Die Saga von Thale 03 - Die Hüterin des Elfenfeuers
Unannehmlichkeiten, die sie ihrer Schwester bereitete, und ärgerte sich über die eigene Unvernunft.
»Du musst etwas essen«, hörte sie Naemy sagen, doch sie stellte sich schlafend und hielt die Augen geschlossen. Naemy bedrängte sie nicht, ließ aber keinen Zweifel daran, dass sie sehr wohl um Sharis Schwindel wusste. »Eine Dummheit wird nicht besser, wenn man ihr eine weitere hinzufügt«, murmelte sie, als spräche sie mit sich selbst, während sie am Feuer saß und die kalte Mahlzeit verzehrte. »Zugegeben, es war sehr töricht von dir, mir nicht zu sagen, wie es um dich stand. Doch du hast es gut gemeint, und deshalb bin ich dir auch nicht böse.« Sie verstummte und wartete auf Sharis Antwort, doch diese war noch immer nicht bereit zu sprechen und stellte sich weiter schlafend.
»Nun, wie du willst«, Naemy seufzte und gab es auf, ihre Schwester zu bedrängen. Schweigend starrte sie in die Flammen und dachte darüber nach, wie sie weiter vorgehen sollte. Es beunruhigte sie zutiefst, dass sie noch keinen richtigen Plan ersonnen hatte, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Im Grunde wusste sie lediglich, dass sie nach Nimrod musste, weil es dort zur entscheidenden Schlacht kommen würde. Nur dort, wo der Tod tausendfach zugegen war, würde sie jene finden, die sie schließlich über die Berge führen sollte.
Zwei Dutzend! Plötzlich erschien ihr die Aufgabe, die sie angenommen hatte, von vornherein zum Scheitern verurteilt. Hatte sie wirklich geglaubt, allein so vielen Elfen das Leben retten zu können? Naemy lachte bitter und schüttelte den Kopf über ihre eigene Dummheit. Welcher Dämon hatte sie geritten, dass sie in einem Anfall von Selbstüberschätzung dem Unmöglichen zugestimmt hatte?
Geblendet von dem Verlangen, Shari zu retten, hatte sie sich zu etwas verleiten lassen, dessen volle Tragweite sie nicht zu ermessen vermocht hatte. Und jetzt?
Naemy seufzte. Jetzt würden sie vermutlich beide sterben.
»Wie ist er denn so?« Offenbar hatte Shari den Trotz überwunden und sich entschlossen, den vorgetäuschten Schlaf aufzugeben.
»Wer?«, fragte Naemy verwirrt.
»Tabor!« Auf Händen und Knien kam Shari dichter ans Feuer heran und griff nach einem Stück Dörrfleisch.
»Ach . . . Tabor.« Unvermittelt nahm Naemys Gesicht weichere Züge an, und sie lächelte versonnen. »Stolz und eigensinnig ist er und liebt die Unabhängigkeit wie sein Vater. Aber er ist ebenso mutig wie sanft und hat mit Leilith, dem Riesenalpweibchen, das er großgezogen hat, unendliche Geduld bewiesen.« »Du bist sicher sehr stolz auf ihn.«
»Ja, das bin ich.« Naemy starrte in die Flammen. »Ich liebe ihn mehr als mein Leben. Deshalb wollte ich ihn auch nicht in die Berge fliegen lassen. Doch er hat nicht auf mich gehört. Entgegen aller Vernunft hat er sich mit Leilith auf die Suche nach Tun-Amrad gemacht, dem sagenumwobenen Riesenalpfriedhof jenseits des Ylmazur-Gebirges, um dort nach Riesenalpkrallen zu suchen, die . . . «
» ... er nur finden wird, wenn du nicht versagst.«
»So ungefähr.« Naemy seufzte tief. Fast hätte sie Shari von den Zweifeln berichtet, die sie plagten, doch sie überlegte es sich anders. »Es ist spät. Lass uns ein wenig schlafen«, sagte sie stattdessen und reichte Shari eine der beiden wollenen Decken, die sie mitgenommen hatten. Vorsorglich gab sie noch ein paar dicke Aste auf die Glut und legte sich am Rand der Feuerstelle zum Schlafen nieder. Für einen Moment dachte sie darüber nach, ob der helle Schein der Flammen sie nicht verraten würde und ob sie das Feuer nicht besser löschen sollten, entschied sich jedoch dagegen. Dank des Pferdes hatten sie an diesem Sonnenlauf eine gewaltige Strecke zurückgelegt und waren inzwischen ein ganzes Stück von der Finstermark entfernt. So weit im Süden war das Grasland noch sicher, und sie konnten beruhigt am wärmenden Feuer einschlafen.
Naemy gähnte und streckte sich ausgiebig. Auch an ihr war der lange Ritt nicht spurlos vorübergegangen, und die Strapazen der vergangenen Nacht forderten nachdrücklich ihren Tribut. Kaum dass Naemy die Augen geschlossen hatte, war sie auch schon eingeschlafen. Vorsichtig näherte sich das hellbraune Pferd den beiden Nebelelfen. Grasend schritt es wie zufällig auf das Feuer zu, ließ die beiden dabei aber nicht aus den Augen. Sie schienen fest zu schlafen.
Doch die fremde Wesenheit, die den Körper des Tieres in Besitz genommen hatte, wusste, dass Elfen selbst im Schlaf noch sehr wachsam sein konnten.
Es war
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