Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde

Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde

Titel: Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
Vom Netzwerk:
erzählen, die sie mit ihnen gehabt hatten. Ich hörte zu und dachte, daß meine Zeit wohl noch kommen werde, um meine Erfahrungen zu machen.«
    Alexander schluckte angestrengt. »Ich weiß nicht, ob ich imstande bin, weiterzuerzählen.«
    »Ich bitte dich, versuch es«, sagte Cecilie ruhig. »Ich möchte gern mehr über den Mann wissen, mit dem ich verheiratet bin. Möchte so gern verstehen.«
    Er nickte, sah jedoch recht blaß aus im Schein der nun fast ganz heruntergebrannten Kerzen. Cecilie streckte ihre Hand aus und erstickte die Flamme der nächststehenden. Alexander verfuhr mit den übrigen genauso. So legte sich über den Raum absolute Dunkelheit. Das schien ihm gut zu tun.
    »Dort war ein junger Mann«, sagte er schwerfällig. »Einer meiner Kameraden. Wir verstanden uns auf Anhieb gut und hielten zusammen wie Pech und Schwefel. Aber er hatte oft ein Stelldichein mit Mädchen und bestand immer darauf, daß ich mitkommen solle. Er hielt mein Zögern für Scheu vor dem weiblichen Geschlecht. Aber ich verspürte kein Verlangen nach einem Rendezvous mit ihnen, verstehst du, Cecilie. Ich interessierte mich schlicht und einfach nicht dafür, wie sie aussahen oder wie sie waren. Statt dessen ertappte ich mich immer öfter dabei, daß ich meinen Freund berühren wollte. Meine Hand sehnte sich danach, mit den Locken in seinem Nacken zu spielen. Ich wollte ihm sichtbare Beweise meiner Freundschaft liefern, ihn umarmen, wenn ich fröhlich oder ihn trösten, wenn er niedergeschlagen war. Noch hatte ich keine Ahnung. Dann endlich gelang es ihm, mir ein Treffen mit einem Mädchen unterzuschieben, und er arrangierte es so, daß ich mit dem einem Mädchen allein auf einer Gartenbank saß. Sie war sehr niedlich und in jeder Hinsicht anziehend, aber ich war vor Schreck wie gelähmt, Cecilie! Ich wußte, was von mir erwartet wurde, und ich machte ihr halbherzig meine Aufwartung - nur mit galanten Worten.«
    »Ungefähr in der Art wie bei unserer ersten Begegnung?« fragte Cecilie. »Du warst damals sehr freundlich und sehr zurückhaltend.«
    Sie konnte fast das rasche Lächeln in seiner Stimme hören. »Vermutlich. Bloß mit dem einen Unterschied, daß ich nicht erschrocken war, als ich mit dir sprach. Aber dieses Mädchen hatte offensichtlich Gefallen an mir gefunden, denn sie rückte näher heran und legte ihre Hand auf mein Knie. Einfach und vertraulich. Doch eine heftige Unlust stieg in mir auf, derart stark, daß ich nicht still sitzen konnte, sondern Kopfschmerzen vorschützen und mich überstürzt verabschieden mußte. Ich floh beinahe zurück ins Quartier.«
    Cecilie streifte zufällig Alexanders Hand. Sie war schweißnaß. Sich ihr anzuvertrauen, mußte ihn viel gekostet haben! Sie war gerührt und dankbar.
    In diesem Augenblick wußte sie, daß sie diese Nacht nie vergessen würde. Die Dunkelheit, die sie wie ein schützender Mantel umhüllte, die sonderbare Stimmung, die Vertrautheit…
    Sie konnte nichts daran ändern: Eine starke und fast unerträglich Sehnsucht ergriff sie. Sie war mit einem Mal so traurig, so traurig darüber, daß alles so war. Näher wollte sie dieses sehnsüchtige Gefühl nicht unter die Lupe nehmen. Was sie dabei entdeckt hätte, hätte ihr nicht gefallen.
    Alexander hatte eine kurze Denkpause eingelegt, während er allen Mut zusammennahm, um fortzufahren. »Und nun machte ich mir ernsthaft Gedanken über mich selbst«, sagte er. »Denn die Mädchengeschichten meines Freundes hatten mich lange gequält. Zu meiner großen Verwunderung erkannte ich, daß ich eifersüchtig war! Und dann eines Abends im Quartier, als wir in einer Gruppe zusammensaßen, Karten spielten, Wein tranken und lachten und uns amüsierten, legte ich in meiner Freude den Arm um die Schulter meines Freundes. Da wurde ich von dem starken Verlangen ergriffen, ihn näher an mich zu ziehen. Ich ließ ihn sofort los, doch im Verlauf des Kartenspiels spürte ich seine Gegenwart, ich schielte zu ihm, und meine Verzweiflung wuchs, denn ich fand ihn unglaublich anziehend, der Gedanke an ihn erfüllte mich mit glücklicher Erregung - und mit einem Mal begriff ich, daß ich ihn begehrte. Ich schützte entschuldigend Arbeit vor, die ich noch zu erledigen hätte und entfernte mich von der Gruppe. Ich ging hinaus in die Winterkälte und hinunter an den Strand. Dort setzte ich mich auf einen frostweißen Stamm, und ich wäre am liebsten gestorben, Cecilie! Mein Herz war voller Liebe zu diesem jungen Mann. Kannst du verstehen, wie mir

Weitere Kostenlose Bücher