Die Saga vom Dunkelelf 2 - Im Reich der Spinne
erkannte, was ihre Mutter vorhatte.
»Genau«, erwiderte Malice. »Herausfinden, welches Haus das Haus Do'Urden bedroht. Wenn uns die Spinnenkönigin heute wirklich gewogen ist, wird sie uns vielleicht mit dem Wissen beglücken, das wir brauchen, um unsere Feinde zu besiegen!«
Kurze Zeit später versammelten sich die vier Hohepriesterinnen des Hauses Do'Urden rund um das Spinnengötzenbild im Vorraum der Kapelle. Vor ihnen brannte in einer Schale tiefsten Onyx der geheiligte Weihrauch - süß, todesähnlich und von Yochlol, der Dienerin der Lloth, geweiht.
Die Ramme durchlief eine Vielzahl von Farben, von Orange über Grün bis hin zu einem strahlenden Rot. Dann nahm sie Gestalt an, hörte die Rufe der vier Priesterinnen, die Dringlichkeit in der Stimme der Oberin Malice. Die Spitze des Feuers tanzte nicht mehr, sondern wurde weich und abgerundet und nahm die Form eines kahlen Schädels an. Dann reckte sie sich nach oben und wuchs an. Die Flamme verschwand und wurde vom Bild der Yochlol eingenommen, einem halbgeschmolzenen Wachsklumpen mit grotesk verlängerten Augen und einem herabhängendem Mund.
»Wer hat mich gerufen?« fragte die schmale Gestalt telepathisch. Die Gedanken der Yochlol, die für ihre winzige Gestalt zu mächtig waren, hallten in den Köpfen der versammelten Drow wider.
»Ich habe Euch gerufen, Dienerin«, erwiderte Malice laut, denn sie wollte, daß ihre Töchter es hörten. Die Oberin beugte den Kopf. »Ich bin Malice, eine treue Dienerin der Spinnenkönigin.«
Die Yochlol verschwand in einer Rauchwolke und hinterließ nur glühende Weihrauchfunken in der Onyxschale. Einen Moment später erschien die Dienerin wieder, in voller Größe, und stellte sich hinter die Oberin Malice. Briza, Vierna und Maya hielten den Atem an, als das Wesen zwei ekelerregende Tentakel auf die Schultern ihrer Mutter legte.
Die Oberin Malice akzeptierte die Tentakel ohne Erwiderung, denn sie vertraute darauf, daß sie guten Grund gehabt hatte, die Yochlol anzurufen.
»Erklärt mir, warum Ihr es wagtet, mich zu stören«, erklangen die tückischen Gedanken.
»Um eine einfache Frage zu stellen«, erwiderte Malice stumm, denn es waren keine Worte nötig, um sich mit einer Dienerin zu unterhalten. »Eine, deren Antwort Ihr wißt.«
»Interessiert Euch die Frage so sehr?« fragte die Yochlol. »Ihr riskiert schreckliche Konsequenzen.«
»Es ist unumgänglich, daß ich die Antwort erfahre«, erwiderte die Oberin Malice. Ihre drei Töchter beobachteten die Szene neugierig, denn sie konnten die Gedanken der Yochlol hören, aber die unausgesprochenen Erwiderungen ihrer Mutter nur erraten.
»Wenn die Antwort so wichtig ist und sie den Dienerinnen und also auch der Spinnenkönigin bekannt ist, glaubt Ihr dann nicht, daß Lloth sie Euch gegeben hätte, wenn sie es für richtig hielte?«
»Vielleicht hat mich die Spinnenkönigin vor diesem heutigen Tag nicht für wert befunden, es zu wissen«, erwiderte Malice. »Die Dinge haben sich geändert.«
Die Dienerin hielt inne und rollte ihre verlängerten Augen zurück in ihren Kopf, als ob sie mit einer entfernten Ebene kommunizieren würde.
»Ich grüße Euch, Oberin Malice Do'Urden«, sagte die Yochlol nach ein paar angespannten Augenblicken laut. Die gesprochene Stimme der Kreatur war ruhig und überaus weich für seine groteske Erscheinung.
»Ich grüße Euch und Eure Herrin, die Königin der Spinnen«, erwiderte Malice. Sie lächelte ihre Töchter verzerrt an, wandte sich aber noch immer nicht der Kreatur hinter ihr zu, um sie anzusehen.
»Daermon N'a'shezbaernon hat die Lloth erfreut«, sagte die Dienerin. »Die Männer Eures Hauses haben den Tag gewonnen und sogar die Frauen übertroffen, die mit ihnen gereist sind. Ich muß den Ruf der Oberin Malice anerkennen.« Die Tentakel glitten von Malices Schultern, und die Yochlol stand steif hinter ihr und erwartete ihre Befehle.
»Ich freue mich, der Spinnenkönigin gefallen zu haben«, begann Malice. Sie suchte nach einer angemessenen Art, ihre Frage zu formulieren. »Wie ich bereits sagte, habe ich Euch nur gerufen, um von Euch die Beantwortung einer einfachen Frage zu erbitten.«
»Stellt die Frage«, erwiderte die Yochlol, und der höhnische Ton machte Malice und ihren Töchtern klar, daß das Monster die Frage bereits kannte.
»Die Gerüchte besagen, daß mein Haus bedroht ist«, sagte Malice.
»Gerüchte?« Die Yochlol lachte ein böses, kratzendes Lachen.
»Ich vertraue meinen Quellen«, erwiderte Malice
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