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Die Saga vom Dunkelelf 1 - Der dritte Sohn

Die Saga vom Dunkelelf 1 - Der dritte Sohn

Titel: Die Saga vom Dunkelelf 1 - Der dritte Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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erfreut sie, wenn die Macht der Häuser ausgewogen ist und sie bei eventuellem Bedarf bereit sind, Seite an Seite zu kämpfen.« Sie hielt einen Moment inne und zauberte ein Lächeln auf ihre faltigen Lippen. »Und bereit sind, über jeden herzufallen, der ihre Gunst verloren hat.«
    Ein weiterer direkter Bezug zum Haus DeVir, registrierte Malice, und dieses Mal unmittelbar in Verbindung mit dem Wohlwollen der Spinnenkönigin. Malice legte ihre verärgerte Haltung ab und empfand den Rest ihres Gesprächs mit der Oberin Baenre - volle zwei Stunden lang - als sehr vergnüglich.
    Aber Malice lächelte selbst dann nicht, als sie, wieder auf der Scheibe, durch das Anwesen an dem größten und mächtigsten Haus Menzoberranzans vorbei hinausschwebte. Angesichts einer überdeutlichen Demonstration der Macht konnte sie nicht vergessen, daß der Zweck des Rufes der Oberin Baenre an sie einen doppelten Grund gehabt hatte: ihr privat und geheim für ihren perfekten Anschlag zu gratulieren und sie eindringlich daran zu erinnern, nicht zu ehrgeizig zu werden.

Entfremdung
    Fünf lange Jahre widmete Vierna fast jeden wachen Moment der Sorge um das Baby Drizzt. In der Drowgesellschaft war dies nicht so sehr eine Zeit der Erziehung als eine Zeit des Lehrens. Wie die Kinder aller intelligenten Völker mußte das Kind grundlegende Bewegungs- und Sprachfähigkeiten erlernen, aber ein Drowelf hatte auch die Regeln zu lernen, die die chaotische Gesellschaft zusammenhielten.
    Im Falle des jungen Drizzt verbrachte Vierna endlose Stunden damit, ihn daran zu erinnern, daß er den Drowfrauen untergeordnet war. Da fast dieser gesamte Abschnitt von Drizzts Leben in der Familienkapelle verbracht wurde, begegnete er kaum anderen Männern, außer beim gemeinsamen Ritual. Auch wenn sich alle Bewohner des Hauses zu den unheiligen Zeremonien versammelten, blieb Drizzt still an Viernas Seite, den Blick gehorsam zu Boden gerichtet.
    Als Drizzt alt genug war, Befehle zu befolgen, nahm Viernas Arbeitsbelastung ab. Zwar verbrachte sie noch immer viele Stunden damit, ihren jüngeren Bruder zu unterweisen - zur Zeit arbeiteten sie an den komplizierten Gesichts-, Hand- und Körperbewegungen der Zeichensprache -, jedoch ließ sie Drizzt oft einfach die endlose Aufgabe ausführen, die Domkapelle zu reinigen. Der Raum war kaum ein Fünftel so groß wie die große Halle des Hauses Baenre, aber er konnte alle Dunkelelfen aufnehmen, und es waren dann immer noch hundert Plätze frei.
    Eine Ziehmutter zu sein war jetzt gar nicht mehr so schlimm, dachte Vierna. Aber sie wünschte immer noch, sie könnte mehr von ihrer Zeit ihren Studien widmen. Wenn die Oberin Malice Maya diese Aufgabe übertragen hätte, wäre Vierna vielleicht schon zur Hohepriesterin geweiht worden. Fünf Jahre mußte Vierna noch mit der Erfüllung ihrer Pflichten gegenüber Drizzt verbringen. Maya würde ihre Priesterinnenschaft vielleicht vor ihr erlangen!
    Vierna verbannte diese Möglichkeit aus ihren Gedanken. Sie konnte es sich nicht leisten, sich um solche Probleme zu sorgen. Sie würde ihre Pflicht als Ziehmutter in nur wenigen kurzen Jahren beenden. An oder um seinen zehnten Geburtstag würde Drizzt zum Fürstenprinz der Familie ernannt werden und dem ganzen königlichen Hof dienen. Wenn die Oberin Malice von ihrer Arbeit mit Drizzt nicht enttäuscht war, würde Vierna, dessen war sie sich sicher, ihren Lohn bekommen.
    »Steigt die Wand hinauf«, wies Vierna ihn an. »Haltet Euch an der Statue fest.«
    Sie deutete auf die Skulptur einer nackten Drowfrau ungefähr zwanzig Fuß über dem Boden. Der junge Drizzt sah verwirrt zu ihr auf. Er konnte wohl kaum zu der Figur hinaufgelangen und sie reinigen, wenn er sicheren Stand behalten wollte. Drizzt kannte jedoch den hohen Preis des Ungehorsams - und sei es auch nur aus zögerlichen Gründen -, griff hinauf und suchte nach seinem ersten Haltepunkt.
    »Nicht so!« schalt Vierna.
    »Wie denn?« wagte Drizzt zu fragen, weil er keine Ahnung hatte, worauf ihn seine Schwester aufmerksam machen wollte.
    »Bringt Euch mit Eurem Willen zum Wasserspeier«, erklärte Vierna.
    Drizzts schmales Gesicht furchte sich vor Verwirrung.
    »Ihr seid ein Adliger des Hauses Do'Urden!« schrie Vierna ihn an. »Oder zumindest werdet Ihr Euch eines Tages diesen Rang verdienen. In Eurer Halsbörse bewahrt Ihr das Emblem des Hauses, einen Gegenstand unvergleichlicher Magie.« Vierna war sich noch immer nicht sicher, ob Drizzt einer solchen Aufgabe gewachsen sein würde.

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