Die Saga von Thale 01 - Elfenfeuer
schwindeln. Dankbar, dass Vhait an ihrer Seite war, nahm sie seine Hilfe an. Plötzlich fiel ihr noch etwas ein. Wo war Anthork? Suchend sah sie sich im Thronsaal um, doch der Druide war verschwunden.
Als Vhait Sunnivah aus dem Thronsaal führte, traten die Menschen schweigend zur Seite. Viele von ihnen hatten Sunnivahs Duell gegen An-Rukhbar mit angesehen und starrten ungläubig auf die schlanke Gestalt der jungen Kriegerin, die, gestützt von dem Sohn des obersten Kriegsherrn, schwankend an ihnen vorüberging. Trotz ihrer Schwäche lächelte sie den Menschen freundlich zu und löste damit die ehrfürchtige Starre, die von ihnen Besitz ergriffen hatte. Ein einzelner zaghafter Hochruf ertönte, in den augenblicklich alle anderen mit einstimmten. Der aufkommende Jubel brandete durch die Gänge und Flure der Festung und fand seine Fortsetzung in den Straßen der Festungsstadt. Thale war frei!
Kjelt wusste nicht, ob er wirklich wach, oder in ein anderes Reich versetzt worden war. Wieder und wieder blinzelte er, doch das Bild vor seinen Augen blieb immer dasselbe. Ein schmerzlich vermisstes, von kupferrotem Haar umrahmtes Gesicht beugte sich über ihn und lächelte ihn an. Ilahja! Bei der Göttin, sie war in all den Sommern nicht einen Sonnenlauf gealtert und ebenso schön, wie er sie in Erinnerung hatte. Kjelt konnte es nicht fassen. Ohne auf den stechenden Schmerz in seinem Arm zu achten hob er die Hand, um das Gesicht seiner Geliebten zu berühren. Wieder lächelte sie ihn an und ergriff seine Hand mit ihren schlanken Fingern. Ihre Lippen bewegten sich und sprachen zu ihm, doch er konnte die Worte nicht verstehen. Dann war das Bild fort und die weichen Wogen des Schlafes trugen ihn sanft davon.
Als er die Augen wieder öffnete, war sie verschwunden. »Ilahja?« Angst durchflutete seinen Körper. Panische Angst, dass alles nur ein Traum gewesen sein könnte. »Ilahja?«, rief er noch einmal. Und plötzlich war sie wieder da. So jung und schön, als käme sie direkt aus seinen Erinnerungen, trat sie an sein Lager und lächelte ihn an. »Du musst dich schonen, Vater!«, sagte sie und ihre Augen strahlten vor Glück. Vater? Wieso Vater? Verwirrt hob Kjelt den Kopf und sah sich um. »Ilahja?«, fragte er noch einmal. Doch diesmal war es Rojana, die ihm antwortete. »Das ist nicht Ilahja«, erklärte sie mit leiser Stimme und drückte ihn sanft, aber bestimmt auf das Lager zurück. »Das ist Sunnivah, die Auserwählte der Gütigen Göttin. Ilahjas und deine Tochter.« Die Ungeheuerlichkeit ihrer Worte machten Kjelt benommen, doch diesmal kämpfte er die aufkommende Schwäche nieder. Er hatte eine Tochter! Nicht Ilahja war es, die dort vor ihm stand, sondern ihre Tochter! Trauer und Glück lagen in diesem Augenblick dicht beieinander und er konnte selbst nicht sagen, woher die Tränen auf einmal kamen.
Sunnivah sah das verräterische Glitzern in den Augen des schwer verletzten, bärtigen Rebellen und griff nach seiner Hand. »Naemy hat mir alles erzählt«, sagte sie. »Ich bin so glücklich dich gefunden zu haben, Vater.«
Am späten Nachmittag verließ Sunnivah die überfüllten Räume der Heilerinnen. Kjelt und Naemy schliefen jetzt. Kjelt würde noch einige Sonnenläufe dort bleiben müssen, bis seine schweren Verletzungen verheilt waren. Und auch Naemy, die am liebsten sofort auf die Suche nach den letzten, im ganzen Land verstreuten Nebelelfen gehen wollte, um gemeinsam mit ihnen Jagd auf den Quarlin zu machen, musste sich dem Willen der Heilerinnen zunächst noch beugen.
Beflügelt von der glücklichen Wendung, die ihr Leben genommen hatte, wanderte Sunnivah durch die Festungsanlage. Sie hatte ihren Vater gefunden. Selbst der Sieg über An-Rukhbar verblasste hinter diesem ganz persönlichen Glück. Sunnivah fühlte sich berauscht und in ihren Gedanken tummelten sich Hunderte von Fragen, die sie ihrem Vater morgen stellen wollte. Eigentlich war sie losgegangen, um Vhait zu suchen, doch ihre Schritte fanden wie von selbst den Weg zum Thronsaal. Sunnivah war so sehr in ihre Gedanken versunken, dass sie es erst bemerkte, als sie vor den von Naemys Feuerkugeln verkohlten Überresten der Flügeltüren stand. Dann fiel ihr Blick auf den düsteren schwarzen Thron und die Ereignisse des Morgens holten sie wieder ein.
Zögernd, fast widerwillig schritt Sunnivah durch die Tür, magisch angezogen von den in grauenhafter Qual erstarrten Gesichtern, die das steinerne Monstrum umgaben.
Als sie den zerstörten
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