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Die Saga vom Dunkelelf 1 - Der dritte Sohn

Die Saga vom Dunkelelf 1 - Der dritte Sohn

Titel: Die Saga vom Dunkelelf 1 - Der dritte Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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barg, wandte sich die ältere Schwester um und verließ den Raum. Vierna überließ Briza das letzte Wort. Die Ziehmutter schaute zurück zu Drizzt, der noch immer versuchte zu der Statue zu gelangen. »Genug!« befahl sie, denn sie erkannte, daß das Kind müde wurde. Er konnte seine Füße kaum noch hochheben.
    »Ich werde es schaffen!« fuhr Drizzt sie an.
    Vierna mochte seine Entschlossenheit, aber nicht den Ton seiner Antwort. Vielleicht steckte ein Körnchen Wahrheit in Brizas Worten. Vierna riß die schlangenköpfige Peitsche von ihrem Gürtel. Ein wenig Erleuchtung könnte vielleicht auf lange Sicht nützlich sein.
    Am nächsten Tag saß Vierna in der Kapelle und beobachtete Drizzt, der hart daran arbeitete, die Statue der nackten Frau zu reinigen. Er hatte sich bei seinem ersten heutigen Versuch volle zwanzig Fuß über den Boden erhoben.
    Vierna konnte nicht umhin, enttäuscht zu sein, als Drizzt nach seinem Erfolg nicht zu ihr zurücksah und lächelte. Sie beobachtete ihn nun, wie er hoch in der Luft schwebte und seine Hände eifrig die Bürsten schwangen. Aber besonders bewußt nahm Vierna die Narben auf dem nackten Rücken ihres Bruders wahr, den Beweis ihres »einleuchtenden« Meinungsaustauschs. Im infraroten Spektrum waren die Peitschenstriemen deutlich zu sehen, Wärmespuren an den Stellen, wo die einzelnen Schichten der Haut weggerissen worden waren.
    Vierna verstand, welchen Nutzen es hatte, ein Kind zu schlagen, besonders einen Jungen. Nur wenige männliche Drow hatten jemals eine Waffe gegen eine Frau erhoben, außer auf Befehl einer anderen Frau. »Wieviel verlieren wir?« fragte sich Vierna laut. »Wieviel mehr könnte so einer wie Drizzt ertragen?«
    Als sie die Worte laut ausgesprochen hörte, verbannte Vierna diese blasphemischen Gedanken schnell aus ihrem Geist. Sie strebte das Amt einer Hohepriesterin der Spinnenkönigin, Lloth der Gnadenlosen, an. Solche Gedanken standen nicht in Einklang mit den Regeln ihrer Stellung. Sie warf ihrem Bruder einen ärgerlichen Blick zu, übertrug damit ihre Schuld und holte erneut ihr Bestrafungsinstrument hervor.
    Sie würde Drizzt heute wieder für die entweihenden Gedanken auspeitschen müssen, die er in ihr entfacht hatte.
    So setzte sich die Beziehung weitere fünf Jahre lang fort, eine Zeit, in der Drizzt die grundlegenden Lektionen des Lebens in der Drowgesellschaft lernte, während er endlos die Kapelle des Hauses Do'Urden reinigte. Vor dem Hintergrund der Herrschaft der weiblichen Drow (eine Lektion wurde immer mit Hilfe der bösen, schlangenköpfigen Peitsche verstärkt) waren die härtesten Unterrichtsstunden jene, die sich mit den Elfen der Oberfläche, den Feenwesen, beschäftigten. Böse Imperien spannen sich oft selbst in Netze des Hasses gegenüber erfundenen Feinden ein, und darin war niemand in der Geschichte der Welt besser als die Drow. Vom ersten Tage an waren sie in der Lage gewesen, das gesprochene Wort zu verstehen. Drowkindern wurde beigebracht, daß alles, was in ihrem Leben falsch lief, den Oberflächenfeenwesen angelastet werden konnte.
    Wann immer die Fortsätze von Viernas Peitsche in Drizzts Rücken einschnitten, schrie er nach dem Tod eines Feenwesens. Abhängiger Haß war selten eine vernünftige Gefühlsregung.

Teil 2
Der Waffenmeister
    Leere Stunden, leere Tage.
    Ich stelle fest, daß ich nur wenige Erinnerungen an diesen ersten Abschnitt meines Lebens habe, diese ersten sechzehn Jahre, in denen ich als Diener tätig war. Minuten verschmolzen zu Stunden, Stunden zu Tagen und so weiter, bis alles zusammen wie ein langer und trockener Augenblick erschien. Mehrere Male gelang es mir, auf die Galerie des Hauses Do'Urden hinauszugelangen und über die magischen Lichter von Menzoberranzan hinwegzuschauen. Bei all diesen heimlichen Ausflügen empfand ich Begeisterung wegen des anwachsenden und sich dann zerstreuenden Hitzelichts des Narbondel, der Zeitmessersäule. Im heutigen Rückblick darauf, auf diese langen Stunden, in denen ich beobachtete, wie das Leuchten des magischen Feuers langsam seinen Weg die Säule hinauf und dann wieder hinab nahm, bin ich erstaunt über die Leere meiner frühen Tage.
    Ich erinnere mich deutlich an die Begeisterung, meine prickelnde Begeisterung, wann immer ich aus dem Haus gelangte und meinen Posten zur Beobachtung der Säule einnahm. So unbedeutend dieses kleine Abenteuer auch war, so befriedigend war es aber auch im Vergleich zu dem Rest meines Daseins.
    Wann immer ich das Knallen einer

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