Die Saga von Thale 03 - Die Hüterin des Elfenfeuers
nahm er das Brot und die Wasserflasche wieder zur Hand und beendete das karge Mahl, während er die Riesenalpe erneut beobachtete. Die majestätischen Vögel kreisten noch immer über den nördlichen Regionen der Wälder von Daran, doch Asco-Bahrran stellte erleichtert fest, dass sie sich langsam in südlicher Richtung davon bewegten.
Als sie vor dem Hintergrund des dunklen Himmels kaum mehr zu erkennen waren, brach ein kleines braunes Wesen mit runzliger Haut durch das Blätterdach der Haselbäume und plumpste nur knapp neben dem überraschten Asco-Bahrran zu Boden - der Bulsak. Zeternd und flügelschlagend, flatterte das hässliche Geschöpf auf dem Boden herum und hackte mit dem krummen roten Schnabel auf alles ein, was sich in seiner Reichweite befand. Asco-Bahrran beobachtete kurz den wütenden Kampf des Bulsaks mit Asten und Steinen, dann ergriff er ihn bei den Flügeln und hob ihn in die Höhe, ohne auf den kreischenden Protest zu achten.
»Da bist du ja«, sagte er, während er den Bulsak aufmerksam von allen Seiten betrachtete. Der kleine Kerl war plötzlich sehr still geworden und verhielt sich ganz ruhig. Den Schnabel halb geöffnet, starrte er mit großen schwarzen Augen ängstlich auf den Magier und fiepte.
Um sicherzugehen, dass der Bulsak gehorsam blieb, blickte ihm Asco-Bahrran tief in die Augen und sagte beschwörend: »Agrerc ben desunr ne hedon a tasur. Du bist mein und wirst mir gehorchen.«
Der Bulsak zuckte verängstigt zusammen und schaute demütig zu Boden. Der Magier nickte zufrieden und setzte sich das fledermausartige Geschöpf auf den linken Unterarm, wo es sich zitternd zusammenkauerte.
»So ist es brav«, lobte der Magier und ging zu dem Pferd hinüber, das hilflos zuckend am Boden lag und nur noch leise wieherte. Asco-Bahrran kniete neben dem Tier nieder und legte ihm prüfend die Hand auf den Hals. Der Puls war überaus schwach, und der Magier spürte deutlich, dass die Flamme des Lebens fast erloschen war. Wenn ihm das Pferd noch nützlich sein sollte, musste er sich beeilen. Hastig setzte er den Bulsak auf den Hals des sterbenden Tieres und zog das Kurzschwert, ein Geschenk Okowans, aus der Scheide am Gürtel. Mit einem schnellen Schnitt durchtrennte er die Halsschlagader des Pferdes und bedeutete dem Bulsak zu trinken.
Das fledermausartige Wesen stieß einen Freudenschrei aus und stürzte sich kopfüber in die klaffende Wunde. Gierig nahm es den Lebenssaft des Pferdes in sich auf, indem es das pulsierende Blut in großen Schlucken durch die schlauchförmige Zunge sog. Und während das Pferd langsam zu Grunde ging, begann der Bulsak zu wachsen.
Die faltige Haut glättete sich, und vereinzelte dicke, borstige Haare sprossen hervor. War er zuerst nur so groß wie ein Eichhörnchen gewesen, hatte er bald die Größe eines Hundes erreicht und wuchs weiter. Sein Blutdurst schien unersättlich.
Asco-Bahrran ließ den Bulsak gewähren. Dreimal musste er den Schnitt vergrößern, weil der Schnabel nicht mehr in die Wunde passte, doch mehr Hilfe war nicht nötig, um aus dem zeternden Wesen ein Furcht erregendes Flugtier erwachsen zu lassen.
Als der Bulsak zwei Längen groß war, versiegte der Strom des Blutes, und das Licht in den Augen des Pferdes erlosch. Doch in seiner Gier war der Bulsak unersättlich. Wie im Rausch hieb er mit dem riesigen roten Schnabel auf den Kadaver ein, riss große Fleischstücke heraus und schlang die blutigen Fetzen in einem Stück herunter. Dabei wuchs er immer weiter und entwickelte sich zu einem Grauen erregenden Monstrum, das sich von der Größe her mühelos mit einem Riesenalp messen konnte.
Asco-Bahrran war von dem Anblick überwältigt. Zwar hatte er in den verbotenen Schriften von den erstaunlichen Eigenschaffen der kleinen Geschöpfe gelesen, doch die Wandlung mit eigenen Augen zu sehen übertraf selbst seine kühnsten Erwartungen. Alles verlief wie geplant. Sobald der Bulsak das grausige Mahl beendet hätte, würde er auf dessen Rücken steigen, um ins nördliche Grasland zu gelangen, denn dort, inmitten der Steppe, lebte ein alter Magier, der ihm noch etwas schuldig war und in dessen Hütte er vorerst sicher wäre.
Wenig später hatte der Bulsak das Pferd restlos verzehrt. Wie ein monströser Hund setzte sich das Ungetüm auf die Hinterläufe und wartete auf die Befehle des Magiers.
Asco-Bahrran warf einen prüfenden Blick gen Süden. Über den Wäldern von Daran war kein Riesenalp mehr zu sehen, und er beschloss, das spärliche Licht der
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