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Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter

Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter

Titel: Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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Ziegenhaar sein könne - wie auch immer es dahin gekommen sein mochte… aber dann wäre es natürlich viel borstiger gewesen, das war ihr unbewußt schon klar.
    Die Angst wogte in ihr hoch. Wenn der Totengräber nicht in genau dem Augenblick gekommen wäre… Was wäre dann wohl mit Hilde Joelstochter passiert? Mattias von Meiden machte jeden Tag einen Abstecher hierher, um nach den Kindern zu sehen, und immer hatte er ein paar aufmunternde Worte für Hilde. Sie schätzte seine freundliche Art, und sie spürte immer wieder dieselbe Ruhe und Freude, wenn sie mit ihm gesprochen hatte. Er war ein wirklich feiner Mann, der Doktor. Seltsam, daß er nie geheiratet hatte!
    Es dauerte nicht mehr lange, dann würde Vollmond sein. Die Frauen im Dorf blickten ängstlich hinauf zu der kalten, fast runden Scheibe. Sie schickten ihre Männer des Abends in den Stall, sie verboten den Kindern, hinauszugehen.
    Denn eine ansteckende Furcht hatte sich in der ganzen Gemeinde verbreitet. Ein Werwolf war unterwegs, und niemand war vor ihm sicher.
    Hilde sah oft hinauf in die Richtung, wo ihr früheres Zuhause lag. Von Elistrand aus konnte sie es nicht sehen, aber sie wußte, es lag dort hinter den Hügeln und Wäldern.
    Ihr ganzes Leben lang hatte sie dort gewohnt, immer nur dort. Sie hatte den winzigen Hof nur verlassen, um im Wald Beeren zu sammeln.
    Trotzdem wirkte es jetzt so fremd, so unendlich weit fort. Sie fühlte kein Heimweh. Irgendwann würde sie wohl dorthin zurück müssen, wenn ihre Arbeit hier beendet war. Aber der Gedanke war nicht verlockend. Die Kuh hatte sich auf Elistrand gut eingelebt, hatte Gesellschaft gefunden, muhte mit den anderen zusammen lauthals durch den Stall und kabbelte sich freundschaftlich mit den Kühen in den Nachbarverschlägen. Die Kuh fühlte sich wohl. Und die Hühner waren nach einigem Gezänk von den anderen Hennen akzeptiert worden. Hatten sogar einen Hahn hier. O selige Hühnerwelt!
    Schwieriger war es mit der Katze. Sie war die ganze Unruhe um sie herum nicht gewohnt. Unermüdlich versuchte sie in Richtung ihrer alten Heimat davonzuschleichen, aber bisher war es Hilde immer gelungen, sie wieder einzufangen, bevor sie sich zu weit entfernte. Aber jetzt war sie verschwunden.
    Sie sprach mit Andreas über die Katze, als er am Nachmittag kam.
    »Ich habe nicht vor, sie zu holen«, erklärte sie. »Nicht bevor der Mond abnimmt.«
    »Nein, da tust du gut daran. Aber ansonsten kann ich dich gerne dort hinauffahren, wenn du möchtest?« Sie drehte sich abrupt zu ihm um, und in diesem Moment verstand er plötzlich, was mit ihr los war.
    Ach, du liebe Güte, Hilde, dachte er. Nein, o nein! »Tausend Dank!« flüsterte sie mit glänzenden Augen. »Aber ich kann nicht zulassen, daß Ihr Eure Zeit mit so etwas vergeudet! Die Katze soll ruhig merken, daß es zu Hause nicht mehr sehr angenehm ist. Vielleicht kommt sie dann von selbst zurück?« »Du glaubst nicht, daß der Fuchs sie holt?«
    »Nicht diese Katze! Die hat schon Füchse in die Flucht geschlagen. Aber falls sie doch nicht wiederkehrt… Darf ich dann auf Euer freundliches Angebot zurückkommen?«
    »Natürlich«, lächelte er eine Spur reserviert.
    Hilde ärgerte sich über ihre Antwort. Anstatt diese einzigartigen Möglichkeit, mit ihm allein zu sein, mit beiden Händen zu packen, war sie von einer großen Verlegenheit ergriffen worden und hatte gekniffen. Um es wieder gut zumachen, begann sie hektisch zu erzählen, wie wunderbar es ihr auf Elistrand ging. »Ich bin ja so viel freundliche Fürsorge nicht gewohnt«, vertraute sie ihm an. »Eigentlich bin ich sehr menschenscheu, aber diese Ängstlichkeit beginnt tatsächlich zu verschwinden. Wißt Ihr, als ich dort oben so einsam lebte, hatte ich ein Phantasiewesen, mit dem ich immer gesprochen habe. Ob es ein Mann oder eine Frau war, das habe ich nie herausgefunden. Vielleicht eine Art Schutzengel, denn die sind doch nichts von beidem, nicht wahr? Zu ihm konnte ich über alle Probleme sprechen, und es muß wohl ausgesehen haben, als wäre ich wunderlich geworden und spräche mit mir selbst, aber es hörten ja nur die Kuh und die Katze zu, deshalb machte es nichts.«
    Nein, nein, jetzt redete sie schon wieder viel zu viel! Aber sie konnte die Worte nicht aufhalten.
    »Ich bin vollkommen darauf vorbereitet, mein Leben lang allein zu bleiben, nicht zu heiraten, meine ich, deshalb ist es so wunderbar, Freunde hier zu haben, ich meine, ich weiß ja, wer ich bin und erwarte nicht, daß irgend jemand

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