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Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Titel: Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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erwähne, daß wir jenseits des Bauchnabels auch einen Körper haben. Nur mit Mühe und Not gesteht sie ein, daß sie Beine hat, auf denen sie geht. Wir müssen Heilige sein, die als gutes Beispiel vorangehen, sagt sie.«
    »Kein Problem für sie, wenn sie keine Gelüste hat«, murmelte Cecilie.
    »Sie sagt, das sei das einzig wahre Christentum. Dem Fleisch zu entsagen, sich ganz und gar dem Guten zu weihen…« »Und warum hat sie dich dann geheiratet? Um ein Sprungbrett zu haben? Eine Pastorenfrau ist mehr als eine Pastorentochter, oder wie?«
    Martin hörte zwar ihre Bemerkung, aber er war viel zu sehr damit beschäftigt, alles loszuwerden, was seine Seele seit unendlicher Zeit bedrückte.
    »Du hättest bei unserer Hochzeitsnacht dabei sein sollen, Cecilie! Das war das Absurdeste, was ich jemals erlebt habe. Als ich nichtsahnend in ihr Zimmer kam, schön sauber und ordentlich angezogen, starrte sie mich an, als wäre ich ein Wegelagerer, und dann fing sie laut an zu schreien. Und als ich ihr zu erklären versuchte, daß wir nun Mann und Frau seien und daß wir jetzt… einander beiwohnen sollten, ja, da kreischte sie Hurenbock und Faß mich bloß nicht an, du Schwein! Ich verlor jegliches Selbstvertrauen, denn ich hatte doch keine Erfahrung mit Frauen, sie ist immer meine erste und einzige Liebe gewesen. Und als ich vorsichtig ansprach, daß wir doch Kinder haben sollten, da… ja, da wurde ihr übel. Sie stürzte zum Fenster, beugte sich hinaus und… Ich bin dann gegangen, verletzt und ratlos, ich verstand überhaupt nichts mehr. Sie ist immer mein Traum gewesen, ein unerfüllbarer Traum, viele, viele Jahre lang. Solange ich ein gewöhnlicher Junge war, oder später dann als Vikar, da war ich bloß Luft für sie. Wenn ich das Wort an sie richtete, drehte sie sich von mir weg und sprach mit anderen, so als hätte sie mich nicht gehört. Dann bekam ich das Pfarramt hier, und da erkundigte sie sich danach, welche Aufstiegsmöglichkeiten ich hätte. Sie hatte es wohl auf das Bischofsamt abgesehen. Als sie von ihrem Vater erfuhr, daß viele Menschen mich empfohlen hatten und ich möglicherweise einer vielversprechenden Zukunft entgegensah, griff sie zu und sagte Ja. Ich war überglücklich. Jetzt ist meine Welt zusammengebrochen. Sie, die perfekte Pfarrersfrau, von allen vergöttert…«
    »Nicht von meiner Familie«, sagte Cecilie. »Wir haben sie durchschaut. Es sind ihre Augen. Aber wir haben nicht geglaubt, daß es so schlimm steht.«
    Plötzlich war er von Reue erfüllt. »Ach, was sitze ich hier und beklage mich. Ich bin keinen Deut besser. Illoyal meiner eigenen Frau gegenüber.«
    »Bis zur äußersten Grenze getrieben, würde ich sagen. Es muß schrecklich sein, mit der innig Geliebten so viele lange Jahre zusammenzuleben und sie nicht anrühren zu dürfen.« Er richtete sich erstaunt auf. »Aber du glaubst doch nicht, daß ich mich jetzt noch von ihr angezogen fühle? Ich ertrage sie nicht mehr! Deswegen bin ich doch eine so leichte Beute für meine fleischlichen Gefühle und Bedürfnisse geworden…« Er verstummte entsetzt.
    »Was wolltest du jetzt sagen, Martin?«, sagte Cecilie weich. »Nichts! Vergiß es!« Er holte tief Atem. »Du hast gesagt, daß du selbst einen tiefen Schock erlebt hast. Erzähl mir davon!«
    Cecilies Stimme war plötzlich ganz dünn und verzagt. »Ach, es ist so schwierig, darüber zu sprechen. Ich war so einsam in Kopenhagen, und ich hatte einen sehr guten Freund, dem ich vertraute. Ich war wohl ganz ausgehungert nach dem, was du so schön als weltliche Genüsse umschreibst. Ja, und als sich herausstellte, daß er sich überhaupt nicht von Frauen angezogen fühlt, war ich schockiert. Zum einen hatte ich keine Ahnung gehabt, daß es so etwas gab, zum anderen verlor ich genau den, den ich so nötig gebraucht hätte.« »Ach, mein liebes Kind!« sagte er bestürzt und legte beschützend den Arm um sie. Er bemerkte sogleich seinen Fehlgriff und zog seinen Arm zurück, als hätte er sich an ihr verbrannt oder wäre von einer giftigen Schlange gebissen worden. Cecilic sah beklommen weg.
    Er legte seinen Kopf auf die angezogenen Knie. »Warum, warum nur bist du damals nach Kopenhagen gefahren, Cecilie?« flüsterte er. »Warum haben wir uns damals nicht getroffen?«
    »Glaubst du nicht, daß alle deine Träume auf Julie gerichtet waren? So daß ich dir niemals etwas bedeutet hätte?« Martin schüttelte den Kopf. »Du bist so erdnah, so vital und anziehend. Ein ekstatischer Traum von

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