Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Titel: Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
Vom Netzwerk:
deinem Vorrat?«
    Nein, offenbar nicht. Die kleine, kaum wahrnehmbare Kopfbewegung bedeutete ein unmißverständliches Nein. Cecilie mußte sich vortasten. »Willst du etwas haben?« Winziges Nicken.
    »Etwas zum Einnehmen? Aha. Etwas zum Trinken?« Ja, das war richtig.
    Sie zählte eines nach dem anderen auf. Nur Kopfschütteln. Endlich traf sie ins Schwarze.
    Cecilie war entsetzt. »Gewöhnlicher Branntwein? Was willst du damit?«
    »Vielleicht will er sich für irgendwas stärken?« sagte Alexander.
    »Ja natürlich, wie dumm von mir«, sagte Cecilie, aber sie spürte ihren Magen schwer werden wie einen Stein. Es war ein allzu schlechtes Zeichen.
    Gemeinsam flößten sie ihm einige wenige Schlucke ein, dann ließ er erkennen, daß es genug sei.
    Gleich darauf schlug er die Augen auf und sah sie alle an. »Mikael… soll alles… haben… was… ich besitze«, flüsterte er mühsam. »Aber Tarjei«, jammerte Liv.
    Er schüttelte den Kopf, als Zeichen, daß sie still sein sollte.
    »Aber nicht… den geheimen… Schatz… des Eisvolks. Den… soll… Mattias… haben.«
    Liv schloß die Augen. Sie wäre es liebend gerne losgeworden, hätte am liebsten all dieses gräßliche Zeug vernichtet, aber sie wußte, es wäre ungeheuerlich gewesen, darum zu bitten. Und es war ja auch ein unschätzbar kostbares Vermächtnis, das wußte sie nur allzu gut. »Wir hören dich, Tarjei«, sagte Are. Die Mundwinkel des großgewachsenen Mannes waren vor Kummer erstarrt. »Möchtest du, daß wir Mikael zu uns holen? Soll er hier bei uns sein?«
    »Nein. Nur zu Besuch. Begleitet sein Leben! Juliana… will ihn behalten. Sie ist gut. Mikael ist… der einzige Nachkomme… ihres Bruders. Deshalb will sie… «
    »Wir verstehen. Sei gewiß, wir werden die Verbindung zu ihm nicht abreißen lassen.«
    »Grüßt ihn… von mir… sagt ihm, daß… ich ihn lieb gehabt… habe… sehr lieb!«
    »Das werden wir«, versicherte Cecilie. »Sobald es geht, werden wir nach Löwenstein reisen.«
    »Danke! Und sagt Mattias… daß er einen… geeigneten Erben finden… muß.«
    »Wir wissen es«, sagte Dag. »So einen wie dich.« Da lächelte Tarjei.
    Zwei Tage später war er tot. Achtundzwanzig Jahre, älter war er nicht geworden.
    Sie waren wie gelähmt. Die große Hoffnung der Sippe, er, der sich einen weltbekannten Namen in der Forschung hätte verschaffen können, war dahingegangen. Ihr geliebter Tarjei! Er konnte nicht tot sein, er konnte nicht! Nicht er! Aber so war es.
    Alle, die auf den Höfen lebten und arbeiteten, wollten an Tarjeis Begräbnis teilnehmen. Deshalb erbot Kaleb sich, daheim zu bleiben und auf die Kinder aufzupassen, sowohl auf die der Pächter als auch auf die der Dienstboten. Sie nahmen sein Anerbieten dankbar an.
    Es war ein ganz schöner Haufen, um den Kaleb sich kümmern mußte. Gut Grästensholm wimmelte nur so von Kindern. Als die erste Befangenheit vorbei war, spielten sie und rannten herum wie Kobolde, ganz unangefochten von dem Begräbnis, das in der Kirche begangen wurde.
    Aber sie gehorchten ihm! Er war beinahe erwachsen, und seine ihm angeborene ruhige Art imponierte ihnen. Wenn er sah, daß sie zu stürmisch wurden oder zu weit fortliefen, brauchte er nur seine Stimme zu heben.
    Sie waren wie Küken, die der Glucke folgen.
    Tengels Nachkommen in der vierten Generation waren fast ausschließlich Jungen: Kolgrim, Mattias, Andreas, Mikael und Tancred. Nun war Kolgrim für immer gegangen, und Tarjeis kleiner Sohn Mikael war weit, weit fort. Das einzige Mädchen dieser Generation war Gabriella, Tancreds Zwillingsschwester.
    Kaleb verschaffte sich einen recht guten Überblick über die vier, die er aus der Familie zu hüten hatte. Ein Baron, ein Markgraf und eine Markgräfin - und ein kleiner Bauer. Mattias kannte er ja schon. Andreas war ein gedrungener, kleiner Achtjähriger, der meist für sich allein spielte. Der vor sich hin lächelte, während er das Treppengeländer im Haus herunterrutschte, und der das wilde Spiel der anderen mit distanzierter Gelassenheit beobachtete. Die Zwillinge waren sehr verschieden. Tancred war überall, lebendig, mutig und mit einem unmißverständlichen, schelmischen Glitzern in seinen dunklen Augen. Sein Haar war so dunkel, daß die ursprüngliche Kupferfarbe nur im Sonnenschein als Schimmer zu erahnen war. Die kleine Gabriella, sieben Jahre alt wie der Bruder, hielt sich an Kaleb. Sie besaß eine Puppe, die sie auf die Treppe neben sich gelegt hatte und die sie »zu Bett« brachte,

Weitere Kostenlose Bücher