Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß
Corfitz Ulfeldts Klage gegen Dina Vinshofvers ausgegangen ist? Die Ulfeldts wurden beide freigesprochen.«
»Ja, das habe ich gehört. Wer hat denn auch den Quatsch glaubt, daß sie Seine Majestät vergiften wollen?« »Aber Dina wurde verurteilt. Zum Tode. Und ich glaube, das Urteil wird jetzt vollstreckt.« »Nein«, flüsterte Jessica bleich.
»Doch. Sie soll auf dem Rathausplatz geköpft werden.« Jessica erinnerte sich an die elegante Dame, die mit einem spöttischen Ausdruck im Gesicht aus Ulfeldts Haus herausgesegelt kam. Sie stellte sich vor, wie der Kopf mit dem schönen Gesicht über das Marktpflaster rollte, während der Rumpf in sich zusammen sackte. Instinktiv ergriff sie Tancreds Hand. Er hielt sein Pferd ganz in ihrer Nähe, so daß sie seinen Oberschenkel neben ihrem und die starke Hand fühlen konnte, die sich um ihre schloß.
»Komm«, sagte er leise und wendete das Pferd. Sie folgte ihm halb betäubt vor Angst.
Diese Menschen, dachte sie. Werden sie grausam geboren, können es aber unterdrücken, oder werden sie gut geboren und stumpfen hinterher ab?
Von einem wußte sie, daß er gut geboren war und sich nie verändern würde. Mattias von Meiden, der junge Arzt mit den wunderbar belebenden Augen. Sie hoffte, daß er viele Kinder in die Welt setzen würde. Manchmal, wenn sie sah, wie verlotterte Typen sich mit einer ständig wachsenden Kinderschar umgaben, die sich rasch zu Dieben und simplen Ganoven entwickelten, dachte sie ungläubig: Welch eine unglaublich Verschwendung von Gottes Werk. Ihr sollt doch nicht die Welt füllen! Während solche wie Mattias vielleicht noch nicht einmal heirateten!
Als sie ein Stück in eine Parallelstraße hinein geritten waren, hörten sie ein einstimmiges Rufen, wie einen Seufzer, von den Menschen drüben am Marktplatz. Jessica schloß die Augen und schluchzte leise. Ein Straßenblock von Ulfeldts Haus entfernt sprang Tancred vom Pferd.
»Jetzt kann ich dich nicht weiter begleiten.«
Jessica streckte ihm die Arme entgegen, und er half ihr herunter.
Ohne sie loszulassen sagte er: »Paß gut auf dich auf! Wir treffen uns wie verabredet in drei Tagen im Gasthof unten am Hafen.«
Sie lehnte sich an seine Brust, das Gesicht seiner Schulter zugewandt. So standen sie eine Weile im gegenseitigen Bedauern darüber, daß sie nicht mehr zusammen sein konnten, ganz still.
»Hier gibt es keine quakenden Enten«, murmelte Jessica mit einem deutlichen Wink.
»Nein, und das hat seine Vorteile«, lächelte er.
Sie wartete. Als jedoch nichts geschah, seufzte sie, befreite sich aus seinen Armen und stieg wieder aufs Pferd.
Tancred stieg ebenfalls auf sein Pferd und nahm ernst von ihr Abschied. So trennten sie sich.
Erst als er drei Straßen weiter geritten war, verstand er ihre Anspielung auf die Enten.
Er wollte schon umdrehen, als ihm einfiel, daß sie das Haus wohl schon erreicht hatte. Er fluchte und schimpfte über sich selber. So ritt er weiter seiner tristen Kaserne entgegen.
Jessica wurde in einem unglaublich hektischen Haus herzlich willkommen geheißen. Ihr kleiner Schützling weinte vor Freude, und viele dachten: Endlich! Denn Eleonora Sofia war nicht immer leicht zu handhaben. Leonora Christina, die ein flaschengrünes Seidenkleid mit Goldspitze trug, war in Aufruhr.
»Sie hat bekommen, was sie verdient hat«, wiederholte sie ununterbrochen, als müsse sie sich selbst überzeugen. »Ihr Kopf wird jetzt vor der Stadt auf einen Pfahl gesteckt und der Körper darunter begraben. Jürgen Walter wird aus dem Lande gewiesen, habe ich gehört. Wie konnten die nur den Leuten einreden wollen, daß mein geliebter Ehemann etwas mit dieser billigen Dirne zu tun hat? Gott sei ihrer Seele gnädig«, fügte sie schnell hinzu. »Oder daß wir ein Majestätsverbrechen begehen würden? Wir haben hier eine schwere Zeit gehabt, Jessica, und ich konnte mich nicht so um die Kinder kümmern, wie ich es gerne wollte. Der arme Corfitz hat meine ganze Aufmerksamkeit beansprucht. Es ist schön, daß du mich bei Eleonora Sofia ein bißchen entlasten kannst. Sie ist so sensibel, die Kleine.«
Leonora Christina benutzte sehr gerne französische Wörter, genauso wie ihr Heim von französischem Geschmack geprägt war. Auch auf dem Gebiet wetteiferte sie mit der Königin - welche französischer als die Franzosen wäre.
»Kindergeschrei macht meinen lieben Mann im Augenblick so nervös. Er war ja auch einem unmenschlichen Druck ausgesetzt.«
Corfitz Ulfeldt hatte sich in seinem
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