zu treten.
Zügel? Hatte es zuvor überhaupt einen gehabt? Crit glaubte es nicht.
Das Pferd hielt eine Armlänge entfernt an. Es wieherte sanft und sagte damit: Auch ich liebe ihn. Der ungeduldig scharrende Vorderhuf fügte hinzu: Wir haben nicht viel Zeit. Und dann benahm sich dieses Tier, als beherrsche es die Hohe Schule wie Tempus' Trospferd: es beugte ein Bein am Knie, zog es ein und senkte das Vorderteil, während es das andere Vorderbein ausstreckte und den Nacken so krümmte, als wolle es einem Verwundeten oder einer feinen Dame ermöglichen, mühelos aufzusitzen.
»Mist«, knirschte Crit und schritt entschlossen auf das Geistpferd zu, bemühte sich jedoch, nicht darüber nachzudenken, was er da tat, oder ob er sich etwa gar das Ganze nur einbildete – vielleicht war ihm irgendein Trümmerstück auf den Kopf gefallen, so schnell, daß es ihm gar nicht bewußt geworden war, und nun war auch er tot, tot, aber ohne selige Ruhe, und mit dem Geistpferd in irgendeiner Unterwelt gefangen, wo er in alle Ewigkeit seinen verlorenen Partner suchen mußte.
Nein! Am Himmel zuckten Blitze, Gemurmel und Geschrei drang ganz aus der Nähe, wo die Faktionen kämpften. Wahrhaftig herrschte die Pest in Freistatt, wenngleich nicht von der Art, die Beulen verursachte: es war eine des menschlichen Versagens, der Verwirrung, der Begierde und des endlosen Machtkampfs.
Er schwang sich auf den Braunen (der sich erstaunlich fest anfühlte für ein Geistpferd) und mußte zugeben, daß nicht Magie oder Götter Freistatt zu einer solchen Senkgrube machten, sondern menschliche Exzesse: Magie konnte nicht mehr die Schuld gegeben
Weitere Kostenlose Bücher