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Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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hündischer Unterwerfung an.
    Sol war wütend, und das machte sie doppelt so stark. In ihrer Einsamkeit hatte sie viel geübt und experimentiert - und nun wollte sie eins der gefährlichsten Kunststücke, von denen Hanna ihr erzählt hatte, ausprobieren.
    Sie schloß die Augen und holte tief Luft. Alle saßen wie gelähmt da und starrten sie an. Als Sol all ihre Kräfte gesammelt hatte, schlug sie ihre Augen wieder auf. Dann ging sie langsam zum Altar hinauf und stelle sich zur Rechten des »Meisters«.
    »Erbärmlichkeit«, sagte sie monoton zu ihm. »Du, Erbärmlicher, siehe deine linke Seite!«
    Ein halberstickter Schrei ertönte von den Anwesenden. Sol lachte brüsk. Nun wußte sie, daß es ihr gelungen war. »Sie … sie steht auf beiden Seiten neben ihm!« klagte einer der Anwesenden. Die Augen des Meisters fuhren zwischen den beiden Gestalten hin und her, und sie konnte hören, wie ihm vor Schreck die Zähne klapperten. Sie selbst konnte sich nicht sehen, denn sie mußte ruhig stehen bleiben, um sich konzentrieren zu können. Ihr Bewußtsein hatte gleichsam ihren echten Körper verlassen, um sich auf die andere Seite des Altars zu begeben.
    Dann entspannte sie sich langsam, sie kehrte zurück, und die Erscheinung verschwand. Sie spürte, daß ihre Stirn schweißnaß war, und ihre Beine waren ganz schwach. Das Herz schlug ihr unangenehm schnell!
    Danach tat sie die Alraune wieder an ihren Platz, ging hinunter zu nächsten Mann unter den Anwesenden und ergriff den Lederbeutel, der neben ihm lag.
    »Du…«, sagte sie und wog den Beutel in der Hand. »In diesem Beutel hast du zehn Silbertaler… eine getrocknete Rose und einen Brief.« Er war lediglich imstande, heftig zu nicken.
    »Und du«, sagte sie und wandte sich einer der Frauen zu, »du erwartest ein Kind von dem Stümper dort beim Altar. Du hast es niemandem erzählt, du weißt es noch nicht sicher, aber genauso ist es. Du wirst wegen des Kindes leiden, und der da wird dir nicht helfen.«
    Sie wandte sich an einen anderen Mann und legte die Hand auf seine Schulter. »Gerade jetzt hast du nur eine Sache im Kopf, nämlich zu deiner Frau nach Hause zu kommen, der du nichts von dieser Versammlung erzählt hast. Du hast ein Verhältnis mit dem Mädchen, das neben dir steht, und sie glaubt, daß du vorhast, sie zu heiraten.«
    »Halt!« schrie die Nächste, die Frau, die am Anfang zu Sol gesprochen hatte. »Halt!«
    »Eine richtige Hexe«, flüsterte einer der Männer. »Eine echte Hexe! Ich dachte immer, die gibt es gar nicht!« »Doch, die gibt es«, sagte Sol, und spürte zugleich, wie müde sie war. .Aber es gibt nicht viele. Und du bist krank, mein guter Mann. Du kannst das Essen nicht bei dir behalten.« »Das stimmt«, nickte er.
    »Hier«, sagte Sol. »Nimm dieses Mittel. Trink jeden Morgen einen Absud davon! Und begleiche deine Schulden, dann wirst du wieder gesund. Preben, vergib mir, daß ich deine Illusionen zerstört habe. Aber das hier ist kein Spiel, glaube mir. Und ich will nicht, daß dieser Betrüger hier euch ausnutzt. Ich werde euch nicht verraten - und ich vertraue darauf, daß auch ihr über mich den Mund haltet.« Mit diesen Worten verließ sie den stinkenden Kellerraum. Die anderen blieben vor sich hin starrend auf ihren Plätzen sitzen. Sie hatten viel verloren. Ehre, Ansehen - und Sol selbst und ihre Geheimnisse.
    Liv gab sich große Mühe, alles in dem großen Haus richtig zu machen. Ihr Gesicht besaß nicht mehr die innere Glut und Glückseligkeit, die sie immer ausgezeichnet hatten. In ihren Augen lag jetzt eine ständige Angst, daß sie den Anforderungen nicht genügen könnte. Sie wollte so gern etwas für ihren Mann tun, aber sie hatte eine schmerzhafte Lektion lernen müssen. Alles sollte nach seinen Vorstellungen gehen.
    Mit einem Gefühl von Beklemmung erinnerte sie sich an ihre kleinen Versuche, ihn zu erfreuen. Wie mit dem kleinen Blumenbild, das sie ganz heimlich gemalt und ihm zum Geburtstag geschenkt hatte.
    Lange hatte er es betrachtet. »Das ist lieb von dir, Liv, und es ist wirklich schön. Hübsch gemacht, aber… « »Aber was?« hatte sie ängstlich gefragt.
    »Ich glaube, du solltest dich besser ans Sticken halten, mein Kind. Es schickt sich nicht für eine Frau, Bilder zu malen. Das ist nur etwas für große, anerkannte Künstler. Und ich will meine kleine Frau dafür haben, wofür sie geschaffen ist. Wie steht es übrigens damit, noch immer keine Anzeichen, daß du ein Kind bekommst?«
    Liv schüttelte den Kopf.

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