Die Saga von Thale 03 - Die Hüterin des Elfenfeuers
Felswand erhob.
»Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?«, rief Glamouron Naemy mit einem Blick auf das unüberwindliche Hindernis zu, das links von ihnen bis an die Schlucht heranreichte und sich rechts im Gewirr anderer Felswände verlor. »Hier kommen wir doch nicht mehr weiter!«
»Wir müssen nach links!« Naemy deutete auf die Schlucht. Sie war diesen Weg schon oft gegangen. Natürlich würden die Wandlungskräfte der Zeit auch an dieser Wildnis nicht spurlos vorübergehen und der Wald sich in den kommenden dreihundert Sommern wohl verändern, doch die markanten Felsen, die ihr und Tabor in ferner Zukunft den Weg zum Bajun-Gletscher weisen würden, gab es jetzt schon.
Sie hielt an, trat vor Bronadui und strich dem Falben sanft über die Nüstern. »Aber zuvor geben wir dir die Freiheit«, erklärte sie sanft. »Auf dem Weg, der vor uns hegt, kannst du uns nicht mehr begleiten.« Sie streifte dem Hengst das Halfter über den Kopf und nahm ihm die Packtaschen ab.
»Von nun an werden wir unser Gepäck selbst tragen«, sagte sie und schulterte eines der Bündel.
Dann gab sie dem braunen Hengst einen Klaps auf die Hinterbacken und rief: »Lauf, Bronadui! Du bist frei. Möge die Göttin dich auf deinen Wegen begleiten.« Der Hengst verließ sie sofort. Als hätte er nur darauf gewartet, endlich von den furchtbaren Geräuschen fort zu kommen, die seine empfindlichen Ohren peinigten, trabte er an und verschwand in der Dunkelheit zwischen den Bäumen.
Naemy sah ihm nach, bis das helle Fell in den Schatten verschwand, dann bedeutete sie den anderen, ihr zu folgen. »Nehmt das Gepäck auf«, rief sie. »Wir gehen weiter!«
Sie waren kaum hundert Längen gegangen, als Naemy am Ende der Geröllfläche erneut anhielt. Zu ihren Füßen gähnte eine tiefe Kluft. So tief, als wäre dieser Teil des Ylmazur-Gebirges in uralter Zeit durch heftige Erschütterungen von den Gipfeln bis zum Fuß gespalten worden. Ein Fortkommen schien unmöglich, doch Naemy wusste, dass sich weiter im Westen, dort, wo die Kluft schmaler wurde, ein schmaler Steg aus Felsgestein befand, der sich wie eine natürliche Brücke über den Abgrund spannte. Sie wandte sich zu den anderen um, deutete auf einen kleinen, von den Hufen wilder Bergziegen geschaffenen Pfad, der sich am Rand der Kluft auf den Steg zuschlängelte, und rief: »Wir müssen dort entlang!« Ihre Stimme erhob sich nur dünn über das Tosen des Windes, der jaulend durch die Kluft fegte und wütend an den Gewändern der Nebelelfen zerrte, doch sie unterstrich die Worte mit einer winkenden Geste, und alle verstanden.
»Ich weiß nicht, ob wir das schaffen«, rief eine junge Elfenkriegerin aus, den Blick voller Sorge auf den Pfad gerichtet. Der schmale Weg war auf der ganzen Länge von losem Geröll übersät. Auf der rechten Seite des Pfades stieg die Felswand steil an, während links nur wenige Handbreit Fels zwischen der ausgetretenen Spur und dem Abgrund lagen. Nirgends gab es eine Möglichkeit, sich festzuhalten, und der stürmische Wind tat ein Übriges, um ein Fortkommen zu erschweren.
»Wir haben keine Wahl«, erwiderte Naemy. »Es ist der einzige Weg.« Sie drehte sich zu den Nachfolgenden um und rief so laut sie konnte: »Geht hintereinander und tastet euch an der Felswand entlang! Behaltet den Pfad stets im Auge, aber schaut nicht nach unten!« Mutig schritt sie voran und betrat als Erste den Pfad. Obwohl sie es vor den anderen nicht zeigte, fürchtete auch sie sich vor dem unsicheren Weg und dem gähnenden Abgrund. Der Pfad war sehr viel schmaler, als sie ihn in Erinnerung hatte. Wind, Regen und die Hufe Hunderter Bergziegen würden ihn in den kommenden dreihundert Sommern deutlich verbreitern, doch sie konnte von Glück sagen, dass es ihn überhaupt schon gab. Er war schmal und gefährlich, doch angesichts der Tatsache, dass ihnen die Cha-Gurrlinen dicht auf den Fersen waren, hatten sie keine Wahl. Der Pfad war die einzige Möglichkeit, den schwarzen Kriegern zu entkommen.
»Bleib dicht bei mir, Schwester«, sagte sie an Shari gewandt und zwang sich zu einem zuversichtlichen Lächeln. »Wir werden es schaffen!«
»Die Gütige Göttin gebe, dass du Recht behältst«, murmelte einer der Elfenkrieger, der ganz in der Nähe stand, doch der Wind trug die Worte davon, und Naemy hörte sie nicht.
Sie gingen los. Naemy führte die Gruppe an, gefolgt von Shari und den anderen Nebelelfen, während Fedeon und Glamouron den Schluss bildeten. Langsam und vorsichtig tasteten
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