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Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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Sehnsucht nach einem Ort, der Brösarps Backar hieß. Hanna hatte ihr erzählt, daß dort die echten Hexen lebten.
    Sie hatte Dag gefragt, doch er hatte den Namen nie gehört. Das einzige, was ihm dazu einfiel, war, daß der Ort möglicherweise in Skäne liegen konnte. »Du weißt doch, daß Skäne auf der anderen Seite des Öresunds liegt, nicht wahr? Und Skäne grenzt an Schweden, das weißt du wohl auch?« Ja, das wußte sie.
    Über den Sund? Das wäre für sie im Winter eine allzu lange und beschwerliche Reise. Also akzeptierte sie das Anerbieten des Grafen Strahlenhelm. Als Kompromiß nannte man sie Gouvernante, und obwohl der Sohn noch zu klein war, um unterrichtet zu werden, war Sol intelligent und gebildet genug, um einen solchen Titel zu tragen. Außerdem erwartete die Gräfin ihr zweites Kind, und sie brauchte auch aus diesem Grunde jemanden, der ihr den Sohn abnahm. Für das Grafenpaar entwickelte sich alles zufriedenstellend. Sol benahm sich beispielhaft, und sie wurde hoch geschätzt. Was sie abends in ihrem Zimmer trieb, kümmerte und interessierte niemanden. Dort nahm sie ihr Bündel hervor und übte ihre Kunst.
    Es waren insbesondere zwei Dinge von denen sie träumte. Zum einen wollte sie nach Brösarps Backar, zum anderen führte sie eine Zeremonie durch, die sie in Verbindung mit dem Bösen selbst setzen sollte - ein Ritt zum Blocksberg. Dazu jedoch fehlte ihr ein Kraut, so daß sie auch aus diesem Grund bis zum Frühjahr warten mußte.
    Tengel und Silje schrieben, daß sie sehr zufrieden mit ihrer Anstellung waren und daß sie bleiben konnte, solange Dag da war. Sol fand, sie schrieben mittlerweile sehr wenig über Liv. Auch wenn sie es nicht schrieben, so konnte sie doch deutlich zwischen den Zeilen lesen, daß sie enttäuscht darüber waren, daß Liv anscheinend keine Zeit für einen Besuch auf Lindenallee hatte, und sie waren offenbar auch noch nicht in Livs neuem Zuhause gewesen.
    Was sie nicht ahnten, war, daß Laurents immer eine Entschuldigung fand, um die Verwandten seiner Frau nicht zu empfangen. Mit geschickten Worten verbot er ihr auch, zu Besuch nach Hause zu fahren. Selbst als Silje ihnen Pakete schickte, wurde er wütend. Glaubten denn ihre Eltern, daß er nicht alles zu geben imstande war, was sie brauchte? Liv wurde übernervös von der Aufregung, doch sie weigerte sich, die Geschenke fortzuwerfen. Sie wußte, wieviel Liebe darin steckte, deshalb versteckte sie sie gut. Sol spürte von all dem nichts. Livs merkwürdige Verhalten bereitete ihr lediglich ein unbehagliches Gefühl.
    Sol traf viele andere von Dags Kommilitonen. Sol jedoch wollte keine jungen, intellektuellen Männer. Sie suchte unbewußt nach einer Autorität, die zugleich viril und etwas primitiv sein sollte. Daß die meisten an der Universität zukünftige Pastoren waren, machte die Angelegenheit nicht leichter. Pastor war der vornehmste Beruf, den man sich denken konnte. Die anderen Fakultäten, die juristische, die allgemeinwissenschaftliche und so weiter, nahmen im Verhältnis dazu eine vollkommen untergeordnete Stellung ein. Die Theologiestudenten sahen deshalb auch etwas auf die anderen herab.
    Manchmal seufzte Sol entmutigt. Primitive, virile Autoritäten - wo gab es die? Sie wuchsen bestimmt nicht auf den Bäumen!
    Oft dachte sie, daß der Einzige, der ihre Sinne entflammen konnte, Satan selbst sei!
    Das Jahr 1600 wurde mit großen kirchlichen Feiern und Festen eröffnet. Sol nahm daran nicht teil. Sie hatte im übrigen eine gute Entschuldigung gefunden, um nicht in die Kirche zu gehen. Sie »opferte sich« und blieb zu Hause, um auf den kleinen Albrekt aufzupassen, so daß die gesamte gottesfürchtige Dienerschaft zum Gebet gehen konnte. Die Gräfin war etwas in Sorge ihretwegen, Sol jedoch erklärte munter, daß sie irgendwann unter der Woche in die Kirche gehe, um auf diese Weise des Segens teilhaftig zu werden.
    In Wahrheit hatte sie keinen Pastor aus nächster Nähe mehr gesehen seit ihrer fatalen Taufe, bei der sie Hochwürden ins Gesicht gespuckt und dem frommen Mann durch Tritte blaue Flecken am Bein beschert hatte.
    Im Laufe des Frühjahrs wurden sie und Dag mit der gräflichen Familie zu einem Hofball eingeladen. Sie waren so stolz auf das hübsche Mädchen, das bei ihnen wohnte, daß sie sie gern ihren Freunden vorstellen wollten.
    Die Gräfin hatte ihr ein Kleid herausgelegt, und die Farben paßten hervorragend zu ihren Augen. Das Kleid war aus dicker, grüner Seide, und wenn Sol sich darin bewegte,

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