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Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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sein, was sich unter dem Umhang abspielte. Auch die anderen Versammelten wandten sich einander unter entrückten Seufzern zu, sie stöhnten und wimmerten laut in einer neuen Symphonie von Lauten.
    Als der Hexenmeister sich selbst genügend in Erregung versetzt hatte, brach er den Akt ab und erhob sich rasch. Er wandte sich, den Mantel um sich geschlungen, an Sol, während die junge Frau, völlig befriedigt, vom Altar herunter zu den anderen kroch. Die Frau, die offenbar das Sprachrohr des Meisters war, sagte zu Sol: »Nimm den Platz der jungen Frau ein! Satan ist bereit, dich zu weihen!« Sol runzelte die Stirn.
    »Zieh dich aus«, sagte die Frau ungeduldig. Offensichtlich gefiel es auch ihr nicht, daß dieser Neuankömmling vorgezogen wurde.
    Die Enttäuschung und Wut, die Sol nach und nach erfüllt hatten, explodierten. Ihre Augen funkelten.
    »Ich soll diesem Schwindler zu einem billigen Vergnügen verhelfen? Nie im Leben!«
    Die Gesichter erstarrten.
    »Du hast den Eid abgelegt«, sagte die Frau streng. Preben sah ängstlich aus.
    »Du wagst es, unseren Meister einen Schwindler zu nennen?« rief die junge Frau, die auf dem Altar gelegen hatte.
    »Ich nenne euch alle ausgemachte Einfaltspinsel!« fauchte Sol wütend.
    »Was wißt ihr denn schon von Hexenkunst? Ihr seid eine Versammlung unwissender Narren, die ohne die Spur von Talent versucht, gefährliche und dämonische Spielchen zu spielen. Wenn ihr auch nur im geringsten versucht hättet, euch mit etwas Humor zu betrachten, dann wäre ich noch hiergeblieben und hätte euch etwas anderes beigebracht. Aber ihr nehmt euch verdammt wichtig und seid todernst bei der Sache!
    Hat euch dieser Mann eingeredet, daß er in Kontakt mit Satan steht? Daß er sogar sein Stellvertreter ist - oder sogar Satan selbst?«
    Der gute Ruf des großen Meisters war in Gefahr. Endlich erhob er seine Stimme, die dünn und piepsig war. »Uns etwas anderes beibringen, was denn?« sagte er voller Hohn. »Ich lasse nicht zu, daß ein Kind aus Norwegen versucht, sich mir zu widersetzen. Dann verleugnest du meine Hexenkunst? Sieh dir das an!«
    Er nahm ein Pulver aus einer Tasche in seinem Mantel und warf es ins Feuer. Das ging schnell vonstatten, so daß die Gemeinde seine rasche Handbewegung nicht registrieren konnte. Das Pulver explodierte mit einem lauten, kurzen Knall.
    »Das soll Hexenkunst sein? Schießpulver ins Feuer zu werfen?« fragte Sol. »Dazu ist selbst ein kleines Kind imstande.« »Ich kann dich verhexen!« »So, kannst du das! Dann laß uns mal sehen!«
    Er holte tief Luft. Die Stimmung war jetzt ganz bedrohlich. Es war deutlich zu spüren, daß die Anwesenden Sol nicht leiden konnten, und der Meister kämpfte um seine Position. Der Hexenmeister ging zu Sol und bemühte sich, so furchteinflößend wie möglich auszusehen. Mit all der Autorität, die er aufbieten konnte, zischte er: »Ich befehle dir, meine Hand zu küssen.«
    Sol sah ihm nur verachtungsvoll in die Augen. Mit ihren blitzenden Augen, ihrem wilden, dunklen Haar und den warmen Farben ihres Gesichts war sie unbeschreiblich schön.
    Er streckte die Hand aus. »Satan sagt: Küß die Hand!« Für einen Augenblick war es in dem Kellergewölbe totenstill. Sol schloß die Augen wieder halb.
    »Glaubst du das alles selbst?« fragte sie monoton. »Auf die Knie!«
    In die Augen des Meisters trat ein hilfloser Blick.
    Widerstandslos fiel er auf die Knie.
    »Zieh den Mantel aus«, sagte Sol.
    Er gehorchte. Alle Anwesenden hielten den Atem an. Ihr Held, ihr Gott, gehorchte dem Befehl!
    »Seht ihn euch an!« sagte Sol und zeugte auf den Mann, der sie in einer Art Trance anstarrte. »Seht euch seine schrumpelige, mickrige Männlichkeit an, die hängenden Schultern und die Runzeln auf seinem Bauch! Seht ihn euch jetzt an!«
    Mit einer geschwinden Handbewegung hob sie die Hände zum Hals und zog die Schnur mit der Alraune über den Kopf. Als die bizarre »Menschenwurzel« zum Vorschein kam, holte der Meister so tief Luft wie möglich und wich zurück. Sol hielt sie ihm mit beiden Händen entgegen. »Leg dich auf den Boden, Mann! Leg dich hin und kriech zum Altar hinauf und drehe das Kreuz richtig herum, weil du nichts mit Satanismus zu tun hast. Hier in diesem Raum gibt es dergleichen nicht.«
    Zur großen Betroffenheit der Anwesenden schlängelte sich der große Meister wie eine Schlange auf dem Bauch zum Altar, erhob sich, die Hände an der Wand emporgehoben, und drehte das Kreuz um. Dann blieb er sitzen und blickte Sol mit

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