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Die Saga vom Dunkelelf 1 - Der dritte Sohn

Die Saga vom Dunkelelf 1 - Der dritte Sohn

Titel: Die Saga vom Dunkelelf 1 - Der dritte Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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und kraftvoll wie an ihrem einhundertsten Geburtstag -, war die Oberin Baenre verwelkt und verbraucht. Die Falten um ihren Mund erinnerten an ein Spinnennetz, und sie konnte ihre schweren Lider kaum daran hindern, sich über die Augen zu senken. Die Oberin Baenre sollte eigentlich schon tot sein, stellte Malice fest, aber sie lebte noch.
    Die Oberin Baenre, die ihre Lebenszeit anscheinend schon so weit überschritten hatte, war schwanger und würde in wenigen Wochen gebären.
    Auch in dieser Hinsicht widersetzte sich die Oberin Baenre den Normen der Dunkelelfen. Sie hatte zwanzigmal geboren, doppelt sooft wie jede andere Frau in Menzoberranzan. Fünfzehn dieser Kinder waren weiblichen Geschlechts und jede eine Hohepriesterin! Zehn der Kinder des Hauses Baenre waren älter als Malice!
    »Wie viele Krieger befehligt Ihr zur Zeit?« fragte die Oberin und beugte sich vor, um ihr Interesse zu bekunden.
    »Dreihundert«, antwortete Malice.
    »Oh«, sann die alte, verwelkte Drowfrau und legte einen Finger auf ihre Lippen. »Ich hörte, es seien dreihundertfünfzig.«
    Malice verzog, ungeachtet ihrer selbst, das Gesicht. Die Oberin Baenre neckte sie, indem sie Bezug nahm auf die Krieger, die das Haus Do'Urden bei seinem Überfall auf das Haus DeVir eingesetzt hatte.
    »Dreihundert«, sagte Malice erneut.
    »Natürlich«, antwortete die Oberin Baenre und lehnte sich entspannt zurück.
    »Und das Haus Baenre befehligt tausend?« fragte Malice aus dem Wunsch heraus, bei der Diskussion Schritt halten zu können.
    »So war es viele Jahre lang.«
    Malice fragte sich erneut, warum dieses alte, verbrauchte Wesen noch immer lebte. Sicherlich trachtete mehr als eine der Töchter des Hauses Baenre nach der Stellung der Mutter Oberin. Warum hatten sie sich nicht längst zusammengetan und die Oberin Baenre abgesetzt? Oder warum hatte sich nicht eine von ihnen, die schon ein höheres Lebensalter hatte, selbst auf den Weg gemacht und ein eigenes Haus gegründet, wie es für adlige Töchter üblich war, wenn sie das fünfte Lebensjahrzehnt überschritten hatten? Solange sie unter der Herrschaft der Oberin Baenre lebten, würden ihre Kinder noch nicht einmal als Adlige angesehen, sondern in die Reihen der Bürgerlichen verwiesen werden.
    »Ihr habt vom Schicksal des Hauses DeVir gehört?« fragte die Oberin Baenre direkt, die das zögerliche Geplauder ebenso leid war wie ihr Gegenüber.
    »Welchen Hauses?« fragte Malice spitz. Zu diesem Zeitpunkt gab es so etwas wie ein Haus DeVir in Menzoberranzan gar nicht. Nach Drowmaßstäben existierte das Haus nicht mehr. Es hatte nie existiert.
    Die Oberin Baenre kicherte. »Natürlich«, antwortete sie. »Ihr seid nun Mutter Oberin des neunten Hauses. Das ist eine ziemlich große Ehre.«
    Malice nickte. »Aber keine so große Ehre, wie Mutter Oberin des achten Hauses zu sein.«
    »Ja«, stimmte die Baenre zu, »aber das neunte Haus zu sein bedeutet, nur eine Position von einem Sitz im Herrschenden Konzil entfernt zu sein.«
    »Das wäre in der Tat eine Ehre«, antwortete Malice. Sie begann zu verstehen, daß die Oberin Baenre sie nicht nur neckte, sondern ihr auch gratulierte und sie zur Erlangung größeren Ruhmes antreiben wollte. Dieser Gedanke heiterte Malice auf. Haus Baenre besaß die höchste Gunst der Spinnenkönigin. Wenn es den Aufstieg des Hauses Do'Urden begrüßte, dann tat dies auch Lloth.
    »Die Ehre wäre nicht so groß, wie Ihr denkt«, sagte Baenre. »Wir sind eine Gruppe vorwitziger alter Frauen, die sich sehr oft trifft, um neue Wege zu ersinnen, uns in Dinge einzumischen, die uns nichts angehen.«
    »Die Stadt erkennt Eure Regeln an.«
    »Hat sie eine andere Wahl?« lachte die Oberin Baenre. »Noch immer sollte man Drowgeschäfte besser den Müttern Oberin der einzelnen Häuser überlassen. Lloth würde nicht hinter einem führenden Konzil stehen, das etwas ausführte, was auch nur entfernt an eine totale Herrschaft erinnerte. Denkt Ihr nicht, daß das Haus Baenre schon längst ganz Menzoberranzan eingenommen hätte, wenn das der Wille der Spinnenkönigin wäre?«
    Malice richtete sich stolz, aber auch erschrocken über solch hochmütige Worte, in ihrem Stuhl auf.
    »Natürlich nicht jetzt«, erklärte die Oberin Baenre. »Die Stadt ist in diesem Jahrhundert zu groß für so eine Tat. Aber vor langer Zeit, bevor Ihr auch nur geboren wart, hätte das Haus Baenre eine solche Eroberung nicht als schwierig empfunden. Doch das ist nicht unsere Art. Lloth unterstützt die Vielfalt. Es

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