Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde
als oberster Befehlshaber Kurfürst Maximilian von Bayern vor. Ihr erster Heerführer war der asketische, fanatisch katholische Graf von Tilly, der bereits 1622 die gesamte Pfalz für die katholische Sache erobert hatte. 1623 siegte er über den Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, und im Jahr 1624 stand er in Hessen. Da begannen die Protestanten im Norden, Lunte zu riechen.
Tilly rühmte sich dreier Dinge: Er hatte nie Wein gekostet, nie die Gunst einer Frau genossen, und nie war er in l einer Schlacht besiegt worden.
Nun wurde er in Wartestellung zurückgehalten, während er mit Leichtigkeit dem Vormarsch der Protestanten folgen könnte.
Der zweite große Heerführer war der Herzog von Friedland, Wallenstein. Er war Tillys absoluter Gegensatz. Es waren seine Söldner, aus wenigstens zehn Ländern zusammengetrommelt, die das Deutsche Reich so brutal verheert hatten, mit dem Segen ihres Anführers. Wallenstein liebte Luxus und Gewalt. Um sein großes Heer satt zu bekommen, gestattete er ihnen, alles zu verheeren, was auf ihrem Weg lag, und er selbst führte mittels der zusammengestohlenen Güter ein verschwenderisches Leben. Die Söldner liebten ihn. Viele von ihnen - auch seine Offiziere - waren Protestanten, aber das kümmerte weder sie noch ihn. Die Hauptsache für beide Seiten war, die Zivilbevölkerung ausplündern zu dürfen.
Wallenstein war eine düstere und finstere Gestalt, mit brennenden, fast stechenden Augen, und er besaß ein gefürchtetes, unbeherrschtes Gemüt. Für ihn war Katholizismus bloß ein Wort. Er verließ sich auf die Sterne, auf die Astrologie. Eine andere Form der Religion gab es für ihn nicht.
Wallenstein war mit seinem Heer noch zu weit fort, um die Protestanten König Christians zu bedrohen.
Der dritte im Bunde der katholischen Heerführer war der junge von Pappenheim. Aber sein Name sollte noch viele Jahre unbekannt bleiben.
Die Söldner in König Christians Heer standen Wallenstein in nichts nach. Und am schlimmsten war das Gesindel, auf das der junge Trond angesetzt worden war, um darin Ordnung zu schaffen. Kampfmoral besaßen sie nicht, sie hatten einen großen Haufen an zivilem Pack mitsamt Frauen und Kindern bei sich und gehorchten Befehlen nur, wenn sie selbst einen Nutzen davon hatten. Es war ein Kern von zehn, zwölf Stück, die Trond mit einem Hohngrinsen begegneten, als er am selben Abend in ihre Runde trat.
Nun hatte er sich gründlich auf diesen Auftrag vorbereitet. Er ahnte, daß er mit den Landsknechten kein leichtes Spiel haben würde, deshalb hatte er an seine farbenfrohe Uniform diverse selbst erfundene Auszeichnungen genäht, die nicht das Geringste zu bedeuten hatten, aber imposant aussahen.
Doch innerlich erblaßte er, als er gewahr wurde, was auf ihn zukam. Auch die Sprachverwirrung erleichterte sein Unterfangen nicht gerade. Hier gab es Deutsche und Italiener, deshalb hatte er einen sprachkundigen, dänischen Dolmetscher bei sich. Dieser stellte Trond als Seiner Majestät Kundschafter vor. Daran, daß ein Kundschafter nicht in so leuchtende Farben gewandet sein konnte, verschwendete keiner von ihnen einen Gedanken. Im Krieg war man elegant, beinah prunkvoll gekleidet. Tarnfarbe war ein vollkommen unbekannter Begriff und wäre als simple Dekadenz aufgefaßt worden.
Aber Trond wußte, daß Führungseigenschaften in ihm steckten. Wenn auch bis zu diesem Tage nur er allein davon überzeugt war.
Wie dem auch sein mochte, so trat ihm ein gebieterischer Blick in die Augen, und ohne Zögern zeigte er auf einen grobschlächtigen, rohen Gesellen, der gerade mit einer Mädchen herumpoussierte.
»Du«, sagte er kalt. »Du sollst für die anderen sprechen.« Mit intuitiver Sicherheit hatte er den Richtigen ausgesucht. Dieser Mann war der von ihnen auserkorene Anführen Der Mann ließ das Mädchen los und schnitt eine Grimasse.
»Was bist du denn für ein Hänfling, häh?« fragte er frech, aber seine Stimme war ein wenig unsicher, und das verbuchte Trond als Plus und als Beweis dafür, daß er den Mann in Griff bekommen konnte.
Durch den Dolmetscher erklärte der junge Norweger, wobei es bei ihrem Auftrag ging. Freilich sank seine Autorität dadurch, daß ein Mittelsmann eingeschaltet werden mußte, aber Trond ließ die Söldner nicht eine Sekunde aus den Augen, er wagte kaum, auch nur zu blinzeln.
Er hatte recht: Er war der geborene Anführer. Vielleicht nur im Krieg, denn dieses Leben liebte er. Und das, woran man wirklich Interesse hat, das beherrscht man
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