Die Saga von Thale 03 - Die Hüterin des Elfenfeuers
grauenhaft spitzen Schreien der Frau unter, als das Exempel begann. Glamouron und Naemy arbeiteten fieberhaft und ohne ein Wort zu wechseln. So schnell sie konnten, durchtrennten sie Fessel um Fessel, entfernten Knebel und Augenbinden und sprachen den geschwächten Gefangenen Mut zu.
Wer noch halbwegs bei Kräften war, versuchte die beiden mit bloßen Händen zu unterstützen, doch die Bewegungen der befreiten Elfen waren nach fast zwei Sonnenläufen in Fesseln träge und unbeholfen. Zudem waren sie unbewaffnet und kamen ohne ein Messer nur langsam voran.
»Mach du hier weiter. Ich zeichne das Pentagramm«, sagte Naemy zu Glamouron, als der Großteil der Elfen befreit war.
Glamouron nickte. Auf seiner Stirn glänzten Schweißperlen, und der verletzte Arm schmerzte fast unerträglich, doch er biss die Zähne zusammen und mühte sich weiter mit den Fesseln ab.
»Damit geht es schneller.« Naemy erhob sich und reichte einem der befreiten Nebelelfen ihr Messer. Der junge Krieger hockte neben Glamouron bei einem anderen Gefangenen und versuchte, die Knoten mit bloßen Fingern zu öffnen. Dann trat sie in die Mitte des Raumes, fischte ein Stück Holzkohle aus ihrem Rucksack und zeichnete die ersten Striche eines Pentagramms auf den staubigen Boden. Der fünfzackige Stern war eben groß genug, dass fünf Elfen darin Platz fanden. Zum Schluss setzte sie an die Spitzen des Sterns noch die verschlungenen magischen Zeichen, die das Tor zur Zwischenwelt öffneten, dann warf sie die Holzkohle fort und trat zu einer Gruppe befreiter Elfen.
»Wer von euch kennt die Jagdhütte am Gießbach in den Valdor-Bergen?«, fragte sie. »Der Ort ist sicher. Dorthin können wir unbesorgt gehen.« Ihre Stimme bebte vor Ungeduld und Sorge. Sie spürte, dass ihr die Zeit zwischen den Fingern zerrann, und horchte unablässig darauf, ob draußen im Gang Stimmen zu hören waren. Sie waren schon viel zu lange hier. Jeden Augenblick konnten die Cha-Gurrlinen - Naemy zweifelte nicht einen Augenblick daran, dass Krieger kommen würden - das Gefängnis erreichen und ihren Plan zunichte machen. Fünf Elfen traten vor.
»Wunderbar!« Naemy deutete auf einen, den sie wieder zu erkennen glaubte. »Du bist Hailoren, nicht wahr?«, fragte sie. Der Elf nickte. »Gut. Du und die anderen, ihr werdet die Nebelelfen durch die Zwischenwelt zu der Hütte führen. Dort wartet ihr auf mich.«
»Ich habe verstanden.« Der Elf nickte, winkte ein paar anderen, ihm zu folgen, und wollte in das Pentagramm treten, doch Naemy hielt ihn zurück.
»Warte!«, sagte sie bestimmt. »Glamouron ist schwer verletzt. Er führt die erste Gruppe an.«
»Nein, Naemy! Ich . . . « Glamouron hob abwehrend die Hand, doch Naemy duldete keine Widerrede. »Du hast schon viel zu viel Blut verloren«, sagte sie bestimmt. »Die Schulter muss dringend versorgt werden.« Sie trat zu ihm und sah ihm tief in die Augen. »Die Geretteten brauchen einen guten Führer, we nn ...« , sie wagte es nicht weiterzusprechen, doch Glamouron verstand sie auch ohne Worte.
»Was wird aus dir?«, fragte er besorgt.
»Mach dir um mich keine Sorgen«, sagte Naemy in einem Ton, als drohte ihr keine tödliche Gefahr. »Ich bleibe so lange hier, bis alle in Sicherheit sind, und komme mit der letzten Gruppe nach.« Sie lächelte zuversichtlich. »Ich verspreche es.«
Glamouron zögerte. Die Muskeln in seinem Gesicht arbeiteten und machten deutlich, wie schwer es ihm fiel, Naemy allein zu lassen. Endlos scheinende Augenblicke verstrichen, doch schließlich nickte er und schloss Naemy in die Arme. »Die Gütige Göttin möge dich beschützen«, sagte er und küsste sie zärtlich. Dann betrat er das Pentagramm und bedeutete vier Nebelelfen, ihm zu folgen.
»Wir sehen uns an der Jagdhütte«, murmelte Naemy mit einem leisen Anflug von Trauer, während sie beobachtete, wie die fünf Gestalten langsam verblassten.
Kurze Zeit später war das Pentagramm leer. Inzwischen waren auch die letzten gefesselten Nebelelfen befreit, und die Geretteten scharten sich um das Pentagramm.
»Die nächste Gruppe, schnell!« Naemys Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Eine bedrohliche Unruhe, die mit jedem Augenblick, der verstrich, weiter anschwoll, hatte von ihr Besitz ergriffen. Erleichtert beobachtete sie, wie es der zweiten Gruppe gelang, den Raum zu verlassen.
Als Nächster trat Hailoren mit vier weiteren Nebelelfen in das Pentagramm. Doch bevor er die Reise durch die Zwischenwelt antrat, richtete er das Wort noch einmal
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