Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers
dreimal gesagt.« Der Wind riss Tabor die Worte von den Lippen, aber Naemy verstand ihn dennoch und schmunzelte. Tabor war eben ganz ihr Sohn und genauso wagemutig, wie sie es in ihrer Jugend gewesen war. Sie schüttelte den Kopf und seufzte. Nur gut, dass er auch etwas von seinem Vater geerbt hatte, einem Jäger und Fährtensucher, der sich in Caira-Dan nie heimisch gefühlt hatte und schon seit vielen Sommern irgendwo in den fruchtbaren Tälern des Ylmazur-Gebirges lebte. Wäre er ganz nach seiner Mutter gekommen, hätte sich Tabor vermutlich auch nicht so lange und geduldig um Leilith gekümmert.
»Es könnte gefährlich werden«, erinnerte sie ihn mithilfe der Gedankensprache.
»Es könnte sein, dass du Hilfe brauchst«, kam umgehend die Antwort. Darauf gab es nichts zu erwidern. Tabor war längst erwachsen genug, um für sich selbst zu entscheiden, und wenn Naemy ganz ehrlich war, freute sie sich, dass er sie begleitete. So verzichtete sie darauf, ihn weiter zu bedrängen. Energisch schob sie alle trüben Gedanken beiseite und genoss den Flug über das abendliche Land. Wenn sie ein wenig Glück hatten und das Wetter mitspielte, würden sie Nimrod schon am nächsten Morgen erreichen.
To und Yu standen bereits hoch am Himmel, als die beiden Nebelelfen ihre Vögel auf einer Anhöhe landen ließen, um eine kurze Rast einzulegen. Zahir und Leilith erhoben sich sofort wieder in die Lüfte, um zu jagen, während Tabor aus trockenem Reisig ein kleines Feuer entfachte. Kaum züngelten die ersten Flammen empor, hielt Naemy die klammen Finger dankbar dem wärmenden Feuer entgegen und rieb sich die Hände. »Wenn ich etwas hasse, dann die Kälte «, murmelte sie und hauchte gegen die Hände, um sie zu erwärmen.
»Dabei kannst du sie viel besser vertragen als ich.« Tabor hob die Handschuhe, die er während des Fluges getragen hatte, lachend in die Höhe.
»Vielleicht werde ich allmählich alt.« Das klang bitter, doch Naemy sagte es lächelnd und verriet damit, dass sie es nicht so ernst meinte. »Was hast du vor, wenn wir Nimrod erreichen?«, fragte Tabor und wechselte das Thema. Er öffnete seinen Proviantbeutel und holte einen kleinen Laib frisches Brot sowie etwas Dörrfleisch hervor. Das Brot brach er auseinander und reichte Naemy eine Hälfte davon über das Feuer hinweg. Er bot ihr auch von dem Dörrfleisch an, doch Naemy winkte ab. »Ich habe wenig Hunger, danke«, sagte sie und drehte das Brot nachdenklich in der Hand. »Ja, was habe ich vor?«, überlegte sie laut. »Ich frage mich schon die ganze Zeit, wem es nützen könnte, die Cha-Gurrlinen-Krieger zu befreien.«
»Den Cha-Gurrlinen«, meinte Tabor.
»Aber die Cha-Gurrline verfügen über keine Magie, die in der Lage wäre, die Krieger zu befreien. Cha-Gurrline sind grausame, erbarmungslose Krieger und ihre Fähigkeit, mit dem Wind zu reisen, macht sie unberechenbar und gefährlich. Aber Magie echte Magie auszuüben, dazu sind sie nicht fähig.«
»Dann hat ihnen wohl jemand einen Gefallen getan«, schlussfolgerte Tabor mit vollem Mund.
»Das fürchte ich auch.« Naemy spülte den Bissen, an dem sie gerade kaute, mit einem großen Schluck aus der Wasserflasche hinunter, bevor sie weitersprach. »Die versteinerten Krieger waren so etwas wie ein Pfand, das der Rat der Fünf in Händen hielt. Allein die Furcht, dass man den Kriegern etwas antun könnte, hat die Cha-Gurrline die ganzen Sommer lang davon abgehalten, ihren Verbannungsort jenseits der Finstermark zu verlassen. Aber nun ... «
»... haben sie keine Grund mehr, dort zu bleiben«, beendete Tabor den Satz für seine Mutter.
»Richtig! Deshalb hat der Abner den Rat der Fünf zu einer dringenden Sitzung einberufen, auf der man einstimmig beschloss, die Posten an der Grenze zur Finstermark zu verdreifachen.« Naemy schüttelte betrübt den Kopf.
»Und? Bist du damit nicht einverstanden?«
»Doch.« Naemy seufzte. »Aber es gibt weder genügend Krieger noch Waffen, um den Beschluss kurzfristig durchzuführen. Es fehlen mindestens fünfhundert Mann. Kannst du dir vorstellen, wie lange es dauert, die Krieger halbwegs vernünftig auszubilden? Und dann der lange Marsch von Nimrod zur Grenze. Der Winter bricht herein, bevor der Plan umgesetzt werden kann.« Sie hob einen kleinen Stein vom Boden auf und warf ihn in die Glut, wo er Funken stiebend in der Asche versank. »Bei den Toren! Hätten sie doch auf uns gehört. Jetzt handeln sie endlich, aber ich befürchte, es ist schon zu spät.«
»Du
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