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Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde

Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde

Titel: Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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aus dem Feldlazarett. Er wußte nicht, wie gut er vom Wald auf der anderen Seite des Hügels aus zu sehen war, er hatte sich hinter dem Block versteckt, um sich nicht um noch mehr Verletzte kümmern zu müssen.
    Mit einem Mal wachte er auf. Jemand - oder eher etwas - kam den Hügel herauf.
    Zuerst verwundert, dann erschrocken, starrte er auf das Schreckliche, das in gleitenden Bewegungen auf ihn zugekrochen kam.
    Es erschien ihm wie ein Ungeheuer aus der Unterwelt. Oder, wie ein Wesen des Aberglaubens, des Krieges entsetzlichstes Geschöpf, der Leichenfresser. Schwarz, riesig, mit langsamen, gleichsam schwerfälligen, schleppenden Schritten und Armbewegungen, als klebten Hände und Knie am Boden, und als müsse es sie von dort losreißen. Die Schultern, groß und schwarz, thronten hoch über dem Kopf, den er nicht richtig erkennen konnte. Tarjei konnte sich nicht rühren.
    Ich lebe doch, wollte er rufen, ich bin keine Leiche, komm nicht her! Aber er brachte keinen Ton heraus. Nein, ich träume nur, dachte er dann. Das ist ein Albtraum, gleich wache ich auf.
    Er stellte sich vor, wie das Gesicht dieses Widerlings, das immer näherkam, wohl aussehen mochte. Das Gesicht des Leichenfressers, er hatte davon gehört. Die langen, spitzen Sägezähne, der sabbernde Mund in einem halb aufgelöstem Gesicht…Nein, das waren krankhafte Gedanken, wach auf, Tarjei, wach aus dem Albtraum auf! Das Ungeheuer war nun oben angekommen. Es türmte sich über ihm auf, beugte sich schwer und riesenhaft über ihn, so daß Tarjei ein Paar glühende, katzenartige Augen in diesem Dunkel erkannte, schaute direkt in das Gesicht. »Nein!« schrie er voll Schrecken. »Nein! Bist du verrückt geworden? Ich bin doch Tarjei, dein Bruder! Was ist mit dir, was hast du gemacht?«
    »Ja«, flüsterte die abscheuliche Gestalt und warf die große Schabracke von sich, die er einem gefallenen Pferd weggenommen hatte, um sein Gesicht dahinter zu verstecken. Nicht das widerliche Gesicht des Leichenfressers, sondern ein ganz gewöhnliches Gesicht - doch für Tarjei war es das schrecklichste, das er sich vorstellen konnte. »Ja«, flüsterte die Schreckensgestalt wieder. »Ja, du bist Tarjei, der all das erhielt, was mir zusteht! Warum hat Tengel nicht gesehen, daß ich es hätte haben sollen? Er wußte es, ich weiß es.«
    »Um Gottes Willen, wenn das ein Scherz ist…« Tarjei jedoch wußte, daß es kein Scherz war. Diese Augen konnten nur einem der bösen Wesen des Eisvolkes gehören.
    Er war im Herzen krank vor Sorge und Entsetzen. »Wo hast du sie, Tarjei? Sag es, sofort! Wo hast du die Zaubermittel versteckt? Hier? Im Zelt?«
    »Das verrate ich niemals, das weißt du. Du kannst sie nicht haben. Großvater…« Es glomm gelb in den Augen. »Sag es!« Ein Paar schonungslose Hände legten sich um seinen Hals, und Tarjei sammelte all seine Kraft zum Widerstand, weil sein kleiner Bruder immer Respekt vor ihm gehabt hatte, gelang es ihm, sich aus der Umklammerung zu befreien und sich zurückzuwerfen. Er fiel Hals über Kopf den Hügel hinunter, nur um zu erleben, wie sich dieses fürchterliche Wesen, das sein eigener Bruder gewesen war, von neuem auf ihn stürzte.
    »Wo sind sie?« fauchte die Stimme. »Die Alraune? Gib sie mir! Gib mir alles, es ist meins, meins!«
    In diesem Moment krachte ein Musketenschuß dicht an seinen Ohren. Das Ungeheuer zuckte und sank langsam über ihm in sich zusammen.
    Tarjei befreite sich zitternd und kam mühsam sich auf die Beine.
    »Ich habe geschossen«, sagte Jesper mit erschrockenen, kindlichen Augen unter dem viel zu langen flachsblondem Pony. »Ich habe mit der Muskete geschossen!« »Danke«, preßte Tarjei flüsternd hervor. Dann sank er hilflos weinend neben seinem toten Bruder nieder. »Ich habe geschossen«, wiederholte Jesper mit vor Verwunderung weit aufgerissenen Augen. »Ich habe geglaubt es ist ein Katholik, der Tarjei töten will, und dann habe ich ihn erschossen. Meinen Freund!« Auch er begann zu weinen.
    Tarjei nahm sich zusammen. »Du hast es richtig gemacht Jesper, denk nicht mehr dran! Du hast mir das Leben gerettet, und du hast ihn davor bewahrt, ein schreckliches Leben zu führen, ausgestoßen, friedlos und boshaft.« Jesper heulte: »Er hat so widerliche Augen gekriegt, Tarjei Ich will nach Hause!«
    Jemand kam angelaufen. Doch keiner von ihnen war imstande, sich zu rühren, um sich zu verteidigen. Es war der dritte Bruder, der dazugekommen war. »Was ist los?« fragte er. »Ich hörte …« Entsetzt

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