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Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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ein besonders schönes Guckloch für Silje und die Kinder offenhielt – und für den eleganten Mann, den sie hatte retten dürfen.
    Eigentlich war es etwas ärgerlich, dass sie so todmüde sein musste, da sie nun dem faszinierenden Mann gegenübersaß, sie war aber nicht mehr in der Lage, die Augen offenzuhalten. Sie war so erschöpft und steif gefroren, dass sie auch nicht schlafen konnte, und deshalb blieb sie in einer Art von Halbbewusstsein sitzen. Die ganze Zeit aber spürte sie, wie sehr ihr Körper schmerzte.
    Einmal wachte sie aus dem Tiefschlaf auf. Sie hatte das vage Gefühl, dass der Wagen stillstand, dass sie Stimmen hörte und dass ihr etwas in die Arme gelegt wurde. Dann war sie aber wieder eingeschlafen.
    Als Nächstes merkte sie, dass der Kutscher sie an den Schultern rüttelte.
    »Wo sind wir?«, fragte Silje, außerstande, die Worte richtig zu artikulieren, so fror sie.
    »Wir sind da. Ich habe mit Herrn Benedikt gesprochen. Ihr könnt in der Altenteilhütte wohnen.«
    Ganz vage registrierte sie die Gestalten, die ihr die Kinder abnahmen. Der Mond schien nicht mehr, daran erkannte sie, dass es gegen Morgen sein musste. Das kleine Mädchen weinte und rief nach seiner Mutter. Der Kutscher half Silje beim Absteigen. Sie konnte sich nicht mehr auf ihren Beinen halten, und er musste sie stützen.
    »Wer ist Benedikt?«
    »Er ist Kirchenmaler und ein seltsamer Kerl. Er stellt Euch aber Wohnraum zur Verfügung.«
    »Den Kindern auch?«
    »Den Kindern auch.«
    Sie blieben für einen Augenblick allein neben dem Wagen stehen. Er musste noch weiterfahren.
    »Wo ist der junge Mann abgeblieben?«, fragte Silje.
    »Heming? Der ist vor einer halben Stunde abgesprungen. Er wollte woandershin.«
    Heming... Heming der Vogtmörder? Dann war er es! Ein tiefes Schamgefühl durchfuhr Silje bei dem Gedanken, dass sie einem Mörder geholfen hatte. Aber er war so jung und schön...
    »Es gibt wohl viele gute Norweger... die für die Unabhängigkeit des Landes kämpfen?«, fragte sie geschwind.
    »Die gibt es bestimmt, Jungfer Silje.«
    »Dann gehört er womöglich einem solchen Bündnis hier oben an?«
    »Jetzt fragt Ihr mehr, als gut ist.«
    Also stimmte es. Das war ein beruhigendes Gefühl. Für sein Land zu kämpfen, war verzeihlich.
    Wie höflich der Kutscher sie ansprach! Jungfer Silje! Das musste an dem Samtumhang liegen.
    »Und der andere... War er auch so einer?«
    »Wer denn?«
    »Der mit Euch gesprochen hat, darum gebeten hat, uns zu diesem Benedikt zu fahren.«
    Der Kutscher bückte sich und richtete etwas an dem Karren. »Da war kein anderer, Jungfer Silje. Nur der junge Heming. Ich habe meine Anweisung von ihm erhalten.«
    Silje fühlte, wie Trotz in ihr aufstieg. Dann aber erinnerte sie sich an Hemings Worte.
    »Nein, ich habe mich geirrt«, sagte sie leise. »Ich habe bestimmt schon ganz vergessen, was heute Nacht passiert ist.«
    »Das ist auch gut so, Jungfer Silje.«
    Ein Kienspan brannte in dem kleinen Haus, und ein Knecht machte gerade Feuer im Herd, als sie das Zimmer betrat. Sie hörte freundliche Stimmen, die sich mit den Kleinen unterhielten. Ein paar ältere Frauen betreuten sie und gaben dem Mädchen im Bett etwas Warmes zu essen.
    »Wie süß sie ist«, sagte eine der Frauen. Es schien ihr nichts auszumachen, dass sie mitten in der Nacht geweckt worden waren.
    »Wie heißt sie?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete Silje. »Ich nenne sie Sol. Aber was ist mit dem Neugeborenen? Ich hatte solche Angst. Lebt es noch?«
    »Ja, es ist ein Knabe. Alles in Ordnung, auch wenn die Nabelschnur nicht abgetrennt worden ist.«
    »Ein Knabe? Oh Gott, das hätte schlimm ausgehen können. Ich habe zu einem schlechten Mann gesagt, dass das Kind Liv hieße. Ich habe es so genannt, um es vor dem Tod zu retten. Dann heißt es eben stattdessen Dag. Er wollte vorhin nichts essen, und
    »Nein, das macht nichts, er ist doch neugeboren – er lebt von dem, was er mit auf die Welt gebracht hat. Wir werden ihn sauber waschen, die Nabelschnur abschneiden und verbinden und ihn fest wickeln. Und mach dir keine Sorgen, wir werden dafür sorgen, dass ihm kein Leid geschieht, auch wenn er auf so gottlose Weise auf die Welt gekommen ist. Die Waschschüssel werden wir mit glühenden Kohlen segnen, und wir haben auch schon Stahl in sein Bett gelegt. Wir segnen ihn mit Brot, so wie es üblich ist, und ich kann ihm meinen silbernen Familienschmuck leihen und auf die Brust legen. Aber das kleine Mädchen sieht so müde aus, ich glaube,

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