Die Saga vom Dunkelelf 6 - Der Hueter des Waldes
zurückgreifen, die ihm sein Täuschungsmanöver erleichterte. Auf der Hälfte setzte er zu einem Endspurt an. Münzen und Edelsteine wurden bei jedem Schritt durch die Luft geschleudert. Er hörte, wie sich der Drache bewegte, wurde aber nicht langsamer, sondern spannte beim Laufen den Bogen.
Als er auf der Spitze des Goldberges stand, machte er einen Satz und setzte den Schwebezauber ein. Für den Bruchteil einer Sekunde hing er bewegungslos in der Luft, aber dann versagte der Zauber. Drizzt fiel zu Boden, konnte dabei aber einen Pfeil abschießen und eine Kugel der Dunkelheit herbeizaubern, die durch die Kammer rollte.
Nie im Leben hätte er geglaubt, daß ein Monster von solcher Größe so beweglich sein konnte, aber als er mit voller Wucht in einen Berg Pokale und mit Edelsteinen besetzten Trinkbecher krachte, landete er direkt vor dem Gesicht eines äußerst wütenden Biests.
Diese Augen! Wie zwei Strahlen der Verdammnis fielen sie auf Drizzt, bohrten sich ganz durch ihn durch, nötigten ihn, sich auf den Bauch fallen zu lassen und um Gnade zu flehen.
Sie drängten ihn, alles zu offenbaren und Hephästus, diesem Gottwesen, jede Sünde zu beichten. Der Kopf des Drachen, der auf einem dicken, geschwungenen Hals saß, war leicht geneigt, aber der Blick ließ nicht von dem Dunkelelf ab und hielt ihn fest.
Im Geiste hörte Drizzt schwach eine Stimme, die Stimme des Waldläufers, der die Kampf- und Heldengeschichten zum besten gab. Zuerst hörte Drizzt sie kaum, aber die Stimme ließ nicht nach und erinnerte Drizzt auf seine ganz eigene Weise daran, daß jetzt fünf andere Männer von ihm abhängig waren. Wenn er versagte, würden die Mönche sterben.
Dieser Teil des Plans fiel Drizzt nicht schwer, denn er glaubte wirklich an das, was er sagte. »Hephästus!« rief er in der gewöhnlichen Sprache. »Soll es nun endlich, nach so langer Zeit, so weit sein? Oh, wie außergewöhnlich! Viel außergewöhnlicher als in den Geschichten, wirklich!«
Der Kopf des Drachen zog sich gut ein Dutzend Schritte zurück, und in diesen allwissenden Augen spiegelte sich Verwirrung wider. »Ihr kennt mich?« strahlte Hephästus vor Stolz. Der heiße Atem des Drachen blies Drizzts Mähne nach hinten.
»Jeder kennt Euch, mächtiger Hephästus!« rief Drizzt und kniete sich hin. Zu stehen wagte er nicht. »Ihr wart es, den ich gesucht habe! Ich habe Euch gefunden und bin nicht enttäuscht!«
Die beängstigenden Augen des Drachen wurden schmal. »Warum sollte ein Dunkelelf Hephästus, den Zerstörer von Cockleby, den Verschlinger von tausend Rindern, den, der Angalander, den dummen Silbernen verschlungen hat, ihn, der...« So ging es viele Minuten lang weiter, und Drizzt hielt dem stinkenden Atem mit stoischer Miene stand, während er vorgab, daß die Liste der vielen, ungewöhnlichen Dinge, die der Drache erlebt hatte, ihn faszinierten. Als Hephästus geendet hatte, mußte Drizzt erst kurz darüber nachdenken, was eigentlich die Frage gewesen war.
Seine Verwirrung, die diesmal nicht gespielt war, trug zu diesem Zeitpunkt zum Täuschungsmanöver bei. »Dunkelelf?« fragte er, als verstünde er nicht. Er schaute zu dem Drachen auf und wiederholte das Wort, diesmal noch verwirrter. »Dunkelelf?«
Der Drache schaute sich um, und sein Blick wanderte wie zwei Strahlen über die Schatzberge, blieb dann kurz an Drizzts Kugel der Dunkelheit hängen und wanderte wieder zurück. »Ich meine Euch!« brüllte Hephästus plötzlich, und das Gebrüll warf Drizzt beinah um. »Dunkelelf!«
»Drow?« sagte Drizzt, der sich schnell erholt hatte und jetzt zu stehen wagte. »Nein, das bin ich nicht.« Er schaute sich an und nickte auf einmal, als habe er nun verstanden. »Ja, natürlich«, sagte er. »So oft vergesse ich die Hülle, die ich trage!«
Hephästus stieß ein langes ungeduldiges Knurren aus, und Drizzt wußte nun, daß er schnell handeln mußte.
»Kein Dunkelelf«, sagte er. »Doch bald werde ich wohl einer sein, wenn Hephästus mir nicht helfen kann!« Drizzt konnte nur hoffen, daß er die Neugier des Drachen erregt hatte. »Ihr habt von mir gehört, dessen bin ich sicher, mächtiger Hephästus. Ich bin, oder ich war, und hoffe wieder Mergandevinasander von Kult zu sein, ein alter Schwarzer, der nicht gerade unbekannt ist.«
»Mergandevin... ?« begann Hephästus, aber der Drache sprach das Wort nicht aus. Er hatte schon von dem Schwarzen gehört, Drachen kannten die meisten Namen der anderen Drachen auf der Welt. Und natürlich
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