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Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Titel: Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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ächzte Kolgrim, beinahe grün im Gesicht. »Das machst du nicht tun! Dann verlieren wir doch unsere Kraft!« »Ja, gebe Gott, daß ihr das tut, ihr armen Verdammten!« »Wir Auserwählten«, berichtigte Kolgrim ihn stolz. »Schluß damit! Gib mir jetzt den Sack zurück, damit wir endlich nach Hause können!«
    »Der Schatz gehört mir! Den kriegst du niemals. Und ich werde Satan beschwören, denn ich habe keine Angst vor einem immerlichen Wiedergänger, ich bin nur davongerannt, weil Er so plötzlich erschien. Er kann mir nichts anhaben. Denn ich werde der Größte sein, weißt du.« »Kolgrim, um Gottes willen…«
    »Komm nicht näher, ich warne dich - der du unsere Kraft zerstören willst, angestiftet von Satan selbst! Du weißt genau, daß ich fliegen kann! Ich kann dir entkommen, das ist ein Kinderspiel.«
    Er nahm Anlauf, um vom Rand der Klippe zu springen. Tarjei packte ihn an der Schulter. Die drei anderen liefen herbei, um ihm zu helfen.
    Kolgrim sah sich verzweifelt um, und bevor jemand begriff, was da passierte, hatte er ein Messer hervorgezogen und es Tarjei in den Bauch gestoßen.
    Tarjei starrte ihn in ungläubigem Entsetzen an, dann beugte er sich vor, wie um die Wunde zu schützen, während die anderen aufschrien und zu ihm stürzten. Und Kolgrim…
    Ja, Kolgrim, der wahnsinnige Junge, der Weltenherrscher, sah sie alle an mit irrem Blick, und dann rannte er auf die Felsenkante zu. Triumphierend breitete er aus, was er für ein Paar Flügel hielt, die ihn hoch in die Lüfte tragen sollten.
    Als er seinen Irrtum erkannte, flatterte er verzweifelt mit den Armen, während der Abgrund auf ihn zuraste. Sie hörten seinen kindlichen Angstschrei, lange, lange - bis er mit einem dumpfen Geräusch erstarb.
    Damit hatte sich Hannas Weissagung erfüllt: Sols Familienzweig war ausgelöscht. Ihr einziges Kind, Sunniva, war vor vierzehn Jahren gestorben. Und hier lag ihr einziges Enkelkind, tot, nur vierzehn Jahre alt.
    Es stimmte, was Hanna gesagt hatte - Sols Zweig war nur ein verdorrter Ast.
    Die drei Männer versuchten, Tarjei aufrecht zu halten. Sie fühlten sich auf einmal so entsetzlich hilflos.
    »Legt ihn hin«, sagte Kaleb, der Mattias bei der Pflege des armen Knut zwei Jahre lang zur Hand gegangen war. »Preßt irgendwas auf die Wunde!«
    Mutlos versuchte er, nach bestem Können den Blutstrom zu stillen. Lange saß er da und preßte die Wunde zusammen, während Tarjei kreideweiß und still da lag und mühsam atmete.
    Band jammerte: »O nein, nein, nicht Herr Tarjei! Nicht er! Was soll denn dann bloß aus uns allen auf Grästensholm und auf Lindenallee werden?«
    Bergfinn sah mit hilflosen Augen zu den beiden anderen auf, verzweifelt flehend, nach einer Rettung suchend, die es nicht gab.
    »Nein, nein! Nicht Herr Tarjei! Um Gottes willen, nicht er! Er ist doch der Beste, den wir haben!«
    Sie begruben Kolgrim im Tal des Eisvolks. Es wäre sinnlos gewesenen, die übel zugerichtete Leiche durch halb Norwegen nach Hause transportieren zu wollen. Niemandem von ihnen fiel auf, daß sie zusammen mit ihm eine seltsame, menschenähnliche Wurzel begruben, die um seinen Hals hing.
    Die Alraune, die mindestens vierhundert Jahre hindurch in der Sippe vererbt worden war.
    Aber hatte sie denn ihren Besitzern wirklich Glück gebracht? Was all den vor langer Zeit Gestorbenen widerfahren war, wußte keiner mehr. Und Hanna? Hatte sie ihr Glück gebracht? War ihr Tod nicht überaus grausam, schmerzhaft und brutal gewesen?
    Und Sol, die sie von Hanna erbte? Die Alraune hatte ihr keinen Schutz gegeben. Und am allerwenigsten ihrem letzten Besitzer, Kolgrim, der noch nicht einmal sein Leben als Erwachsener begonnen hatte, als es auch schon aus und vorbei war.
    Auch Tengel hatte die Alraune gehört. Welches Glück hatte sie ihm gebracht? Er hatte sich vor lauter Kummer selbst das Leben genommen.
    Tarjei hatte die Alraune auch besessen. Hatte sie verhindern können, daß er seine geliebte Cornelia verlor? Hatte sie etwa das schreckliche Unglück, das nun passiert war, verhindert?
    Nein, es war das beste, daß die Alraune nun für immer in der Erde versank. Und falls sie wirklich, wie Sol es einmal behauptet hatte, sich aus Protest zu einer klauenartigen Hand zusammenkrümmte, dann konnte niemand etwas daran ändern.
    Denn die Männer waren schon auf dem Weg hinab durch das Tal des Eisvolks.
    Sie hatten eine einfache Trage gebaut, auf der sie den tief bewußtlosen Tarjei mit sich trugen. Sie wagten kaum, ihn anzusehen, vor lauter

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