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Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Titel: Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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antun! Was für ein furchtbarer Skandal! Und was wird Vater dazu sagen?«
    »Vater braucht davon gar nichts zu erfahren. Aber wir brauchen jetzt Eure Hilfe, Mutter, denn wir sind in Schwierigkeiten.«
    »Hat jemand entdeckt, daß… daß du das Kind im Wald ausgesetzt hast? Hat diese Frau…? Ja natürlich, der Schal!
    Und jetzt will sie Geld?«
    Charlotte seufzte. »Nein, Mutter. Das habe ich auch erst geglaubt. Aber so ist es nicht.«
    Die Stimme der Baronin zitterte, es gelang ihr nicht, all das zu verstehen.
    »Wie konntest du nur ein kleines Kind aussetzen, Charlotte?«
    Da! Da war der Satz, auf den Silje gewartet hatte. Der zeigte, daß auch Ihre Gnaden Barmherzigkeit besaß. Und daß es Hoffnung für sie gab.
    »Hätte ich das Kind vielleicht behalten sollen?« sagte Charlotte. »Was hätten meine Eltern wohl dazu gesagt?«
    Die Mutter schlug die Augen nieder. »Ja, du hast sicher recht. Es war wohl eine Totgeburt?«
    »Nein. Es hat gelebt.«
    Die ältere Dame schlug die Hand vor den Mund. Sie sah auf einmal aus, als sei ihr übel. »Und du hast es ausgesetzt, damit es sterben sollte? O Gott, meine Tochter! Meine Tochter!«
    So blieb sie eine ganze Weile sitzen, die Hand vor den Mund gepreßt und mit Verzweiflung in den Augen. Nur ihre dünnen, jämmerlichen Laute waren im Zimmer zu hören, ihre Versuche, das Weinen zu unterdrücken und ihre Gemütsruhe wiederzufinden.
    Dann hatte sie sich wieder in der Gewalt. »Aber was hat diese Frau mit all dem zu tun? Und wofür brauchst du meine Hilfe? Dir kann jetzt nur noch ein Pastor helfen.
    Falls dir überhaupt jemand helfen kann!«
    »Das Kind lebt, Mutter«, sagte Charlotte mit weicher Stimme. »Ich habe es gerade erst erfahren. Silje hier hat sich um es gekümmert und es aufgezogen. Es ist ein kleiner Junge.«
    Die Baronin starrte Silje an.
    Charlotte fuhr fort: »Und jetzt sind sie in furchtbarer Not, und sie hat mich um Hilfe gebeten, und wir wissen nicht, was wir tun sollen.«
    Ihre Mutter blieb eine lange Zeit stumm. Sie trocknete ihre Tränen, aber es kamen immer wieder neue.
    »Aber Charlotte… Wer ist der Vater? Du kannst es ja nicht alleine …«
    »Seinen Namen möchte ich nicht nennen«, sagte Charlotte zugeknöpft.
    Die Mutter erhob sich. »Seinen Namen, aber flott!«
    »Jeppe Marsvin.«
    »Der? Aber der ist doch verheiratet!«
    »Das wußte ich damals nicht. Er hat mich glauben lassen, wir würden heiraten, und mich leidenschaftlich umworben, und ich war jung und dumm.«
    Die Baronin starrte sie aufgebracht an. Dann versetzte sie ihrer Tochter eine schallende Ohrfeige. »Pfui!« sagte sie nur, da ihr kein stärkerer Ausdruck einfiel. »Pfui! Ich gehe jetzt und lege mich hin, ich kann nicht mehr. Das ist alles zuviel für mich.«
    Charlottes furchtbares Verbrechen gegen das unschuldige Kind war zu ungeheuerlich, es war mehr, als eine mütterliche Bestrafung hätte wiedergutmachen können.
    Aber die Unsittlichkeit der Tochter war ein angemessener Grund, um mit berechtigtem Zorn zuzuschlagen.
    Mit wehenden Röcken rauschte sie aus dem Zimmer.
    Charlotte hielt sich die brennden Wange. »Das ist nicht besonders gut gelaufen«, sagte sie mutlos.
    »Gebt ihr Zeit«, sagte Silje weich. »Mehr habt Ihr nicht erwarten können.«
    Die Speisen wurden von Bediensteten aufgetragen, die sich deutlich anmerken ließen, was sie davon hielten, im Schlafzimmer zu essen. Gericht auf Gericht wurde aufgetischt, und Silje traute ihren Augen nicht. Am Ende bog sich der Tisch unter Schüsseln und Schalen voller dampfender, duftender Delikatessen.
    »Greift nur zu, Silje«, sagte Charlotte. »Ich bekomme keinen Bissen hinunter. In mir hat sich alles zusammengekrampft.«
    »Das geht mir genauso, wenn ich aufgeregt bin«, lächelte Silje.
    Sie sah beklommen auf den Tisch. »Ich bringe es fast nicht über mich, jetzt zu essen. Wenn ich nur eine einzige dieser Schüsseln für meine Kinder daheim hätte…«
    »Ihr werdet reichlich mitbekommen. Eßt nur guten Gewissens, Ihr habt es wahrhaftig verdient!«
    Silje aß schweigend, so gesittet sie konnte. Als sie den schlimmsten Hunger gestillt hatte, sagte Charlotte leise:
    »Erzählt mir von dem Jungen!«
    Sie nickte, aber sie hatte kaum damit begonnen, als die Baronin still das Zimmer betrat. Silje verstummte, aber Charlottes Mutter bedeutete ihr, sie möge weitersprechen.
    Also erzählte Silje kleine Erlebnisse mit Dag aus den vergangenen Jahren, um seinen Charakter deutlich werden zu lassen, und Charlotte hörte mit leuchtenden

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