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Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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Sie kam sich vollkommen unnütz vor. Nicht einmal das brachte sie fertig. Armer Laurents, wie unzufrieden er mit ihr sein mußte!
    Aber daß er sie liebte, daran hatte sie nie einen Zweifel. Jedes Mal überhäufte er sie mit Beweisen seiner Liebe. Der Fehler war bloß, daß er sie als sein Eigentum betrachtete. Sie erinnerte sich, als sie einmal Gäste hatten. Sie hatte sich mit einem älteren Mann unterhalten, und das Gespräch hatte sich zu einer lebhaften Debatte über die Ereignisse der Zeit entwickelt - über die Entwicklung des Volkes und was der König für Norwegen getan hatte. Liv war vollauf begeistert gewesen, der Mann war intelligent und interessant, und sie hatten viele der Gäste in ihre Unterhaltung mit einbezogen. Plötzlich war sie Laurents Blick begegnet. Er war wütend! Mit einer Kopfbewegung befahl er ihr, die Gruppe zu verlassen, und sie hatte sich entschuldigend zurückziehen müssen.
    An jenem Abend war er nicht gnädig gewesen. Er hatte ihr erzählt, was er von Frauen hielt, die sich in Männerangelegenheit einmischten. »Du darfst dich nicht zum allgemeinen Gespött machen«, hatte er gesagt. »Bilde dir nicht ein, daß du dich mit einem Mann messen kannst! Eine so unweibliche Ehefrau kann ich nicht gebrauchen! Ach, Liv, ich sehe jetzt, daß ich noch ein großes Stück Arbeit vor mir habe. Du hast mich hinters Licht geführt. Ich habe ja nicht geahnt, daß du so schlecht erzogen worden bist. Aber du bist ja so niedlich und liebenswert, und du bist mein allerliebster Schatz, es wird uns schon noch gelingen, deiner Unarten Herr zu werden, du wirst schon sehen. Gräme dich nur nicht, ich werde dir dabei helfen.« Doch, sie begann nun etwas zu lernen. Solange sie tat, was er wollte, war alles gut.
    Aber ach, wie schwer war es doch, die Impulse zu beherrschen, die ein Teil ihrer Persönlichkeit waren! In der vergangenen Woche hatte sie sich wieder vergessen. Sie waren zu Besuch bei einem von Laurents' Kollegen, und beim Abschied hatte Laurents bemerkt, wie hell Sirius an jenem Abend leuchtete. Ohne Nachzudenken hatte Liv ihn korrigiert, indem sie sagte, daß es nicht Sirius sei, der so leuchtete, .sondern Denab im Sternbild des Schwan. An jenem Abend hatte Laurents Hand an sie gelegt. Als sie nach Hause gekommen waren, hatte er sie zweimal ins Gesicht geschlagen, weil sie ihn so sehr vor den anderen gedemütigt hatte. Er wußte sehr wohl, daß es Sirius war, was hatte sie sich eigentlich dabei gedacht?
    Liv hatte den Eindruck, daß Sirius der einzige Stern war, den er kannte.
    Anschließend hatte er es bereut und sie um Verzeihung gebeten, und dann hatte er sie im Bett heiß und innig geliebt. Irgend etwas jedoch war zwischen ihnen in Stücke gegangen. Und Liv, die kleine geschickte Künstlerin, konnte sich in ihrem ganzen Leben nie wieder überwinden, einen Pinsel in die Hand zu nehmen.
    Auch Laurents' Mutter machte ihr das Leben nicht leichter. Sie war eine herrschsüchtige alte Frau, die auf Liv unsagbar neidisch war. Sie hatte den Sohn für sich allein behalten wollen, und sie würde keine Schwiegertochter toleriert haben. Die sanfte, milde Liv war für sie eine leichte Beute, um über sie zu herrschen und zu bestimmen. Das herauszufinden, hatte die Alte nicht viel Zeit gekostet, und sie wußte es vollends auszunutzen.
    Laurents sagte nichts, er fand, der Friede in seinem Haus sei vollkommen. Und kam es einmal zu dem geringsten Vorfall, dann nahm er garantiert für seine Mutter Partei. Liv war ja nur ein unwissendes Kind.
    Sie schrieb nach Hause. Muntere kleine Berichte an Mama Silje, darüber wie gut sie es hatte. Sie mußte jedoch das Briefpapier weit von sich halten, damit ihre Tränen nicht darauf tropften.

4. KAPITEL
    Eigentlich hätte Sol schon längst nach Hause fahren sollen. Doch sie stand bei der Familie Strahlenhelm derart hoch in der Gunst, daß man sie gebeten hatte, den Winter über als Kindermädchen für Albrekt zu bleiben. Sie hatten sie sogar um Entschuldigung gebeten, daß sie ihr eine so geringe Stellung anboten, doch sie wollten so gern, daß ihr Sohn mit ihrer ansteckenden Lebensfreude aufwachsen sollte. Sol hatte darüber nachgegrübelt. Sie war nicht gerade auf Reisen gegangen, um Kindermädchen zu werden, doch hatte sie sonst nur die Alternative, wieder nach Hause zu fahren. Noch hatte sie vom Leben nicht viel erfahren, und irgendeine Unterkunft mußte sie schließlich haben. Hier war es bestimmt auszuhalten. Das einzige, was ihr Kopfzerbrechen machte, war ihre

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