Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter

Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter

Titel: Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
Vom Netzwerk:
wenn es nur ein Flüstern wäre.
    Sie spürte den Pulsschlag in ihrer Halsgrube.
    Das Haus… Sie mußte dort hinein, mußte ihren Plan ganz ausführen. Sie hatte ja gesagt, sie wolle etwas aus dem Haus holen. Also mußte sie es auch tun. Niemand durfte Verdacht schöpfen.
    Sie mühte sich mit dem Schloß. Andreas, sag etwas! Zeig, daß du hier bist! Gib mir ein Zeichen, nur ein winziges Zeichen! Aber alles blieb still.
    Das Schloß war aufgebrochen! Die Tür war von irgend jemandem geöffnet worden.
    Nein, das ging über ihre Kraft. Sie konnte nicht hineingehen, wenn sich vielleicht jemand dort verbarg! Vielleicht hinter der Tür. Sie mußten verstehen, daß sie das nicht konnte!
    Ihr war beinahe übel vor Angst. Sollte sie es wagen, Andreas' Namen zu flüstern? Aber wenn jemand dort drinnen war, dann müßte Andreas es doch wissen? Sie ging davon aus, daß die Männer sich beizeiten auf Wache gelegt hatten, schon vor mehreren Stunden. Aber sicher war sie sich nicht.
    Andreas ist hier irgendwo, dachte sie und versuchte, tief durchzuatmen. Sie griff sich einen langen, schmalen Stein, mit dem sie für gewöhnlich die Schuhe abgeputzt hatte, wenn sie aus dem Stall kam. Mit ihm als Bewaffnung schob sie langsam die Tür auf, erst die obere Hälfte, dann die untere.
    Der kleine Windfang. Hier roch es mittlerweile schon unbewohnt. Die niedrige Eingangstür…
    Wie muffig es roch! Aber war nicht auch ein fremder Geruch darunter? Von einem Menschen? Oder… vielleicht eher der strenge Geruch eines Raubtiers? Sie war sich nicht sicher.
    Es blieb keine Zeit, eine Pechfackel zu entzünden, das hätte viel zu lange gedauert. Sie mußte so tun, als ob sie im Dunkeln etwas suchte.
    Da knarrte eine Tür. Es war die zur Kammer. Hilde stand eine lange, lange Zeit wie versteinert, die Erinnerung schoß in ihr hoch. Die Leiche des Vaters, die vom Dachbalken herabbaumelte…
    Und wenn sich dort drinnen etwas Unbekanntes verbarg?
    Hilde hielt den Druck nicht länger aus. Sie kramte ein wenig in den Regalen unter dem Dach und in dem einzigen Schrank. Dann versuchte sie langsam und würdevoll wieder hinauszugehen, aber in Wirklichkeit trieb sie die Hast.
    Was für eine Erleichterung, wieder an die frische Luft zu kommen. Und der halbe Auftrag war schon erledigt. Nun mußte sie nur noch denselben Weg zurück.
    Kein Lebenszeichen von Andreas. Jetzt könnte er doch eigentlich ein kleines Erkennungszeichen geben? Nein, das konnte er natürlich nicht. Noch war die Gefahr nicht vorüber. Noch lange nicht.
    Denselben Weg zurück… Aber irgendwie war ihr jetzt leichter zumute. Bis hierher war alles ohne Probleme gegangen. Da würde es auf dem Rückweg sicher ebenso gut laufen.
    Sie kletterte über das Gatter und nahm sich die Zeit, die Stangen wieder an ihren Platz zu legen. Das war zumindest ein kleines Hindernis - falls sie wirklich verfolgt werden sollte.
    Als sie das Gatter hinter sich gelassen hatte, fiel ihr ein, daß sie sich vielleicht einen Bärendienst erwiesen hatte. Falls jemand sie hier unten überfiel… und Andreas ihr zu Hilfe eilen wollte? Dann wäre das Gatter eine Hürde für ihn.
    Nun, umkehren würde sie jetzt jedenfalls nicht mehr. Ihr schien, als wäre der Rest des Weges vor ihr nicht mehr ganz so lang. Aber dann war da noch der Wald, durch den sie mußte. Sie blieb abrupt stehen.
    Jetzt hatte sie etwas gehört - oben im Wald zu ihrer linken Hand. Etwas Großes, das sich einen Weg brach. Sollte sie sich umdrehen? Nach Andreas rufen? Es war sicher ein Elch. Es gab viele Elche in den Wäldern hier.
    Sie schluckte schwer und ging weiter. Jetzt war alles wieder still.
    Der Wald ragte vor ihr auf. Jetzt mußte sie das Wegstück gehen, das sie am meisten fürchtete.
    War es hier nicht dunkler als vorhin? Ihr kam es so vor. Hier zwischen den Bäumen konnte sie die Hand nicht vor Augen sehen. Besser, sie beeilte sich.
    Wieder wurde sie von dem Gefühl gepackt, ganz allein zu sein. Das war natürlich Unsinn, denn die Männer mußten ja mucksmäuschenstill sein, niemand durfte auch nur ahnen, daß sie dort waren.
    Und das würde auch niemand tun. Sie verbargen sich so gut, daß nicht einmal sie die Männer bemerkte. So, das hatte sie nun davon! Jetzt hatte sie den Weg verloren! Dichte Zweige schlugen ihr ins Gesicht. Also zurück, aber wohin? Wo war sie? Und wo war der Weg?
    Sie tastete sich vorwärts, während die Krallen der Angst sich immer tiefer bohrten - mitten in ihr Herz, wie ihr schien. War es hier, wo sie gerade eben

Weitere Kostenlose Bücher