Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund
spürte, wie sein Herz gegen ihre Hand pochte, und versuchte, sich darauf zu konzentrieren und nicht auf die Reaktion ihres eigenen Körpers.
»Ja, ich bin wohl noch immer etwas krank«, flüsterte er matt. »Ich habe versucht, mich selbst zu kurieren, aber
»Aber du brauchst Wärme«, stellte Silje fest. »Hier ist es ja eiskalt. Und dann brauchst du nahrhaftes Essen. Nun ziehst du zu mir, und ich will keine Widerrede hören!«
»Ja, jetzt bin ich jedenfalls keine Gefahr für dich«, sagte er mit einem kleinen Lächeln und ließ sich müde im Bett zurücksinken.
»Dein Pferd... Wie geht es dem?«
»Das war die ganze Zeit mein zweiter Gedanke. Ich bin fast in den Stall gekrochen, um es zu versorgen.«
»Gut, dann musst du zusehen, dass du da irgendwie raufkommst. Was war eigentlich dein erster Gedanke?«
»Nein, jetzt kokettierst du aber, Silje. Die Antwort kennst du doch.«
Ihr Herz schlug vor Glück. Endlich war er bereit, zu ihr zu kommen! Und sie würde dafür sorgen, dass es keinen Weg zurück gäbe!
Manchmal war sie wirklich über sich selber erstaunt. Wie willensstark sie geworden war. Oder war sie das schon immer gewesen? War ihr Wille womöglich nur von einer allzu strengen Erziehung in Schach gehalten worden? Doch, das konnte absolut möglich sein.
Bis jetzt hatte sie einfach noch nicht gewagt, sich einzugestehen, dass sie schon längst eine Entscheidung getroffen hatte. Die alte Hanna hatte ihr Kinder versprochen. Silje würde dafür sorgen, dass es Tengels Kinder wären und nicht die eines anderen!
Das böse Erbe schreckte sie nicht ab. Wenn alle so wären wie Tengel – was hätte man da zu befürchten?
Tengel saß so aufrecht auf dem Pferderücken, dass man hätte meinen können, er habe einen Stock verschluckt. Aber den Kopf konnte er einfach nicht hochhalten, der hing vornüber, als schlafe er. Silje ging daneben und führte das Pferd. Sie war so glücklich, dass sie das Gefühl hatte, einen Triumphzug zu leiten.
Sie kamen an Eldrids Haus vorüber, und Silje rief schon von Weitem nach ihr. Eldrid kam mit den Kindern hinaus, und zusammen setzten sie den Weg zu dem kleinen Hof hinauf fort.
Mit blanken Augen lag Tengel auf Siljes Bett und schaute zu, wie sie mit geschäftigen Händen für ihn die große Stube herrichteten. Sol freute sich über sein Kommen genauso wie die anderen. Das Beste, was sie hatte, wollte sie ihm geben. Tengel spürte einen Kloß im Hals. Er war es nicht gewohnt, mit anderen zusammenzuleben, niemand hatte sich bis jetzt so um ihn gekümmert!
Er war es gewohnt, dass niemand ihn haben wollte.
Unter Siljes liebevoller Pflege wurde er langsam wieder gesund. Alle freuten sich darüber, dass er da war. Sol war glücklich und krabbelte jeden Morgen in sein Bett, und sogar Dag schien etwas davon mitzubekommen. Er lächelte dem Mann mit seinen zwei Zähnen begeistert entgegen. Silje erschien das Leben vollkommen. Sie pusselte in jeder erdenklichen Weise um Tengel herum und wurde nahezu häuslich bei all ihren Versuchen, ihm das beste Essen vorzusetzen, das zu kochen sie imstande war. Eldrid lächelte jedes Mal vor sich hin, wenn sie zu Besuch kam.
»Du hast es verdient, ein bisschen verwöhnt zu werden, Tengel«, sagte sie. »Kalt und lieblos, wie dein Leben bisher gewesen ist. Du hättest schon längst hierherziehen sollen.«
Darauf gab er keine Antwort. Aber dass es ihm wunderbar ging, das war offensichtlich. Konnte jemand etwas anderes als gesund werden unter diesen herzlichen Menschen?
Sie erfuhren nun, dass Heming das Tal verlassen hatte, sobald der Weg nach draußen wieder frei war. Sie verstanden es so, dass er von Siljes Ablehnung und der ihm danach zuteilgewordenen Behandlung tief gekränkt war.
Tengel gefiel das nicht, das konnte Silje an seiner gerunzelten Stirn erkennen. Er erklärte ihr, er habe immer Angst, wenn Heming draußen unterwegs sei. Ein solcher Waghals wurde leicht gefasst – und es war nicht immer eine Silje zur Hand, die ihn retten konnte. Und wenn Heming unter Druck gesetzt würde, dann würde er ohne weiteres seine eigene Familie verraten, nur um seine Haut zu retten.
»Heute stehe ich auf«, sagte Tengel.
»Nur noch einen Tag«, bat Silje ihn, so lieb sie konnte. »Um ganz sicherzugehen.«
»Aber ich bin doch gesund!«, protestierte er.
Doch, er sah so aus. Aber sie war unerbittlich. »Noch einen Tag.«
Er seufzte, fügte sich jedoch. Für einige Stunden.
Als sie am Nachmittag wieder hereinkam, nachdem sie Eldrid im Viehstall
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