Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde
spielen. Cecilie warf ihm einen raschen Blick zu. Er sah ganz vergrämt aus darüber, daß er an der Schachfront von einer Frau entthront worden war. Hurra, hurra, dachte sie gemein.
Der Richter murmelte: »Keine schlechte Idee, seiner Frau die Regeln des Schachspiels beizubringen!«
»Die beherrschte sie schon vorher, Euer Ehren. Ihr Vater hat sie ihr beigebracht.«
Dem Richter dämmerte es. »Ah, mein Freund Dag von Meiden! Ja, auch an seinem Verstand gibt es nichts auszusetzen!«
Damit haben wir einen Punkt gewonnen, dachte Cecilie befriedigt. Auch Alexander machten einen zufriedenen Eindruck, als er sich setzte. Die Schachparenthese war beendet.
»Markgräfin, nun muß ich persönlich werden«, sagte der Amtsrichter. »Habt Ihr an Eurem Mann je abweichende Neigungen festgestellt?« »Nie!« »Seid Ihr sicher?«
Cecilie lächelte scheu. »Absolut, Euer Ehren. Es ist eher ganz im Gegenteil so, daß Alexander vor der Eheschließung mir in vielerlei Hinsicht seine Ungeduld gezeigt hat.«
Woher in aller Welt nahm sie solche indiskreten Worte? Sie war über sich selbst schockiert und wagte nicht, Alexander in die Augen zu schauen. Doch der Saal kicherte verständig.
»Habt Ihr irgendwelche unnatürlichen Tendenzen an Hans Barth festgestellt?«
Ja, zum Kuckuck, dachte Cecilie, ließ jedoch die Maske nicht fallen. »Nun kenne ich ihn nicht genauso gut, aber …Nein. Wir pflegten oft zu plaudern, wir drei, sogar manchmal lebhaft zu diskutieren. Aber nie sind solche unanständigen Dinge vorgefallen oder auch nur angedeutet worden.«
Der Amtsrichter fragte nicht mehr weiter. Er entließ sie aus dem Zeugenstand und gab seinem Wunsch Ausdruck, sich zur Beratung zurückzuziehen.
In der Pause war es Cecilie nicht gestattet, Alexander zu treffen, doch sie fing quer durch den Saal sein vorsichtig aufmunterndes kurzes Lächeln auf und erwiderte es. Sie hatte nur vor dem Augenblick seiner Aussage Todesangst. Dieser sture Narr, konnte er denn nicht ein bißchen lügen? Aber Alexander konnte es nicht. Seine Seele war zu rein, um einen Meineid vor Gott schwören zu können.
Der Amtsrichter und seine Männer kamen zurück, früher als man erwartet hatte. Nun ist alles vorbei, dachte Cecilie.
Der Richter setzte sich nicht, sondern blieb an seinem Platz stehen.
»Wir sind zu dem Schluß gelangt, daß nach der Aussage der Markgräfin Cecilie von Paladin kein Grund mehr besteht, diese Farce von einem Gerichtsverfahren fortzusetzen. Wir befinden, daß die ganze Angelegenheit ein Angriff aus dem Hinterhalt gegen einen der edelsten Männer Dänemarks …gegen Alexander von Paladin darstellt. Ihr seid ein freier Mann und könnt den Saal verlassen, dank vieler Aussagen, die für Eure Unschuld sprechen, vor allem dank der Worte Eurer Ehefrau.« Damals war es der Ehefrau noch nicht verboten, für oder gegen den eigenen Mann auszusagen.
Hier hätte Hans entrüstet gegen das Urteil protestieren können. Aber er tat es nicht. Er hütete sich gewiß, sich sein eigenes Grab zu schaufeln! »Was Hans Barth angelangt…«
Cecilie interessierte Hans' Schicksal nicht. Sie war schon auf dem Weg aus dem Saal, jetzt wollte sie zu Alexander.
Es dauerte geraume Zeit, bis er kam, und das tat ihr weh. Offensichtlich wollte er das Urteil über Hans hören. Dann war er zur Stelle.
»Danke, Cecilie! Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken kann. Und Hans' Todesstrafe wurde umgewandelt, dank deiner Aussage. Er muß ins Zuchthaus, natürlich, und er wird gestäupt, aber du hast sein Leben gerettet. Ich bin so glücklich!«
Cecilie unterdrückte eine Salve von Flüchen. Es war Alexander, für den sie gekämpft hatte - und dabei hatte sie es nicht vermeiden können, zugleich auch über Hans Gutes zu sagen.
Aber deshalb mußte er doch nicht gleich so glücklich sein!
Cecilie kehrte zur Arbeit nach Fredriksborg zurück, denn sie war noch immer Hofdame, aber jeden Abend holte eine Kutsche sie ab und fuhr sie nach Gabrielshus. Alexander und sie saßen abends gern eine Weile bei Gespräch oder Spiel zusammen, aber nie teilten sie wieder das Bett. Einmal hatte sie gefragt, ob er Hans nach dem Gerichtsverfahren gesehen habe.
»Nein, bist du von Sinnen? Erstens ist er unerreichbar in einen mir unbekannten Schloß, einer Festung oder einem Zuchthaus eingesperrt. Zweitens hatte er doch unsere Freundschaft abgebrochen, und drittens wäre es kopflos von mir, ihn zu besuchen und auf diese Weise neuen Anlaß für Verdächtigungen zu liefern.« »Aber du würdest
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